Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0644 - Der Leichenfürst von Leipzig

0644 - Der Leichenfürst von Leipzig

Titel: 0644 - Der Leichenfürst von Leipzig
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
hin, sondern bewegte nur den Kopf. Der Kommissar schaute an mir vorbei und bekam große Augen.
    »Ist er das?«, fragte ich.
    »Und wie.« Harry war aufgeregt. »Zum Teufel, warum sitzt der hier herum?«
    »Vielleicht wartet er auf den Teufel.«
    »Doch eher auf van Akkeren.«
    Ich hob die Schultern. »Jedenfalls werde ich ihn mir holen, darauf können Sie sich verlassen.«
    »Und was sollen wir tun? Dafür sorgen, dass dieses Lokal evakuiert wird? Sofort und…«
    »Nein, nur kein Aufsehen. Wenn ich erst einmal bei ihm bin, sind die anderen nicht in Gefahr. Da habe ich ihn unter Kontrolle.«
    »Und was mache ich?«
    »Sich einfach zurückhalten, Harry.«
    Er hielt mich fest. »John, das ist doch Wahnsinn! Ein lebender Toter ist gefährlich, wie du mir gesagt hast. Du bist allein.«
    Ich zwinkerte ihm zu und lächelte, als ich mich in Bewegung setzte und dabei völlig unbefangen und so normal wie möglich auf den Zweiertisch zuschlenderte.
    Dass er kein normaler Mensch war, bekam ich sehr bald bestätigt. Ein jeder hätte aufgeschaut, wenn sich ein Fremder seinem Platz nähert. Nicht so dieses Wesen.
    In seiner starren Haltung blieb der Zombie hocken, als würde er auf ein bestimmtes Ereignis warten.
    Seine Hände sah ich nicht. Er hatte die Arme angewinkelt und die Hände auf die Oberschenkel gelegt. Der zweite Stuhl stand ihm genau gegenüber.
    Ich umfasste die Lehne und zog ihn zu mir heran. Auch als ich mich hinsetzte, rührte sich die lebende Leiche nicht. Ich schüttelte leicht den Kopf, als ich über das Ungewöhnliche und schon Perverse dieser Situation nachdachte.
    Umgeben von sich unterhaltenden und dabei essenden und trinkenden Gästen hockte ich inmitten eines Lokals zusammen mit einer lebenden Leiche an einem Tisch. Das hatte ich auch noch nicht erlebt. Ein Kellner wollte kommen, wurde von Harry Stahl jedoch zurückgehalten.
    Ich fand diese Reaktion in Ordnung.
    Mischke schaute an mir vorbei. Sein Blick war tatsächlich stumpf und glasig. Er erinnerte mich auch an einen Schüler, der im Unterricht das Null-Bock-Gesicht aufgesetzt hatte.
    Für mich stand fest, dass der Untote auf etwas wartete. Möglicherweise auf ein bestimmtes Ereignis oder auf eine Person, mit der er sich treffen wolle.
    Das konnte in den nächsten Minuten erfolgen, aber auch lange dauern. Da saß ich in der Zwickmühle.
    Sollte ich ihn umbringen? Es war die einzige Möglichkeit, ihn zu stoppen.
    Um mich herum lief der Betrieb weiter. Harry Stahl hielt sich in der Nähe des Podiums auf, der dunkle Flügel schützte ihn vor neugierigen Blicken.
    Eine gewisse Spannung erfasste mich.
    Der Zombie tat nichts. Er rührte das Wasser nicht an, er bewegte sich nicht.
    Aber er roch…
    Über den Tisch strömte mir ein unangenehm riechendes Aroma entgegen. Ein Gestank, wie man ihn bei Menschen nicht feststellen konnte. Eine Mischung aus Tod, Leichengeruch und Verfaultem.
    Dann öffnete er den Mund. Sein Kopf bewegte sich ein wenig, der Blick war auf mich gerichtet.
    Ich zögerte nicht länger, denn ich musste ihn irgendwann aus der Reservelocken.
    Das wollte ich mit dem Kreuz!
    Wurde ein Zombie von ihm berührt, starb er. Er zerzischte förmlich. So weit wollte ich es doch nicht kommen lassen. Das Kreuz hing noch vor meiner Brust. Ich lupfte die Silberkette hinten am Hals an, zog den Talisman vorsichtig höher und deckte ihn mit der Handfläche ab, als er frei lag, denn mein Gegenüber sollte ihn erst so spät wie möglich erkennen können.
    Er beachtete die Hand nicht, die ich zur Faust geballt hatte und auf den Tisch mit der weißen Decke legte.
    Nach genau fünf Sekunden öffnete ich die Faust. Das Kreuz lag frei - und wurde von Mischke gesehen.
    Obwohl er mich nicht verstand, musste ich die Frage einfach stellen.
    »Wie gefällt dir das, Zombie…?«
    ***
    Die lebende Leiche rührte sich nicht. Bestimmt hatte sie das Kreuz gesehen, sie musste die Kraft spüren, die von meinem Talisman ausging, aber sie tat nichts.
    Das wiederum wunderte mich.
    Beobachtet wurden wir höchstens von Harry Stahl, was auch richtig war, die anderen Gäste zeigten für uns keinerlei Interesse, und so hob ich die Hand langsam an, natürlich auch das Kreuz, kantete es und hielt es ihm vor.
    Da zuckte der Zombie zurück. Mit einem Mal spürte er die Gefahr, die von dem Silberkreuz ausging. Sie erwischte ihn mit einer nahezu unheimlichen Wucht, ohne ihn allerdings zerstören zu können. Er stemmte sich nur hoch, ich drückte den Arm weiter vor und sah, wie er die Hand
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher