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063 - Die Todesengel

063 - Die Todesengel

Titel: 063 - Die Todesengel
Autoren: Paul Wolf
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und die daneben in eine Rumpelkammer, in der ein Staubwedel ebensowenig fehlte wie ein Staubsauger.
    Dorian erinnerte sich an einen Punkt der Hausordnung, in dem es hieß, daß die Patienten dazu angehalten wurden, ihre Unterkünfte selbst in Ordnung zu halten.
    „Beschäftigungstherapie“, murmelte er vor sich hin.
    Und dann gab es noch eine Tür, die vom Flur abging, der Wohn- und Schlafzimmer voneinander trennte. Er drückte die Klinke herunter. Die Tür war verschlossen. Als er daran rüttelte, hörte er von der anderen Seite eine schrille Stimme.
    „Wer ist da? Was hat das zu bedeuten?“
    Dorian entschuldigte sich, nannte seinen Namen und stellte sich als neuer Nachbar vor.
    „Verschwinden Sie!“ kam es als Antwort. „Lassen Sie mich in Ruhe! Wenn Sie mich noch einmal belästigen, dann melde ich es Dr. Deming.“
    Dorian würde sich hüten, sich seinem Nachbarn noch einmal zu nähern. Es schien sich um einen ziemlich aggressiven Burschen zu handeln. Typisch cholerische Anlagen, wenn nicht noch etwas Schlimmeres.
    Als Dorian die Eingangstür öffnete, um die stickige, sauerstoffarme Luft seiner Unterkunft aufzufrischen, sah er in der Tür des Nachbarhauses einen Augenblick lang ein Gesicht mit einer Geiernase auftauchen, das aber sofort wieder hinter den Vorhängen verschwand. Und im selben Moment wurde ein Schlüssel umgedreht.
    Dorian kümmerte sich nicht weiter um den Burschen. Es würde wohl noch schrulligere Patienten als diesen geben. Er lehnte sich an den Türstock und blickte über den gepflegten Park.
    Es war angenehm still hier. Er hörte das Gezwitscher der Vögel, und nur wenn er genau hinhörte, auch den fernen Großstadtverkehr. Der Park war bis auf einen alten Mann in einem Arbeitsanzug leer. Der Mann stutzte gerade mit einer großen Gartenschere die frischen Triebe einer Hecke, die wie eine Trennlinie den Park durchlief. Dahinter lag ein langgestreckter, häßlicher Flachbau mit kleinen vergitterten Fenstern.
    Der Gärtner hielt in seiner Tätigkeit inne und blickte zu Dorian herüber. Dieser erwiderte den Blick und lächelte freundlich. Er hoffte, daß der Alte sein Lächeln bemerkte.
    Nach einigem Zögern steckte der Gärtner die Baumschere in eine weite Tasche seiner Hose, wischte sich die Hände an der Jacke ab und setzte sich in Bewegung.
    Dorian erkannte schon von weitem, daß der Mann das Gesicht eines Debilen hatte. Sein Lächeln war einfältig, aber gutmütig.
    „Guten Tag“, begrüßte ihn der Dämonenkiller. „Mein Name ist Dorian Hunter.“
    Der Händedruck des Alten war fest. „Ich heiße Gene Hallowell und halte den Park in Ordnung.“ „Man sieht, daß Sie mit viel Liebe bei der Arbeit sind.“
    Der Alte betrachtete Dorian prüfend, so als wollte er sich vergewissern, ob das Lob ehrlich gemeint war.
    „Ja“, sagte er schließlich, und seine Augen strahlten. „Ich liebe die Pflanzen. Was ist Ihre Lieblingsblume, Mr. Hunter?“
    „Ginster“, sagte Dorian.
    „Ginster ist doch keine Blume!“ meinte Gene Hallowell stirnrunzelnd und lachte. „Sie wollten mich aufs Kreuz legen, Mr. Hunter.“
    „Keineswegs. Bestimmt nicht.“
    „Aber darauf falle ich nicht herein. Ginster ist keine Blume. Aber wir haben auch Ginster hier. Und er blüht schon. Da! Sehen Sie?“
    Der Alte deutete zu der Hecke hinüber, die er gerade gestutzt hatte. Dahinter waren einige Äste mit gelben Blüten zu sehen.
    „Man kann von hier nicht viel erkennen“, sagte Gene Hallowell bedauernd. „aber wenn Sie einmal nach drüben müssen, dann suchen Sie sich eine Zelle aus, von der sie durchs Fenster den Ginster sehen können. Er blüht wirklich prächtig.“
    Mit drüben meinte der Alte zweifellos das häßliche Flachgebäude. Anscheinend lagen dort die Zellen für renitente Patienten.
    „Jetzt muß ich aber wieder an meine Arbeit zurück. Auf Wiedersehen!“
    „Auf Wiedersehen, Mr. Hallowell!“
    „Nennen Sie mich einfach Gene, Mr. Hunter.“
    „In Ordnung – Gene.“
    Dorian sah dem Alten nach, bis er wieder bei seinen Hecken war. Er wollte sich eben ins Haus zurückziehen, in diesem Augenblick tauchten vom anderen Ende zwei ältere Damen auf. Sie schienen Dorian bereits entdeckt zu haben und tuschelten miteinander.
    Er hatte zwar keine Lust auf weitere Konversation, aber andererseits sagte er sich, daß er sich auch gleich jetzt mit den anderen Patienten bekannt machen konnte. Dann hatte er es wenigstens hinter sich.
    Die beiden Frauen waren bestimmt nicht jünger als siebzig, wirkten aber
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