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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor
Autoren: Edgar Wallace
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strenger Abgeschiedenheit gehalten. Ich bin ihm wirklich sehr nützlich gewesen – ich habe unseren Gesandten in Paris für seine Sache interessiert und habe eine Menge Artikel über ihn geschrieben oder angeregt.«
    Er schaute sie noch immer mißtrauisch von der Seite an und fuhr mit der Hand über sein Kinn. Sie mußte lachen.
    »Ich sehe dir an, Graham, daß du jetzt sagen willst: >Ost ist Ost und West ist West. < Und ich vermute auch, daß du mir eine Lektion über Haltung und anständiges Benehmen geben willst.«
    »Es klingt alles recht seltsam«, sagte er und steckte sich eine Zigarre an.
    Ihre Stimmung ihm gegenüber war nicht gerade freundlich, das fühlte er. Plötzlich warf er die Zigarre mit einem Fluch in den Kamin.
    »Ich werde jetzt heimgehen und mich umziehen«, sagte er mißmutig, als er aufstand. »Deine Tätigkeit als Presseagentin gefällt mir durchaus nicht, Diana!«
    »Das läßt mich kalt«, antwortete sie gelassen. »Du weißt doch, daß ich das jährliche Einkommen von vierhundert Pfund, das ich früher hatte, nicht mehr besitze. In einem verrückten Augenblick lieh ich das Kapital einem jungen Gentleman, der einen großen Plan hatte, schnell reich zu werden – beiläufig verlor ich dabei auch meinen Verlobten.«
    Sie sagte das alles leichthin, aber es lag eine gewisse Bitterkeit in ihren Worten. Er drehte sich, unangenehm berührt, um.
    »Das werde ich dir alles zurückgeben. An meinem nächsten Geburtstag bekomme ich zwanzigtausend Pfund – «
    »Das hast du mir früher auch erzählt«, sagte sie höhnisch zu ihm, »du hast sogar das Testament deiner Mutter, um es zu beweisen. Leider hast du nur die ganze Erbschaft schon verpfändet, wie ich feststellte, als du ins Gefängnis kamst.« Aber dann änderte sie ihren Ton. »Geh jetzt nach Hause, zieh anständige Kleider an und komm um ein Uhr zurück.« Sie sah auf ihre juwelenbesetzte Armbanduhr. »Du hast nicht viel Zeit und mußt dich beeilen. Ich erwarte Colley bald hier. Wenn er dich nicht hier findet, glaubt er, daß ich ihn belogen habe.«
    Sie begleitete ihn zur Tür und schloß sie hinter ihm – ein wenig zu schnell, so daß es fast wie eine Beleidigung aussah. Sie verzog ihr Gesicht zu einem spöttischen Lächeln, ging wieder zur Couch zurück und schien in einen sensationellen Roman vertieft zu sein, als ihr Colley gemeldet wurde.
    Colley Warrington war ein sehr hagerer Mann mit einem zu schmalen Kopf. Das spärliche gelbe Haar genügte kaum, die beginnende Glatze zu verdecken. Sein langes Gesicht war von Furchen durchzogen und schien vor der Zeit gealtert. Leute, die ihn nur oberflächlich kannten, meinten, daß er ausschweifend lebte, und wunderten sich, wo er das Geld hernahm, um sich einen solchen Lebenswandel gestatten zu können.
    Es gibt in London, in New York, ja, in allen Zentren der Welt stets Menschen, die sich um aller Leute Geschäfte kümmern; besonders um die Geschäfte solcher Leute, die zu den Spitzen der Gesellschaft gehören.
    Colley kannte sie alle – er wußte, ohne die Ranglisten zu Rate zu ziehen, ihre Titel und Ehren und ihre verwandtschaftlichen Beziehungen bis zu den entferntesten Vettern, vorausgesetzt, daß auch diese eine Rolle in der Gesellschaft spielten. Er war im Bild über ihre Vermögensverhältnisse, wußte, wie hoch sich ihr Einkommen belief, welche Beziehungen sie hatten und wie wertvoll diese waren. Wenn man mit ihm die Bond Street entlangging, so erzählte er einem alle Komödien und Tragödien, die sich hier in Vergangenheit und Gegenwart abgespielt hatten.
    Er hatte eine feine Spürnase und konnte auch aus nebensächlichen Dingen Schlüsse ziehen.
    »… Lily Benerley in ihrem Rolls-Royce – ein Herr von der Ägyptischen Gesandtschaft schenkte ihn ihr –, ein verschrobener Sonderling. Hier kommt die alte Lady Wannery, trinkt wie ein Fisch – hat aber eine halbe Million Pfund; ihr Neffe Jack Wadser erbt einmal alles, wenn sie stirbt – er heiratete Mildred Perslow – , Sie wissen doch, die Dame, die mit Leigh Castol nach Kenya durchbrannte, er ist der Sohn von Lord Mensein…«
    Niederträchtige Menschen vermuteten, daß Colley aus seinem Wissen um diese Skandalaffären Vorteile zog. >Mit dem Verstand und dem Gefühl eines gemeinen Kerls<, hatte einmal der Lord Chancellor zutreffend von ihm gesagt. Im Paddockklub hatte es eine Skandalaffäre im Spielzimmer gegeben. Daraufhin war Colley ohne weiteres ausgetreten. Die Sache wurde mit Stillschweigen übergangen. Er war auch in die
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