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0548 - Knochen-Cowboy

0548 - Knochen-Cowboy

Titel: 0548 - Knochen-Cowboy
Autoren: Jason Dark
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euer Geld.« Mit der flachen Hand schlug ich auf das Roverdach. »Die Schunkel tut es noch. Wenn sie mal ihren Geist aufgibt, sehen wir weiter.« Ich warf einen Blick auf die Uhr. »Jetzt muß ich aber wirklich los.«
    »Dann mach’s gut, Junge!« Meine Mutter und ich umarmten uns.
    Ich spürte, daß sie Mühe hatte, die Abschiedstränen zu unterdrücken. Mit der rechten Hand glitt ich durch das grau gewordene Haar. Die Zeiten blieben nicht stehen. Ich hoffte stark, daß meine Eltern noch lange lebten.
    Auch Vater umarmte mich. »Komm gut nach London, Junge, und grüße die Stadt von mir. Mal sehen, vielleicht werde ich im Herbst mal rüberkommen, wenn du Zeit hast.«
    »Tu das, Dad!«
    »Den Weg kennst du?« fragte meine Mutter.
    »Ja.« Ich mußte lachen, als ich einstieg, die Tür zuschlug und die Scheibe nach unten kurbelte.
    Sehr langsam rollte ich an. Meine Eltern standen auch weiterhin vor dem Haus und winkten. Ich hatte den rechten Arm aus dem Fenster gestemmt, winkte zurück und legte erst beide Hände ans Lenkrad, als ich vom Grundstück auf die Zufahrtsstraße fuhr.
    Ein heißer, schwüler und auch windstiller Tag lag hinter uns. Wir hatten Ende August, die Tage waren nicht mehr so lang wie noch vor einigen Wochen.
    So fuhr ich in die allmählich einsetzende Dämmerung hinein, die über das schottische Hochland kroch. Sie übergoß die wildromantische Gegend mit ihrem hellgrauen Gespinst, nahm den Umrissen und Konturen die Schärfe, so daß Hügel, Täler und Bewuchs zusammenflossen, als wären sie ein Gemenge.
    Ich hatte die Scheinwerfer eingestellt. Blasse Lichtteppiche wanderten über den grauen Asphalt oder streiften die rechts und links liegenden Straßengräben.
    Noch immer war es fast unerträglich schwül. Durch das offene Beifahrerfenster drang die Luft, aber sie brachte kaum Kühlung.
    Auch beim Fahren schwitzte ich.
    Lauder, die Stadt, in der meine Eltern lebten, lag hinter mir. Motorways gibt es in Schottland so gut wie keine. Nur zwischen Glasgow, Perth und Edinburgh gab es Autobahnverbindungen.
    Aber nicht dort, wo ich mich bewegte. Wer sich auskannte, griff auf Abkürzungen zurück. Mein Vater hatte mir einige aufgezeichnet, aber ich mußte noch die Southern Uplands durchqueren.
    Erst in Carlisle würde ich auf den Motorway Nr. 6 fahren, der in Richtung Süden führte.
    Um London so früh wie möglich zu erreichen, war ich gezwungen, die Nacht durchzufahren. Ausgeschlafen war ich. Ich hoffte deshalb, am nächsten Vormittag in der Stadt an der Themse heil und gesund einzutreffen.
    Langes Autofahren war ich gewohnt. Sehr oft hatte ich Großbritannien mit dem Wagen durchquert, allerdings auch mit Suko als Beifahrer, damit wir uns abwechseln konnten.
    Für mich würde es eine lange Reise werden. Ich hatte mir vorgenommen, so lange zu fahren, wie ich frisch war.
    Schottland ist ein einsames Gebiet. Abseits der Großstädte kann der Besucher die Natur sehr ursprünglich erleben. Nicht sehr viele Straßen durchschneiden das Gelände. Die meisten sind ziemlich eng, auch kurvig. Sie gleichen sich halt der Landschaft an, die nicht auf dem Reißbrett entstanden ist.
    Der Verkehr hielt sich in Grenzen. Die Fahrzeuge, die mir entgegenkamen, konnte ich an beiden Händen abzählen. Zwischen den einzelnen Orten herrschte sowieso kaum Betrieb.
    Allerdings traf ich einmal auf eine natürliche Straßensperre. Ein Schäfer war dabei, noch vor dem Dunkelwerden seine Herde auf eine langgestreckte Bergwiese zu treiben.
    Ich stoppte, stieg aus und ließ die Tiere vorbei. Der Schäfer, ein noch junger Mann – der Beruf kommt wieder in Mode –, trat mir entgegen und grüßte freundlich.
    »Sie müssen Zeit haben«, sagte er.
    Ich hob die Schultern. »Eigentlich wollte ich noch bis London.«
    Er lachte. »Dann gehören auch Sie zu den Rastlosen, die immer unterwegs sein müssen.«
    »Im Prinzip nicht. Ich hatte einige Tage Urlaub gemacht.«
    »Nehmen Sie die Ruhe als Erinnerung mit in die Hektik der Großstadt. Gute Fahrt.«
    »Danke.«
    Die letzten Schafe überquerten die Fahrbahn. Sekunden später konnte ich wieder starten und rollte nun hinein in die Finsternis der anbrechenden Nacht.
    Die Schatten waren düsterer, länger und auch breiter geworden.
    Abgekühlt hatte es sich so gut wie gar nicht. Noch immer fegte die schwülwarme Luft in den Wagen, strich durch mein Gesicht und fand ihren Weg in den offenen Ausschnitt des Hemdes.
    Der Wind brachte auch Gerüche mit. Es stank nicht nach Chemie und
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