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0548 - Feuerdrache

0548 - Feuerdrache

Titel: 0548 - Feuerdrache
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Halskettchen. Seine Hände glitten über die eigenartigen Schriftzeichen der handtellergroßen Silberscheibe. »Was machen Sie da, Professor?« fragte Brunot.
    »Ich werde versuchen, herauszufinden, was hier geschehen ist. Das ist sicher auch in Ihrem Sinne, Inspektor. Haben Sie eine Ahnung, wann der Tod des Opfers eingetreten ist?«
    »Vor etwa sechs oder sieben Stunden. Warum fragen Sie?«
    »Es erleichtert mir die Arbeit«, sagte Zamorra.
    Er begann das Amulett auf die »Zeitschau« einzustellen. Der Drudenfuß in der Mitte der Silberscheibe veränderte sich, wurde zu einer Art Mini-Bildschirm. Mit einem posthypnotischen Schaltwort versetzte sich Zamorra in Halbtrance, um das Amulett jetzt steuern zu können. Er ließ es in die Vergangenheit »greifen«, und Merlins Stern zeigte ihm, wie seine unmittelbare Umgebung vor seinem Eintreffen ausgesehen hatte.
    Zamorra wußte, daß die ersten sechs Stunden für ihn uninteressant waren, also konnte er sie im »Schnelldurchlauf« übergehen. Das sparte Kraft und Zeit. Im Laufe der Jahre hatte er abzuschätzen gelernt, wie schnell er das Amulett durch die Zeit steuern mußte, um eine bestimmte Spanne zu überbrücken. Das Tempo der Rückschau war variabel zu regulieren; er konnte auch jederzeit wieder zurück, wenn er glaubte, etwas übersehen zu haben, oder wenn er etwas noch einmal ganz genau überprüfen wollte.
    Als er den ungefähren Todeszeitpunkt des Mannes erreicht hatte, verlangsamte er die Zeitschau. Von jetzt an wurde es interessant.
    François Brunot sah ihm über die Schulter. Verblüfft registrierte er das winzige Bild.
    Plötzlich veränderte es sich!
    Die Fußabdrücke zwischen den Regenbogenblumen verschwanden!
    Jemand, der unsichtbar war und dessen Gestalt vom Amulett nicht erfaßt werden konnte, bewegte sich von den Blumen fort. In Wirklichkeit sah das natürlich nur so aus, weil das Amulett den Zeitablauf rückwärts zeigte. Das war also der Augenblick, in dem ein Unsichtbarer zwischen den Regenbogenblumen verschwunden war, um diesen Ort zu verlassen…
    Zamorra hatte es geahnt. Sein böser Verdacht bestätigte sich! Die Unsichtbaren und die Regenbogenblumen - das paßte zusammen! Hier in Lyon hatten sie also wieder einmal Gärtner gespielt, hatten neue Regenbogenblumen angepflanzt, durch die sie kommen und gehen konnten, wie es ihnen gerade gefiel! Denn bei diesen Pflanzen handelte es sich um magische Blumen mit einer fast unglaublichen Fähigkeit; sobald jemand eine klare Vorstellung von seinem Ziel hatte und es dort ebenfalls Regenbogenblumen gab, konnte dieser Jemand sich von einer Blumenkolonie zur anderen transportieren lassen. Dabei verging nicht einmal eine meßbare Zeitspanne. In der einen Sekunde noch hier, konnte man in der nächsten bereits an einem völlig anderen Ort sein.
    Der Unsichtbare bewegte sich jetzt durch Gras. Aber im nächsten Augenblick war er für Zamorra uninteressant geworden. Da tauchte etwas anderes auf! Rückwärts raste es aus dem Strom der Zeit ins Bild, ein so riesiges, gewaltiges Etwas, daß Zamorra unwillkürlich zurückwich, weil er fast schon glaubte, von dieser Körpermasse getroffen und davongeschleudert zu werden. Er selbst sah ja nicht nur das winzige Bild auf dem Amulett, sondern fühlte sich gewissermaßen mitten im Geschehen der Zeitschau. Dabei sah er zugleich auch undeutlich seine Umgebung so, wie sie sich ihm in der Gegenwart zeigte. Es war so, als würden sich zwei Bilder überlagern und durchdringen, wie zwei Filme, die zugleich auf dieselbe Leinwand projiziert werden.
    Das riesige Ungeheuer verschwand zwischen den Regenbogenblumen.
    Und jetzt stand der Gärtner plötzlich da, lebendig und unversehrt!
    Also hatte das gewaltige Monster ihn ermordet!
    Nun bewegte sich der Mann, als fühle er sich von etwas oder jemandem bedroht. Er schien die Anwesenheit des Unsichtbaren irgendwie zu fühlen, drehte sich immer wieder um, sah in die Runde.
    Zamorra stoppte die Zeitschau und ließ den Zeitablauf wieder vorwärts schreiten. Als sich zwischen den Regenbogenblumen etwas bewegte, verlangsamte er den Ablauf auf Zeitlupentempo.
    Er sah einen mächtigen Drachen aus den Blumen hervorstürmen!
    Irgendwie erinnerte er an die Drachen, wie sie im chinesischen Kulturkreis dargestellt werden, andererseits hatte er aber auch etwas von Dinosauriern. Beim Vorwärtsstürmen berührten seine Pranken nicht den Boden; der Drache flog, getragen von seinen gewaltigen Schwingen! Den Menschen, der ihm im Wege stand, tötete er eher
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