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0529 - Der Dschinn

0529 - Der Dschinn

Titel: 0529 - Der Dschinn
Autoren: Werner Kurt Giesa
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es draußen erträglich geworden, was die Temperaturen anging. Aber im Erdgeschoß schwebte ihr Zamorras Amulett entgegen.
    Und das mit ziemlichem Tempo.
    Gerade so, als habe er es um den Hals hängen und bewege sich im Sturmschritt, aber Menschen, die sich unsichtbar machen konnten, gab's doch nicht! Oder doch?
    Unwillkürlich rief sie das, was an ihr vorbeieilte, an, bekam aber keine Antwort. Das Amulett entschwebte weiter. Und irgendwie hatte Patricia dabei den Eindruck, nicht nur einem Unsichtbaren begegnet zu sein, sondern gleich zweien. Im nächsten Moment konnte sie aber auch das Amulett nicht mehr sehen. Vor ihren Augen verschwamm es einfach, war fortgewischt wie Kreideworte auf der Schultafel, wenn der Schwamm sie löscht.
    Sie fragte sich, was das gewesen war, dem sie da auf so rätselhafte Weise begegnet war.
    Vielleicht - der Hauch einer anderen Welt?
    ***
    Raffael hatte die Flasche bis hoch über seinen Kopf erhoben und gab ihr jetzt abwärts auch noch zusätzlichen Schwung, damit sie unbedingt zerschellen mußte, selbst wenn sie eine besonders stabile Hülle besaß. Er sah sie schon auf dem Fußboden zerspringen, als mit einem hervorgejapsten »Uuhhupps!« jemand im allerletzten Moment zuschnappte und das Gefäß auffing. »He, Monsieur, was soll denn das?«
    William!
    Natürlich! Dieser junge Spund mußte sich wieder einmal einmischen und alles besser wissen, dabei hätte Raffael sein Vater sein können! Er war hinter Raffael ins Zimmer gekommen, und mit einer geradezu akrobatischen Aktion hatte er die Flasche nur ein paar Zentimeter vor dem Boden gerade noch auffangen können.
    »Geben Sie her!« bellte Raffael ihn an und versuchte ihm das Gefäß wieder zu entwinden. Aber der Schotte hielt fest. »Monsieur, lassen Sie das doch! Warum wollen Sie die Flasche zerschlagen?«
    Mit einem endgültigen Ruck drehte er sie vor Raffaels zupackenden Händen weg, stellte sie auf den Tisch und sich dazwischen. »Sie wissen ja gar nicht, was Sie damit vielleicht anrichten!«
    »Und ob ich das weiß!« sagte Raffael energisch. »Ich verpasse diesem dreimal verflixten Dschinn einen Denkzettel und befreie gleichzeitig den Professor und Mademoiselle Duval! Oder sollte Ihnen entgegangen sein, William, daß der Dschinn die beiden zu sich in die Flasche entführt hat?«
    Zumindest konnte William dem alten Herrn nicht vorwerfen, daß er zu tief in eine andere Art von Flasche geschaut hatte, weil sein Atem partout nicht nach Alkohol roch, aber etwas märchenhaft kam ihm diese Geschichte doch vor. »In die Flasche? Glauben Sie das im Ernst, Monsieur?«
    »Ich hab's doch gesehen, William, Sie verdammter Engländer…«
    »Schotte!« korrigierte William, nicht zum ersten Mal, weil Raffael jedesmal, wenn ihm etwas an William nicht gefiel, dessen Insel-Abkunft dafür verantwortlich machte und alle Briten in einen gemeinsamen Topf mit der Bezeichnung »Engländer« warf.
    »Na, dann brauchen wir doch nur den Korken wieder 'rauszuziehen und nachzuschauen!« schlug er vor. »Dann sehen wir ja, ob Ihre Behauptung stimmt oder Sie das nur geträumt haben, weil Sie doch von den zurückliegenden Ereignissen ziemlich geschwächt sein müssen und eigentlich Ruhe benötigen… haben Sie diese Ruhe nicht selbst vorhin noch für sich eingefordert?«
    »Korken?« keuchte Raffael. »Der - der Korken steckt? Aber wie…«
    Natürlich konnte William nicht ahnen, was seinen Senior-Kollegen daran so in Aufruhr versetzte.
    Raffael stieß ihn einfach beiseite, um nach der Flasche zu greifen. William stolperte rücklings in einen der Sessel und hatte dabei plötzlich das Gefühl, daß in diesem Sessel eigentlich schon jemand sitzen müsse, dabei war das Möbelstück doch leer! Dennoch federte er sofort wieder hoch, stieß Raffael dabei seinerseits ungewollt an, und dann konnte niemand mehr sagen, ob es an diesem leichten Rempler lag oder ob Raffael selbst zu hastig zugriff, aber die Flasche kippte vom Tisch - und diesmal war niemand mehr da, der sie festhalten und davor bewahren konnte, auf dem Boden zu zerschellen…
    ***
    Zamorra wunderte sich darüber, daß der Dschinn nicht auf seine Aufforderung reagierte. Er hatte fest damit gerechnet, daß der gute Hadschi Achmed Dawuhd ben Mustafa Ghalo ibn Hadschi Halef Gonarah und so weiter wie ein geölter Blitz aus der Flaschenöffnung geschossen kam, kaum daß der Korken entfernt wurde. Da das aber nach über einer Minute immer noch nicht geschah, wurde Zamorra mißtrauisch. Etwas stimmte nicht. Entweder
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