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0499 - Todesblues für Marylin

0499 - Todesblues für Marylin

Titel: 0499 - Todesblues für Marylin
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wurden, im positiven wie im negativen Sinn beeinflußte, wenn gewisse Zentren operativ verändert wurden.
    Vielleicht war Boro ein Versuchskaninchen Sinclairs. Auf einmal glaubte ich zu wissen, wie man Boro zum Reden bringen konnte.
    Die Trompete! Der Blues! Er spielte, und er spielte auch wieder nicht. Er hörte den Klang der Solotrompete, imitierte ihn an seinem Instrument und schien dadurch in eine zweite Person zu schlüpfen. Wenn ich ihm glaubhaft versichern konnte, daß er ein großer Künstler, viel größer als Louis Armstrong oder Harry James sei, dann würde er vielleicht reden.
    Der Chef beobachtete mich durch den Rückspiegel. »Sie wälzen Probleme, Jerry! Warten Sie, bis wir angekommen sind!«
    »Haben wir eine Trompete?«
    »Was?«
    Als ich Trompete sagte, wandte mir Boro sein Gesicht zu. Seine Augen wurden lebendig.
    »Wir haben einen großen Künstler in unserem Wagen, Chef. Ich wette, er wird uns gern etwas Vorspielen. Vielleicht einen Blues?«
    Mr. High wußte nicht, worauf ich hinaus wollte. Und ich konnte es ihm nicht sagen, solange Boro dabei war. Aber der Chef spielte mit.
    »Die Trompete ist mein Lieblingsinstrument«, sagte er. »Wir sind gleich da. Erinnern Sie mich, Jerry! Ich glaube, wir haben ein ausgezeichnetes Instrument in der Asservatenkammer. Die Trompete gehörte dem berühmten Bob King!«
    Boro lächelte verzückt.
    Mr. High bog in die 69th Street ein.
    »Was ist denn bei uns los?« sagte er plötzlich.
    Ich blickte durchs Fenster. Zwei schwere Kabelrollen versperrten unsere Hofeinfahrt. Die Arbeiter beeilten sich furchtbar. Wahrscheinlich war es ihr betont geschäftiges Verhalten, das mich stutzig machte.
    »Halten Sie, Chef! Ich möchte sehen, was los ist.«
    Mr. High fuhr an den Bordstein. »Steigen wir aus, den Wagen können wir später hereinholen.«
    »Warten Sie noch!« Ich öffnete die Tür und trat auf die Straße.
    Vier Männer waren es, die mit den Kabeln herumhantierten. Ihre Arbeit kam mir systemlos vor. Ich sah keinen Sinn, denn nirgendwo stand ein Schacht offen, der die Kabel aufnehmen konnte.
    »Wird es noch lange dauern?« fragte ich den, der mir am nächsten stand.
    Er glotzte mich an. Plötzlich ließ er das Kabel los und stürzte wie ein Verrückter zu dem abgestellten Gerätewagen. Als die anderen das bemerkten, rannten sie ebenfalls davon. Dabei blickte der eine zum Dach des gegenüberliegenden Hauses.
    Ich auch!
    »Losfahren!« schrie ich Mr. High zu. Ich hatte etwas blitzen sehen. Und was liegt in unserem Beruf näher als an einen Gewehrlauf zu denken?
    Im Zickzacklauf rannte ich auf unser Tor zu.
    Da zirpte die erste Kugel neben mir in die Wand. Einen Abschuß hörte ich nicht, wahrscheinlich benutzte der heimtückische Schütze einen Schalldämpfer.
    Ich hörte, wie unser Posten die Bereitschaft alarmierte.
    Mr. High gab Vollgas! Die Reifen rutschten quietschend Über den Asphalt. Im Hinterfenster splitterte das Glas.
    Zwei Kugeln durchschlugen die Karosserie oberhalb des Kofferraums, und eine dritte fuhr in den linken Hinterreifen.
    Der Wagen schlingerte, aber der Chef behielt ihn in der Gewalt. Geschickt steuerte er in die Second Avenue und verschwand damit aus dem Feuerbereich.
    Im Distriktgebäude schrillten noch immer die Alarmglocken, als unsere Leute vom Bereitschaftsdienst längst das gegenüberliegende Haus abzuriegeln begannen.
    Beamte der City Police sperrten die Straße.
    Ich rannte zur Second Avenue. Mr. Highs Wagen parkte in einer Einfahrt.
    »Sind Sie verletzt, Chef?«
    Er schüttelte den Kopf. »Alles okay, aber Boro scheint es erwischt zu haben.«
    Der Gangster kauerte in der linken Ecke und starrte auf seinen blutenden Oberarm. Er gehörte nicht zu der harten Sorte, er wimmerte leise vor sich hin.
    Ich riß einen Haltegurt herunter und band den Arm ab, um die Blutung zu stillen. Anscheinend war eine Schlagader getroffen. Boro war schon ganz blaß im Gesicht.
    Ich setzte mich neben ihn. Mr. High stieß rückwärts, und wir rollten zum Distriktgebäude zurück.
    Dort wurden gerade Leitern ausgefahren. Männer mit Gasmasken drangen in das Gebäude ein. Das Schießen hatte aufgehört. Wenn unsere Jungs eingriffen, dauerte es meistens nicht lange. Sie waren zu routiniert, um sich durch eine Handvoll Gangster aufhalten zu lassen. Dazu kam noch die Wut, daß der Anschlag direkt vor dem Headquarters gestartet worden war. Die meisten wußten nicht, daß der Überfall Boro galt. Sie meinten vielmehr, man habe es auf den Chef abgesehen. Und das
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