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0499 - Garingas Fluch

0499 - Garingas Fluch

Titel: 0499 - Garingas Fluch
Autoren: Jason Dark
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und holte meine Lampe hervor. Eigentlich wollte ich nur das Schloß anleuchten, doch zuvor huschte der Lichtkreis über die Tür.
    Nein, das war eine Figur!
    Hineingeschnitzt worden war sie. Ich sah die Umrisse eines Gesichts. Dreck, Lehm und Staub hatten sich in den Linien festgesetzt und sie ausgefüllt, so daß ich schon genau hinleuchten mußte, um das Gesicht zu erkennen.
    Augen machte ich aus, vielleicht eine Stirn, und darüber Haare, die wie erstarrte Flammen aussahen.
    In der Mitte war das Gesicht durch einen senkrecht verlaufenden Strich getrennt, mit dem ich zunächst nichts anfangen konnte, bis mir Saunders erklärte, daß es sich bei diesem Strich um das Schwert Gottfried von Bouillons handelte.
    »Es ist seine Klinge. Man hat hier an der Tür einen Hinweis darauf gegeben, daß diese Waffe existiert.«
    »Ja, das sehe ich…« Der Lichtkegel glitt an der Klinge hoch, bis er den Griff erfaßte. Er verschwamm etwas innerhalb der Holzmaserung, doch ich erkannte sehr deutlich, daß oberhalb des Griffes irgendein Gegenstand nach unten tauchte und ihn umfaßt hielt.
    Noch näher ging ich heran.
    Es war eine Knochenklaue!
    Ich trat wieder zurück, schaute Saunders an und sah ihn nicken. »Ja, du hast es entdeckt«, flüsterte der alte Mann. »Das Gesicht und die Knochenklaue gehören zu Garinga. Durch das Schwert ist er gebannt. Nimmst du die Klinge aber weg, kommt er frei. Noch hast du Zeit, dich zu entscheiden, John Sinclair. Aber ich sage dir gleich, daß die Gegenseite nicht so denken würde, wie du es vielleicht tust.«
    »Du meinst damit Baphometh?«
    »Richtig.«
    »Wenn ich das Schwert bekomme, werde ich mich Garinga zum Kampf stellen müssen.«
    »Damit erfüllst du Garingas Fluch. In der Legende heißt es, daß er Gottfried von Bouillon und denjenigen verflucht hat, der das Schwert einmal an sich nehmen will. Was geschah, darüber weiß niemand Bescheid. Es wird sich herausstellen, wenn es soweit ist.«
    »Dann laß uns eintreten.«
    Saunders lächelte, als er einen Schlüssel aus der Tasche holte. Ich leuchtete derweil das Schloß an.
    »Ich freue mich, daß dich auch jetzt der Mut nicht verlassen hat, und ich wünsche mir sehr, daß du den Kampf bestehen und überleben wirst.«
    »Das wünsche ich mir auch.«
    Der alte Mann steckte den langen Schlüssel in das eiserne Schloß. Er mußte ihn einige Male drehen, bis er es geschafft hatte.
    Ich vernahm das kratzig und hart klingende Schrappen, sah Saunders Nicken und schaute noch zu, wie er mir die Tür öffnete. »Du kannst hineingehen, die alte Templer-Kirche ist für dich geöffnet. Aber wundere dich über nichts.«
    »Wieso?«
    »Diese Kirche hat lange keinen Besuch mehr gehabt. Die Menschen in der Umgebung mögen sie nicht. Sie fürchten sich vor ihr.«
    »Wegen Garinga?«
    »Ja. Das Heidnische hat überwogen, obwohl hier die Leichen der tapferen Templer liegen und die Kirche von ihren unsichtbaren Seelen erfüllt ist. Also, wundere dich über nichts.« Während seiner Worte hatte mich der alte Mann sehr ernst angeschaut.
    Ich nickte ihm zu und faßte den schweren eisernen Griff an. Dann zog ich die Tür auf.
    Die Kirche war nicht sehr groß. Ich brauchte nur einen Schritt nach vorn zu gehen, um die Schwelle überschreiten zu können. Dennoch überkam mich ein ungewöhnliches Gefühl. Ich hatte den Eindruck, einen weiten und mächtigen Dom zu betreten.
    Die Lampe ließ ich brennen. Fingerdick lag der Staub auf dem Steinboden. Die Wände waren düster. Ich sah nicht einmal einen Altar, trotzdem wohnte Leben zwischen den Wänden.
    Leben, das einmal etwas Gutes gewollt hatte, aber zurückgedrängt worden war und sich jetzt im Hintergrund hielt.
    Wundere dich über nichts, hatte der alte Mann gesagt. Das war auch nötig gewesen, denn kaum hatte ich die Kirche betreten, als mir ein brausender Gesang aus zahlreichen Kehlen entgegenbrandete…
    ***
    Ein Willkommensgruß!
    Wie laut die für mich nicht Sichtbaren tatsächlich sangen, konnte ich nicht herausfinden. Die kahlen Innenwände der Templer-Kirche gaben das Echo schmetternd zurück. Ein gewaltiges Brausen hüllte mich ein, als wollte es die Trommelfelle sprengen.
    Keine der Melodien erkannte ich. Es waren klagende Gesänge, die aus tiefen Gruften zu stammen schienen. Die Mauern drohten einzustürzen.
    Ich war stehengeblieben und drehte mich um.
    Saunders hielt sich noch an der Tür auf. Im Kegel der Lampe erkannte ich sein Nicken. Er lächelte auch leicht. Möglicherweise hatte er erst jetzt
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