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0473 - Botin des Unheils

0473 - Botin des Unheils

Titel: 0473 - Botin des Unheils
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hatte Naomi sprunghaft selbst davon erzählt. Und es war auch klar, daß Naomi Varese Fenrirs Telepathie und auch seinen Verstand hatte akzeptieren können. Immerhin hatte sie ja ihre Erfahrung mit übersinnlichen Dingen gemacht; das hielt ihren Blick frei für das Fantastische. Sie lehnte es nicht einfach ab.
    »Und jetzt bleibst du also hier, Grauer,« wandte Zamorra sich an den Wolf. »Glaubst du nicht daß Gryf und Teri eifersüchtig werden könnten?«
    Der Wolf schüttelte den kantigen Kopf. Bei den beiden bin ich immer genauso ein und aus gegangen wie bei Merlin und wie im Château Montagne, behauptete er. Von daher wird sich nichts ändern. Ich werde auch nicht für den hoffentlich noch langen Rest meines Lebens hier versauern. Wenn ihr mich braucht, bin ich da, wie ich es immer gewesen bin, und hin und wieder werde ich auch weiterhin meine Alleingänge durchführen. Aber ich denke, daß ich mich bei Naomi wohl fühlen werde. Ich mag sie. Sie ist von meiner Art.
    Zamorra nickte; er verstand. Zwei Einsame hatten sich gefunden. Auf seine Weise war Fenrir ebenso allein wie Naomi es gewesen war. Jetzt konnten sie sich aneinander aufrichten. Es war möglicherweise für beide eine gesunde Therapie.
    »Ich werde euch ein wenig unter die Arme greifen«, versprach Zamorra. »Insbesondere, was den Behördenkram angeht, und auch die Renovierung dieses Hauses. Ich kann zwar noch nicht sehen, welchen Schaden das Haftfeuer anrichtete, als es die Hexe aus dem Holz brannte, aber es dürfte so einiges zu machen sein. Ich werde dafür sorgen, daß es schnell erledigt wird.«
    Er erhob sich.
    Er spürte Naomis Nähe. Sie stand unmittelbar vor ihm, und plötzlich spürte er ihre Lippen. Sie küßte ihn flüchtig.
    »Ich danke Ihnen, Zamorra«, sagte sie. »Es ist wunderbar, wieder frei atmen und denken zu können, weil dieser entsetzliche Fluch endlich gebrochen ist… und ich bin froh, daß dadurch wenigstens Ihnen nichts mehr zustellen wird.«
    Sie trat wieder zurück. Zamorra machte gleichzeitig einen Schritt zurück.
    Er stolperte.
    Er stürzte, und ein stechender Schmerz durchraste seinen linken Arm, auf den die ganze Last eines Körpers kam. Er fühlte, wie etwas zerbrach, und unwillkürlich stöhnte er auf.
    Der Arm war gebrochen…
    Der Fluch nicht…
    ***
    Nicole Duval hatte Zamorra per Auto abgeholt. Sie hatte eigens in Roanne einen Geländewagen gemietet, um damit durch die schmalen und holperigen Waldwege zu kommen, nachdem Fenrir im Château Montagne auftauchte und von Zamorras fataler Lage berichtete. Naomi verschwand im Wald, während Nicole in der Nähe war, um ihr nur nicht zu begegnen und Zamorras Gefährtin ebenfalls in den unheilvollen Bann einzubeziehen. Fenrir blieb bei ihr. Nicole brachte Zamorra sofort in ärztliche Behandlung.
    Der Augenarzt diagnostizierte vollkommene Erblindung. Der Armbruch war dagegen als relativ harmlos zu bewerten.
    Nicole erhob keine Vorwürfe. Sie verzichtete darauf, Zamorra leichtsinnig zu nennen. Sie versuchte nur, ihm zu helfen und ihm klar zu machen, daß sie trotz seiner Erblindung weiterhin für ihn da war - und jetzt mehr denn je. Jetzt mußte sie ihm die Augen ersetzen.
    »Ist vielleicht gar nicht so schlimm, wie es im ersten Moment aussieht«, murmelte Zamorra versonnen. »Es dürfte das Ende unseres unsteten Lebens sein. Wenn ich nicht mehr sehen kann, kann ich meinen Kampf gegen die Schattenmächte in der bisherigen Form nicht mehr durchführen. Vielleicht kehrt jetzt etwas mehr Ruhe ein…«
    Aber Nicole spürte, daß er damit niemals zufrieden sein konnte. Er brauchte das Abenteuer. Es würde ihm schwerfallen, sich an die Ruhe zu gewöhnen. Vielleicht würde er sogar daran sterben.
    »Da gibt’s nur eines, was mich wirklich ärgert«, behauptete er. »Und das ist diese verdammte Hexe - die Tatsache, daß sie recht hat, daß ich sie nicht bezwingen konnte!«
    »Damit wirst du leben müssen«, sagte Nicole und küßte ihn. »Man kann nicht immer Sieger sein. Manchmal ist auch die andere Seite stärker - leider.«
    ***
    Drei Tage später öffnete Zamorra die Augen und sah Nicole vor sich.
    Im ersten Moment konnte er es kaum glauben - er hielt es für eine Illusion. Immerhin hatte der Arzt ihm felsenfest erklärt, daß seine Netzhäute verbrannt waren; eine Operation würde kaum helfen, weil die Nervenverbindungen nur schwer wieder so herzustellen waren und eine Netzhauttransplantation mit zum Kompliziertesten überhaupt gehörte - knapp hinter einer Gehirnverpflanzung,
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