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0464 - Gemälde des Grauens

0464 - Gemälde des Grauens

Titel: 0464 - Gemälde des Grauens
Autoren: Jason Dark
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Bäume waren fast völlig entlaubt. Wenn noch Blätter am Geäst hingen, waren sie zumeist dunkel gefärbt.
    Auf den Wegen sammelte sich das Laub ebenso wie in den Straßenrinnen. Die Temperaturen lagen um fünf Grad über dem Gefrierpunkt, und auf den parkenden Fahrzeugen am Straßenrand glänzte matt ein feuchter Schmierfilm. Der rote Honda Civic bildete keine Ausnahme. Es war neblig geworden, und die Luft drückte die Schwaden in die Tiefe.
    Der Wagen hatte eine Laternengarage, weil überdachte in dieser Gegend kaum zu bekommen waren.
    Jane schloß den Wagen auf. Sie reinigte die Windschutzscheibe von innen und außen, so daß die Sicht jetzt klarer war. Nur die dünnen Dunstschwaden wollten nicht verschwinden. Sie würden auch noch am Nachmittag durch die Londoner Straßen treiben. Die Chance, daß die Sonne sie vertrieb, bestand überhaupt nicht.
    Lady Sarah kam aus dem Haus. Sie schloß noch die Tür zu und schritt behutsam über die feucht und rutschig gewordenen Steine des Vorgartenwegs. Auch sie hatte einen dicken Wollmantel übergezogen. Er bestand aus modischem Kamelhaar. Etwas besorgt schaute die alte Dame gegen den grauen Himmel, der sich über dem Filigran der Äste erhob. »Mehr als Sprühregen wird es hoffentlich nicht geben«, sagte sie.
    »Das meine ich auch.« Jane hielt ihr die Tür auf, und Lady Sarah stieg ein.
    Wie immer trug sie einen Hut. Er wirkte im ersten Moment sehr steif, weil er schwarz war, aber das rote Band lockerte ihn doch ein wenig auf.
    Bevor Jane startete, schaute sie noch auf der Karte nach. Sie wollte sich nicht verfahren.
    »Da können wir sogar den Motorway nehmen«, sagte sie. »Kurz vor Winchester müssen wir dann ab.«
    »Richtig. Fahr los.« Lady Sarah rieb ihre Handflächen gegeneinander. »Und wenn wir zurückkommen, sind wir bestimmt um einige Bilder reicher.«
    »Und finanziell ärmer«, fügte Jane hinzu.
    »Das ist leider nun mal so. Geschenkt bekommt man nichts. Nicht einmal der Tod ist umsonst, denn der kostet noch das Leben…«
    ***
    Herbst in London!
    Das kann herrlich sein, muß aber nicht. Mir gefiel das Novemberwetter überhaupt nicht. Irgendwie drückte es auf meine Stimmung, die eigentlich hätte gut sein müssen, da ich nach den letzten schrecklichen Fällen einige Tage ausgespannt hatte.
    Ich war nicht weggefahren, hatte mich gewissermaßen in meiner Bude eingeschlossen und war nur am Abend weggegangen, um mal hier und da ein Bierchen zu trinken.
    Zumeist hatte ich mich mit Bill Conolly getroffen. Zweimal war Suko auch mit dabeigewesen.
    Er arbeitete durch.
    Das brauchte er einfach. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sogar noch die Nächte im Yard Building verbracht, denn so brauchte er nicht über das Schicksal seiner Partnerin Shao nachzudenken, die verschollen war und so etwas wie die Nachfolge der Sonnengöttin Amaterasu angetreten hatte.
    Suko, der neben mir im Rover saß, störte meine miese Laune. »Du hättest deinen Urlaub noch verlängern können. Bei den geleisteten Überstunden.«
    »Willst du mich los sein?«
    »Manchmal ja.«
    »Dann werde ich mir 14 537 Stunden freinehmen.«
    »Wieso das?«
    »So viele Überstunden sind mittlerweile zusammengekommen.«
    Suko nickte. »Das hast du ausgerechnet?«
    »Klar.«
    »Und dich dabei nicht verrechnet?«
    »Vielleicht um drei.«
    »Wenn du so gut rechnen kannst, John, wäre es dann möglich, daß du meine Überstunden auch mal addierst?«
    »Willst du doch Urlaub machen?«
    »Nein, ich könnte sie dir schenken.«
    »Verzichte.«
    Wir steckten natürlich wieder fest. Der Dunst trieb in trägen Schleiern über die Straße. Manchmal schien er direkt an den Hauswänden festzukleben. Die Scheinwerfer der Fahrzeuge wirkten wie müde, trübe Augen. Suko, der neben mir hockte, warf einige Blicke in die Zeitungen. Die große Politik interessierte ihn nicht besonders. Für uns war es interessanter, zu erfahren, was sich in der vergangenen Nacht in London und Umgebung an Verbrechen ereignet hatte.
    »Interessiert es dich, John, daß man nicht weit von Winchester entfernt einen Toten gefunden hat?«
    »Das kann vorkommen.«
    »Ja. Man hat den Mann mit einer Axt erschlagen. Er soll Nachtwächter in einem Museum gewesen sein.«
    »Haben die Diebe etwas gestohlen?«
    »Davon steht hier nichts, aber der Reporter beschäftigt sich in seinem Bericht mehr mit der Leiche. Er hat herausgefunden, daß sie am Hals Bißwunden zeigte.«
    »Von einem Tier?«
    »Kein Tier, John. Hier steht, daß die Bißwunden
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