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0459 - Die Herrin der Drachen

0459 - Die Herrin der Drachen

Titel: 0459 - Die Herrin der Drachen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Todesurteil gesprochen hast? fragte Fenrir.
    Zamorra nickte, und es war ihm noch nie so schwer gefallen wie in diesem Moment.
    ***
    »Du fühlst dich einsam, nicht wahr? Ich spüre das«, sagte Shi Khituu. »Dir fehlt jemand. Sagst du mir, wer es ist? Dann kann ich versuchen, ihn zu holen.«
    Der schuppige Drache bewegte den Kopf hin und her. Er kauerte auf dem Boden, so tief niedergeduckt wie nur möglich. Shi Khituu stand vor ihm. Die Nüstern des Drachen, die Feueratem versprühen konnten, befanden sich direkt vor ihrem Kopf. Sie legte die rechte Hand zwischen die großen Öffnungen und ließ etwas von ihrer Zuneigung verströmen. Der Drache gehorchte ihr. Er war ihr Untertan geworden wie viele andere Saurier, die sie in der letzten Zeit zu sich geholt hatte. Diese gewaltigen Echsen faszinierten Shi Khituu. So ganz verstand sie selbst nicht, wieso sie Macht über die Riesenreptile besaß. Aber sie gehorchten ihr jederzeit.
    Der Drache, dem sie noch keinen Namen gegeben hatte, öffnete das Maul. Shi Khituu faßte nach den Oberkiefer-Zähnen, hielt sich daran fest und zog sich, die in weichen Stiefeln steckenden Füße zwischen die Zähne des Unterkiefers verkeilend, hoch. Der Saurier drehte den langen Hals nach hinten, und Shi Khituu konnte auf seinen Rücken klettern. Sie hielt sich an einigen der Schuppen und Zacken fest und erreichte die Stelle, wo der Rückenmarksknoten saß, welcher das primitive Hirn der Schreckechse darstellte.
    Von hier aus bekam Shi Khituu einen dermaßen direkten Kontakt zum primitiven, schablonenhaften Denken des Sauriers, daß sie seine Erinnerungen bildhaft vor sich sah.
    Shi Khituu sah das Bild einer anderen, kleinen Echse. Sie war von der gleichen Art wie der Saurier, auf dem sie jetzt saß. Und jetzt wurde ihr auch klar, daß sie ein weibliches Reptil geholt und mühelos unterworfen hatte, und der kleine Artgenosse im Gedächtnisspeicher war ein Jungtier, vielleicht das einzige, was aus dem Gelege übriggeblieben war. Die tiefe Einsamkeit, die das Saurierweibchen empfand, war nichts anderes als Mutterinstinkt. Der Drachendame fehlte der Kontakt zu ihrem Baby.
    Shi Khituu löste den Kontakt und sprang vom Drachenrücken. Sie trat wieder vor den mächtigen Schädel des Ungeheuers.
    »Ich hole dir dein Kleines, Schöne«, sagte sie und klopfte gegen das Maul der Bestie. »Ist doch alles gar kein Problem! Du sollst nicht mehr traurig sein.«
    Shi Khituu konzentrierte sich.
    Abermals setzte sie ihre Para-Gabe ein und griff mit einem unsichtbaren Arm in die Tiefen der Zeit, um ihre Herde von Untertanen weiter zu vergrößern!
    ***
    Trotz der Wärme, die das Kaminfeuer mittlerweile ausstrahlte, fror Zamorra. Es war eine Kälte, die von innen kam, und dagegen half kein Feuer. Nicole hatte den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. Zamorra wußte, daß sie ihm keinen Vorwurf machte. Sie wußte ebensogut wie er, daß es aussichtslos war, Sara Moons Plan durchzuführen. Die Chancen standen eins zu einer Million, daß sie Erfolg hatten.
    Todesurteil für Ted Ewigk!
    »Ja, verdammt«, flüsterte er. »Ich weiß es doch! Aber ich kann nichts daran ändern! Es gibt Dinge, die gehen einfach nicht!«
    Vor allem dann nicht, wenn man durch Reden und Selbstvorwürfe wertvolle Zeit vergeudet, rügte der Wolf. Könnt ihr euch wirklich nicht vorstellen, daß schon jemand das gesamte Problem für euch eingehend durchdacht hat?
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er scharf. »Das können wir uns nicht vorstellen. Weil wir es nämlich gewohnt sind, selbst zu denken und uns nicht wie Marionetten herumschieben zu lassen! Und wenn ›jemand‹ das wirklich eingehend durchdacht haben sollte, müßte diesem Jemand auch aufgefallen sein, welche zeitlichen und logistischen Probleme bei der Aktion entstehen.«
    Narr, bemerkte der Wolf. Sara hat’s durchgerechnet, mit Merlin besprochen, und wenn ihr zusagt, können wir innerhalb weniger Sekunden an Ort und Stelle sein! Habt ihr vergessen, wie ich hierher gekommen bin? Caermardhins Möglichkeiten sind gewaltig. Merlin wird den Transport für uns regeln. Also zieht euch gefälligst an und findet euch draußen vor dem Château ein! Oder wollt ihr Ted wirklich vor die Hunde gehen lassen?
    »Nein«, sagte Nicole. »Fenrir, bist du sicher, daß das funktioniert? Absolut sicher?«
    Fenrir erhob sich und nickte kräftig mit dem mächtigen Wolfsschädel.
    Zamorra und Nicole sahen sich an.
    »Wir versuchen's«, sagte Zamorra.
    ***
    Der Fürst der Finsternis erhob
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