Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0456 - Gedungen und zum Mord bestellt

0456 - Gedungen und zum Mord bestellt

Titel: 0456 - Gedungen und zum Mord bestellt
Autoren:
Vom Netzwerk:
schlechtbezahlter Conferencier. Seine Ansprache dauerte fünf Minuten. Ich saß keine .zehn Schritte von Wilkinson entfernt und hatte Muße, mir sein Gesicht einzuprägen und gleichzeitig mein Gedächtnis in Bewegung zu bringen. War ich diesem Mann schon einmal begegnet?
    Wilkinson mußte vor zehn oder zwanzig Jahren bedeutend schlanker gewesen sein. Demnach würde auch sein schwammiges Gesicht mit den Hängebacken anders ausgesehen haben. Ich versuchte, mir das Gesicht des jüngeren Wilkinson auszumalen.
    Die beiden Gorillas wichen nicht von seiner Seite, sie musterten kritisch die männlichen Besucher. Ich hielt ihren Blicken stand.
    »Es ist unheimlich amüsant hier«, sagte Phil nach einer Weile, »aber ich weiß nicht, warum wir hier herumsitzen.«
    »Es war dein Gedanke, diesen Mr. Wilkinson zu besuchen«, entgegnete ich, »ich finde diese Idee gar nicht einmal so schlecht. Vielleicht kann er uns wirklich sagen, wo Miß Mason steckt. Denn immerhin scheint sie mit ihm in reger geschäftlicher Verbindung zu stehen.«
    »Er wird uns kaum Gelegenheit geben, überhaupt eine einzige Frage zu stellen«, entgegnete Phil pessimistisch.
    »Abwarten.«
    Die Damen sprangen begeistert auf, als Wilkinson mit seiner Ansprache zu Ende war und sich verbeugte.
    Er quittierte den Beifall mit einem angedeuteten Lächeln und hauchte ins Mikrofon: »Damenwahl.«
    Ehe ich begriff, standen zwei Blondinen gleichzeitig vor uns.
    Ich reichte der größeren meinen Arm und führte sie zur Tanzfläche. Die Combo spielte einen Cha-cha-cha, den mir ein Mädchen irgendwann einmal beigebracht hatte. Sonst war ich nämlich kein gewandter Tänzer.
    Meine Tänzerin duftete nach Lavendel und Anis und lächelte unentwegt.
    »Wie oft sind Sie schon auf dem Luckerer-Tanztee gewesen?« fragte ich.
    Sie antwortete mit rauchiger Stimme, die nicht zu ihrem Äußeren paßte:
    »Erst das dritte Mal.«
    »Überhaupt erst das dritte Mal?«
    »Ja, ich bin durch eine Freundin eingeladen worden.«
    »Ist Ihre Freundin verheiratet?«
    »Schon dreimal. Aber jetzt nicht. Sie tanzt mit Ihrem Bekannten.«
    Ich war sicher, daß Phil nicht so schnell zu erobern war, deshalb konnte ich mir Zeit lassen, ihn zu warnen.
    »Wie heißen Sie?« fragte ich schüchtern.
    »Melie. Und meine Freundin heißt Ma, eine Abkürzung für Mary.«
    »Sie sind ein wundervolles Gespann«, sagte ich anerkennend. »Was müssen Sie an Mr. Wilkinson zahlen?«
    »Nichts. Ma behauptet immer, daß er der reinste Menschenfreund ist.«
    »Genauso sieht er auch aus«, bemerkte ich und bedauerte, daß der Tanz zu Ende war und ich das Girl an seinen Platz bringen mußte. Phil kurvte mit seiner blonden Eroberung in meinem Kielwasser.
    Auch Wilkinson war zum Tanz aufgefordert worden. Seine Lady war brünett, gut gewachsen und trug ein raffiniertes Nachmittagskleid, das oben teilweise nur aus Spitzen bestand. Sie war mindestens vierzig. Aus der Entfernung sah ihr Gesicht ebenmäßig und hübsch aus. Als ich aber an ihrem Tisch vorbeikam, wurden alle Illusionen zerstört. Die Lady brauchte jeden Morgen einen Maskenbildner für ihr Make-up, der die Gesichtsfurchen ausbetonierte.
    Wilkinson unterhielt sich einige Minuten mit ihr. Sie schien seine Favoritin zu sein. Ich schlenderte zu unserem Tisch zurück. Phil kam nach.
    »Das war hoffentlich die erste und letzte Damenwahl«, seufzte Phil, »meine Schuhe müssen zwei Nummern zu klein sein. Leider ist mir das erst heute abend aufgefallen.«
    »Ich fürchte, wir werden nicht mehr viel Gelegenheit zum Tanzen bekommen, zumindest nicht nach dieser Musik«, entgegnete ich, »denn ich werde Mr. Wilkinson ein wenig interviewen und ihn nach Miß Mason fragen.«
    »Ich werde dich begleiten«, sagte Phil. »Nein, einer muß hier Sitzenbleiben und notfalls Nachschub anfordern, falls ich in die Klemme gerate.«
    »Dann werde ich mir Mr. Wilkinson vorknöpfen, und du kannst tanzen. Denk an meine zu kleinen Schuhe«, erwiderte Phil.
    »Ich kann dir einen guten Rat geben«, tagte ich, »tanz barfuß. Wenn ich in fünf Minuten nicht wieder hier bin, jagst du sofort zum Telefon, alarmierst unseren Verein und dann erst die Holeldetektive.«
    Ich erhob mich, schlenderte auf die Kapelle zu, legte eine Geldnote auf die Trommel des Schlagzeugers und bestellte einen Beatle-Song. Wegen Phils schmerzender Füße.
    In diesem Augenblick verschwanden Mr. Wilkinson und die beiden Athleten im weißen Frack von der Bildfläche. Ich wartete, bis sich die glatte Tür hinter ihnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher