Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0445 - Die Macht des Träumers

0445 - Die Macht des Träumers

Titel: 0445 - Die Macht des Träumers
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
nicht sagen. »Es war etwas Ungesteuertes, Fremdes. Vielleicht hat es mit dem zu tun, vor dem das Amulett dich schützen will. Chéri, es will dich wirklich schützen. Glaube es mir. Ich fühle es. Du solltest darauf verzichten, dieses Phänomen ergründen zu wollen. Wenigstens zum jetzigen Zeitpunkt.«
    Er sah sie an; sah die braunen Augen, in denen kleine goldene Tüpfelchen relativ groß geworden waren; deutliches Zeichen ihrer innerlichen Erregung. »Aber ich muß wissen, worum es geht«, sagte er leise. »Ich muß wissen, woher diese Unruhe kommt, die uns beide beherrscht, und was das für ein Bild ist, das das Amulett uns gezeigt hat.«
    Da meldete es sich noch einmal von sich aus.
    Das war nicht beabsichtigt.
    »He«, fuhr Zamorra auf. »Warum wirst du nicht einmal im Lauf deiner Existenz deutlicher in deinen Aussagen, du Blechdeckel?«
    Aber das Amulett antwortete ihm nicht mehr.
    Und das Bild dieser gelben Landschaft blieb verschwunden.
    ***
    Blaues Feuer brannte in der Schale. Die Säule, auf der sie stand, war mit einer Teufelsfratze verzerrt. Der Fürst betrachtete die blauen Flammen. Sie flackerten unregelmäßig und zeigten ihm damit an, daß etwas oder jemand gekommen war.
    Er lächelte.
    »Geht hinaus und fangt ihn«, befahl er. »Ich will ihn sehen. Vielleicht wird er ein Freund. Vielleicht wird er ein Sklave. Vielleicht wird er Raubtierfutter.«
    Die Männer in den schwarzen Gewändern verneigten sich und entfernten sich mit eiligen, aber nicht überhastet wirkenden Schritten. Der Fürst lächelte immer noch. Er sah wieder den Mädchen zu, die für ihn tanzten.
    Seine Welt veränderte sich, ohne daß er etwas dazu getan hatte. Zumindest konnte er sich nicht daran erinnern. Aber er haßte es, wenn etwas geschah, das sich seiner Kontrolle entzog. Er würde das ändern.
    Und er war nicht sicher, ob er dafür nicht über Leichen würde gehen müssen. Doch solange es nicht seine eigene Leiche war, spielte das nur eine untergeordnete Rolle.
    ***
    Uschi Peters versuchte das Verschwinden ihres Sohnes auf die leichte Schulter zu nehmen, nachdem sie sich im Zimmer umgesehen hatte. »Vielleicht ist er nur auf ein Abenteuer aus. Wir dürfen nicht vergessen, daß ein fünfzehnjähriger Junge andere Vorstellungen von Freizeitgestaltung hat, als wir alten Leute…«
    »Na, so alt sind wir nun auch wieder nicht«, protestierte Monica.
    »Immerhin haben wir ein paar Jahre Weltenbummlerei und davor ein paar Jahre abgebrochenes Studium der Sozialpädagogik hinter uns, nicht wahr?« Uschi schüttelte den Kopf. »Er wird etwas auf eigene Faust unternehmen wollen. Bei Naturvölkern ist es üblich, daß die Jungen schon in viel geringerem Alter dem Initiierungsritual unterworfen werden, das von Kultur zu Kultur verschieden ist, aber meist mit Prüfungen verbunden ist. Danach sind sie erwachsen.«
    »Aber wer sollte ihm hier eine Prüfung auferlegen?« Ratlos sah Monica von ihrer Schwester zu Tendyke.
    »Er selbst«, behauptete Uschi. »Aber soweit möchte ich eigentlich nicht einmal gehen. Er wird einfach nur das Zimmer verlassen haben, um einmal etwas ohne Aufsicht zu erleben.«
    »Dennoch, ich hätte ihn sehen müssen. Und er hätte auch euch auffallen müssen. Das Fenster geht in die Richtung, in der ihr unterwegs wart…«
    »Seit wann haben wir Augen im Rücken?« fragte Tendyke etwas spöttisch. Er trat an das Bett seines Sohnes. Fast eine Minute lang stand er reglos da. Dann wandte er sich langsam um.
    »Ich denke, wir brauchen uns keine Sorgen zu machen«, sagte er leise.
    »Du denkst ?« Mit dem Instinkt der Mutter bemerkte Uschi den Unterton in seinen Worten. »Was ist los? Verschweigst du uns etwas? Siehst du etwas, das wir nicht sehen?« Und ihr fielen die Erzählungen ein, die sich um den Abenteurer Robert Tendyke rankten und um die seltsamen Fähigkeiten, die er besitzen sollte. »Was…«
    »Nichts«, erwiderte er ebenso leise wie zuvor. »Wirklich nichts, Uschi. Es ist alles in Ordnung.«
    Es ist alles in Ordnung…
    Aber irgend etwas in ihr hinderte sie daran, seinen Worten zu glauben. Sie hatte plötzlich Angst um Julian, und nicht nur, weil sie nicht wußte, wo er sich jetzt befand. Aber sie brachte nicht die Kraft auf, nach ihm zu suchen. Wo sollte sie auch? Den ganzen umliegenden Wald durchforschen? Das war unmöglich.
    »Er kommt bald wieder zurück, Sweety«, murmelte Tendyke und küßte sie auf die Stirn. »Mach dir keine unnötigen Sorgen.«
    Sorgen?
    Sie hatte doch Angst…!
    ***
    Yves Cascal
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher