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0437 - Schirmherr der Zeit

Titel: 0437 - Schirmherr der Zeit
Autoren: Unbekannt
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zurückziehen. Langsam ging ich auf das Stallgebäude zu, trat ein und passierte die Boxen mit den prachtvollen Pferden und den Hunden. Robotdiener verrichteten ihren Dienst, ohne sich um mich zu kümmern. Sie waren starr programmiert.
    Eine Wand trennte eine Box von allen anderen ab. Über dem Zugang stand in goldenen Buchstaben der Name meines Lieblingspferdes: TAKVORIAN.
    Ich betrat die Separatbox, die eigentlich ein großer Luxusstall war, und schloss die Tür hinter mir.
    Ein Halbbluthengst von bezaubernder Schönheit wandte den Kopf, als ich eintrat. Sein Fell glänzte in seidigem Hellblau: Schweif, Mähne und Schöpf waren von leuchtendem Ockergelb.
    Die gekrausten längeren Haare zwischen Huf und Fessel waren von weißgelber Färbung."Ho, Takvorlan!"
    Der Hengst blähte die Nüstern, warf den Kopf zurück und wieherte laut. Dann kam er im Schritt auf mich zu, zog die Oberlippe über die Zähne und grinste.
    „Ho, Ovaron! An welche Stelle deines verdammten Cappin-Körpers soll ich dir meine Hinterhufe setzen?"
    Wir lachten beide, als wäre diese Frage ein Witz gewesen. Dabei war sie alles andere als ein oberflächlicher Witz; sie besaß einen sehr düsteren Hintergrund, und Takvorlan hatte tatsächlich guten Grund, die Cappins auf Lotron zu hassen. Während ich ihm gedankenverloren die Ganasche, kraulte, zogen die Erinnerungen an jene schicksalhaften Stunden vor achtzehn Lotron-Jahren an meinem geistigen Auge vorüber ...
    Im Verlauf der genetischen Experimente waren alle möglichen Spielarten von Mutationen aufgetaucht. Das lag einfach daran, dass Manipulationen am genetischen Kode mit ungeheuren Schwierigkeiten verbunden waren.
    Ich war zwar kein Spezialist auf dem Gebiete der Gen-Forschung, aber soviel mir bekannt war, stritten sich die besten Cappin-Wissenschaftler noch immer darum, wie der erste genetische Kode entstanden sein könne. Manche Kapazitäten behaupten steif und fest, die ungeheure Kompliziertheit der unüberschaubaren Vielfalt von genetischen Kodes ließe nur den einen Schluss zu, dass das gesamte Universum nichts anderes als ein vorprogrammierter Funktionsablauf sei, in dem schon vor der Entstehung genau festgelegt worden wäre, welche Lebewesen überhaupt entstehen und sich weiter entwickeln dürften und welche nicht. Niemand wagt allerdings eine Antwort auf die Frage, wer dann dieses Universum vorprogrammiert haben könnte.
    Tatsache ist jedenfalls, dass man 1.1023 Millionen Gene entschlüsseln müsste, wollte man die genetische Formel eines erwachsenen Cappins vollständig aufzeichnen - und keine Formel gleicht der anderen. Bei den Lotron-Primaten hat man anfänglich neunhunderttausend Gene gezählt. Annähernd sechshundert Millionen Wörter müssten von einem Computer gespeichert werden, wollte er die genetische Formel eines einzigen Primaten aufnehmen. Diese 'Wörter' mussten aber auch in ihrer vollen Bedeutung verstanden werden, wollte man zweckentsprechende Veränderungen vornehmen. Und man musste im voraus berechnen, welche Neben- und Spätwirkungen die Veränderungen nach sich ziehen.
    Auf Lotron hatten sich meine Artgenossen ganz klar übernommen. Sie waren einfach nicht auf die geradezu unheimliche Variationsfähigkeit der Erbmasse dieser lotronischen Primaten gefasst gewesen. Ja, es hatte sogar eine Zeitspanne gegeben, in der die Experimente die Vermischungsschranke zwischen den Primaten und vereinzelten Tierarten des Planeten neutralisiert hatten.
    Eine dieser unnatürlichen Kreuzungen zwischen dem humanoiden Primatentypus und einer kleinen Wildpferdrasse waren die sogenannten Zentauren.
    Diese Experimente meiner Artgenossen waren im höchsten Grade verabscheuenswert. Ja, manchmal hasse ich die Männer und Frauen des stolzen Cappin-Volkes wegen dieser verbrecherischen Manipulationen, die eigentlich gar nicht zum Charakter unseres Volkes passen.
    Takvorlan nun war keiner zufälligen Kreuzung entsprungen, sondern dem Resultat des 193. Versuchs der Reihe CRKLA-M.
    Allerdings entsprach er nicht den Erwartungen der Biologen. Sein schmächtiger Oberkörper bildete eine Diskrepanz zu dem normalen Pferdeleib. Ich kam zufällig dazu, als ein Laborassistent den drei Tage alten Zentauren brutal auf den flachen Stahlpritschenwagen warf, der allen Abfall in den Konverter fuhr.
    Mir tat das zitternde Zentaurenbaby leid. Impulsiv nahm ich es an mich. Den Assistenten verpflichtete ich zum Schweigen. Wenn der Chef der Golamo befiehlt, über eine Sache den Mund zu halten, dann hielt man den
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