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043 - Der Teufelskreis

043 - Der Teufelskreis

Titel: 043 - Der Teufelskreis
Autoren: Paul Wolf
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schmalen, unscheinbaren Tür hinauf, holte aus ihrer Handtasche einen Schlüssel und sperrte auf. Sie wartete, bis Dorian an ihr vorbei in den im Dunkeln liegenden Korridor hineinging, dann folgte sie ihm und versperrte die Tür hinter sich.
    „Kein Licht machen!“ raunte sie ihm zu und ergriff seinen Arm. „Ich nehme an, daß Frank in seinem Büro ist. Er muß nicht unbedingt merken, daß ich hier bin.“
    „Wer ist Frank?“ fragte Dorian.
    „Frank Leary, der Besitzer“, antwortete Lilli.
    Sie führte ihn an der Hand durch den finsteren Korridor, in dem nicht einmal die Notbeleuchtung brannte. Dorian stolperte einige Male gegen Hindernisse, und die verursachten Geräusche klangen wie Paukenschläge in seinen Ohren. Es war still um sie herum, aber Dorian bildete sich ein, ferne Stimmen zu hören.
    Lilli sperrte eine weitere Tür auf. Als sie sie öffnete, brandete ihnen ein Stimmengewirr entgegen.
    Es war noch immer nicht besonders laut, aber es schien von Hunderten von Menschen herzurühren. Dorian blieb alarmiert stehen.
    „Ich dachte, heute sei keine Vorstellung“, sagte er.
    „Das war auch nicht gelogen“, erwiderte Lilli. „Es kann aber sein, daß trotzdem einige Bühnenarbeiter am Werk sind. Komm schon!“
    Sie suchten sich in der Dunkelheit ihren Weg zwischen Kulissen und anderen Bühneneinrichtungen hindurch. Um Dorian war die Dunkelheit so perfekt, daß er überhaupt nichts sehen konnte. Ohne Lillis führende Hand hätte er sich hier zweifellos hoffnungslos verirrt.
    Das Stimmengewirr schwoll immer mehr an. Es war, als würden die Besucher einer ausverkauften Vorstellung auf den Beginn des Schauspiels warten.
    Plötzlich tauchte vor Dorian ein schmaler Lichtstreifen auf, und auch durch eine Vorhangwand drang gedämpftes Licht.
    Das ist die Bühne, durchzuckte es ihn. Und im selben Moment, da er erkannte, daß er und Lilli nicht mehr allein waren, ging auf der Bühne das Licht an.
    Lilli ließ Dorian los und zog sich wortlos zurück.
    Dorian war von vermummten Gestalten umringt. Es mochten fünfzig oder mehr Personen sein, deren Körper in Kapuzenmäntel gehüllt waren. Wo ihre Gesichter hätten sein müssen, waren nur weiße, leuchtende Flecke zu sehen.
    Dämonen, durchzuckte es Dorian.
    Aber die Erkenntnis kam zu spät für ihn. Er wollte herumwirbeln und davonlaufen, doch eine unsichtbare Macht lähmte ihn und machte ihn bewegungsunfähig.
    Einer der Dämonen sagte: „Das also ist der Sündenbock. Nur schade, daß wir seiner Hinrichtung nicht beiwohnen können.“
    Sein Gefühl hatte ihn also doch nicht getrogen. Er war zu seiner eigenen Hinrichtung gefahren. Gelähmt und zu keiner Bewegung fähig, verfolgte er, wie sich der Vorhang hob.
    Das Theater war bis auf den letzten Platz mit Krüppeln besetzt. Bei Dorians Anblick begannen sie zu rasen.
     

     
    Von seiner Loge aus, in der er schon so viele von ihm gesteuerte Menschenschicksale beobachtet hatte, verfolgte er die Geschehnisse im Zuschauerraum. Die Krüppel waren schon entfesselt, noch bevor sich der Vorhang gehoben hatte. Sie steigerten sich immer mehr in Ekstase und einen Blutrausch hinein, der Frank Leary wonnig erschauern ließ. Ahnungslos hatten sie sein Theater als Verhandlungsstätte akzeptiert, weil sie nicht wußten, daß er der Schwarzen Familie angehörte und von seiner abgeschlossenen Loge aus die Geschicke aller hier Anwesenden lenkte.
    Leary war in diesen Stunden Herr über Leben und Tod von Hunderten von Menschen. Er konnte ihr Schicksal bestimmen - ja war das Schicksal selbst.
    Sie saßen wie die Ratten in seiner Falle. Leary konnte nicht anders, als sich selbst zu diesem genialen Plan zu beglückwünschen. Was war es schon, das Leben von unscheinbaren Schauspielern zu zerstören, ihre Seelen zu zerbrechen? Das hier war viel erhebender - war gottgleich. Er, Frank Leary, war ein schwarzer Gott. Ein Gott des Bösen, der Bringer des Todes.
    Was nützte es den Krüppeln, daß sie alle versammelten Dämonen auf ihre Zauberkräfte hin untersucht hatten? Sie hatten sich davon überzeugt, daß keines der Mitglieder der Schwarzen Familie falsches Spiel mit ihnen trieb. Ebenso hatten die Krüppel ihrerseits Verhandlungsbereitschaft bekundet. Sie waren gekommen, um den Mörder von Jimmy zu richten. Aber sie würden mehr erleben. Sie würden jeder eine Hauptrolle in dem größten Schauspiel erhalten, das Leary je inszeniert hatte. Jeder von ihnen - ohne Ausnahme - war für eine Hauptrolle vorgesehen.
    Welch Geniestreich von ihm, die
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