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0420 - Der Magier von Lyon

0420 - Der Magier von Lyon

Titel: 0420 - Der Magier von Lyon
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sein, war fast so breit wie hoch und litt bei etwa ein Meter sechzig Körpergröße und geschätzten zwei Zentnern unter schon mehr als ungesundem Übergewicht. Was er am Bauch zu viel vor sich her trug, hatte er an Haaren zu wenig. Ein grauer schmaler Kranz umrahmte eine spiegelblanke Dreiviertelglatze. Helle Äuglein lugten recht aufmerksam und beweglich über die Fettpolster der Wangen hinweg. Er trug einen hellgrauen Westenanzug, der bei seinen abnormen Körpermaßen einfach maßgeschneidert sein mußte, und eine altväterliche, münzbehangene Taschenuhrkette. An den wurstförmigen Fingern blitzten Goldringe, um zu zeigen, daß er nicht zu den Sozialhilfeempfängern gehörte.
    Seine baßtiefe Stimme paßte überhaupt nicht zu seiner Erscheinung, der Zamorra unwillkürlich ein quiekendes Organ zugeordnet hatte.
    »Einen hübschen Wagen haben Sie da draußen stehen, Professor«, stellte er fest. »Muß eine Menge Geld gekostet haben. Diese Wagen haben doch schon äußersten Seltenheitswert, noch dazu in so gepflegtem Zustand. Um das Fahrzeug beneide ich Sie.«
    »Um den BMW?« staunte Zamorra. Er erinnerte sich, daß der Wagen in der Garage zu stehen hatte, und außerdem gab es davon doch wahrlich noch genug in allen Stadien der Pflege oder des Verrostens. Immerhin war die Produktion gerade erst vor einem Jahr eingestellt worden.
    »Um den Cadillac!« widersprach die wandelnde Fettansammlung. »Wissen Sie, hinter so einem Oldtimer bin ich schon seit Jahren her…«
    »Leider gehört er nicht mir, sondern einem Freund, der sich eben verabschiedete, als Sie eintrafen, Monsieur«, sagte Zamorra. Den Heckflossen-Cadillac, Baujahr 59, hatte Nicole einmal längere Zeit besessen und nach einem Unfall Pascal Lafitte verkauft, der den riesigen Spritsäufer liebevoll restauriert hatte. »Da das Wetter so prächtig ist, daß man nicht erst drüber zu sprechen braucht, darf ich Sie fragen, was Sie zu mir führt?«
    Der Dicke, der für den Ledersessel fast zu breit war, rieb sich grinsend die Hände. »Ah, Sie kommen direkt zur Sache, Professor. Das gefällt mir«, sagte er. »Spart eine Menge Zeit, denn warum soll man sich über Nebensächlichkeiten unterhalten, wenn man auch sofort über das reden kann, worum es geht, nicht wahr?«
    Himmel, was faselt der komische Vogel geschwollen! dachte Zamorra. Kurz fassen und zur Sache kommen… Denken und Handeln schienen bei Vaultier zwei grundverschiedene Dinge zu sein. Mit seinen Phrasen hätte er Politiker werden sollen.
    Aber Zamorra hütete sich, zu zeigen, wie er sein Gegenüber einschätzte.
    Raffael erschien und bot Getränke an. Vaultier strahlte und nahm sich des wohltemperierten Cognacs an. Zamorra verzichtete auf Alkohol. Er hatte noch etwas vor.
    »Ja, Professor«, brummte Vaultier mit seiner gewöhnungsbedürftigen Baßstimme. »Sie fragen sich mit Recht, weshalb ich Sie so unvorbereitet überfalle, schließlich kennen wir uns ja überhaupt nicht. Aber was nicht ist, kann noch werden.«
    Ja doch, dachte Zamorra, dessen Laune allmählich in Kellertiefen sank. Komm doch endlich zur Sache!
    »Nun, ich brauche Ihre Hilfe, Professor. Und ich bin auch bereit, Ihnen diese Hilfe großzügig zu vergüten. Was halten Sie von… sagen wir mal, von 50 000 Francs? Vorerst als Anzahlung, meine ich.«
    Zamorra konnte nicht verhindern, daß er nun doch leicht zusammenzuckte. Das war eine hübsche Stange Geld, die dieser Winzer voreilig versprach.
    Der Parapsychologe überlegte, ob er nicht den Beruf wechseln sollte. Mit Weinbau schien sich eine Menge Geld verdienen zu lassen, wenn man so damit um sich werfen konnte.
    »Und wen soll ich dafür ermorden?« fragte er vorsichtig schmunzelnd.
    »Ermorden!« entrüstete sich Vaultier. »Sie sind ja ein Herzchen, Professor. Aber ich liebe Menschen mit Humor, auch wenn er etwas makaber ist. Nein, Sie sollen doch niemanden ermorden. Sie sollen nur jemanden überprüfen.«
    »Dann tut es mir leid, daß Sie den Weg hierher umsonst gemacht haben«, sagte Zamorra schulterzuckend und mit nur gespieltem Bedauern. »Ich bin Parapsychologe, kein Privatdetektiv. Aber ich kann Ihnen einige gute Adressen empfehlen…«
    »Sie verstehen mich nicht, Professor«, sagte Vaultier. Ungefragt füllte er seinen Cognacschwenker wieder auf. »Gerade weil Sie ein Parapsychologe sind, bin ich zu Ihnen gekommen. Und Sie sind ja nicht nur ein Parapsychologe… umständliches Wort, das…, sondern der Beste, wie man mir an der Sorbonne verriet.«
    »Sie haben über mich
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