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0420 - Der Magier von Lyon

0420 - Der Magier von Lyon

Titel: 0420 - Der Magier von Lyon
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nur ein sehr guter Schütze hin.«
    Die Formulierung war Zamorra ein wenig makaber, aber er ging nicht darauf ein. »Woher hast du denn deine Weisheit, Pascal?«
    Der grinste. »Ich dachte mir, daß dich dieser Fall interessiert, Zamorra, und weil dein Zusatzgedächtnis auf Reisen ist, habe ich mir erlaubt einzuspringen und mit der Polizei telefoniert. Man kennt Roquets Vergangenheit; er ist vor gut drei Jahren nach einwöchiger Mitgliedschaft aus einem Sportschützen-Club geflogen, weil sich die Waffenwarte schlicht weigerten, diesen miserablen Schützen auch nur noch einmal an den Schießstand zu lassen. Bei der Polizei hat man ihm Schießproben abverlangt, und er hat alles getroffen, bloß nicht die Scheibe. Er sei absolut untalentiert, mit Feuerwaffen umzugehen, heißt es. Und dieser Mann soll mit einem einzigen Schuß Lacroix über eine Entfernung von gut vierzig Metern niedergestreckt haben?«
    »Hm«, machte Zamorra. »Wenn das stimmt…«
    »Warum sollte es nicht stimmen?«
    »Ich glaube, ich werde mich mal um die Sache kümmern«, sagte Zamorra. »Weniger, weil der Fall selbst mich interessiert. Sondern weil ich Ablenkung brauche. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Vielleicht hat man Roquet hypnotisiert. Unter Hypnose-Einfluß bringen auch untalentierte Menschen Dinge fertig, die sie im Normalzustand niemals schaffen würden. Vielleicht sollte man der Polizei diesen Tip einmal geben.«
    »Aber ist es denn überhaupt möglich, nachträglich festzustellen, ob Roquet hypnotisiert worden ist? Ich meine, in Form eines handfesten Beweises! Ihn erneut hypnotisieren und dann seine Reaktion abwarten und beobachten, ist ja kein echter Beweis. Kann man das, Zamorra?«
    »In der geforderten Form nicht, glaube ich«, sagte Zamorra. »Zumindest andere können es nicht. Aber mir ist es möglich.« Er tippte gegen seine Brust, und Lafitte verstand, was Zamora damit meinte: das Amulett, das Zamorra dort unter dem Hemd zu tragen pflegte, wenn er sich außerhalb der magiegeschützten Mauern des Châteaus bewegte. Mit diesem magischen Instrument war allerlei möglich.
    Zamorra warf noch einmal einen Blick auf den Zeitungsartikel. »Wo ist das passiert? Lyon? Na gut, vielleicht fahre ich heute nachmittag mal hin und unterhalte mich mit den Beamten, die in diesem Mordfall ermitteln. Vielleicht erhalte ich eine Sprecherlaubnis für Monsieur Roquet.«
    ***
    Aber dann fuhr er doch nicht nach Lyon.
    Er bekam unangemeldeten Besuch. Pascal Lafitte verabschiedete sich, als Raffael Bois Zamorra die Visitenkarte eines Monsieur Henri Vaultier überreichte, der soeben eingetroffen sei und nun im Kaminzimmer wartete. »Ich habe mich ja schließlich auch noch ein wenig um meine Frau zu kümmern«, grinste Lafitte und verschwand.
    Zamorra betrachtete die Visitenkarte. Von Henri Vaultier hatte er bisher ebensowenig gehört wie von dem ermordeten Lacroix und dem ahnungslosen Attentäter Roquet. Warum er in seinen Gedanken alle drei in einen Topf warf, konnte er selbst nicht sagen, aber er trennte sie dann bewußt ganz schnell wieder voneinander.
    Du muß langsam wieder anfangen, klar zu denken! rief er sich zur Ord nung.
    Von Beruf war Vaultier Weinbauer mit Wohnsitz bei St. Etienne, aber eine zweite Telefonnummer war angegeben, deren Vorwahl Zamorra eher ins Rhône-Delta einordnete. Wahrscheinlich Geschäftstelefon, denn dort unten wurde ebenfalls jede Menge Wein angebaut, und demnach schien dieser Vaultier nicht gerade eines der sieben kleinsten Lichter zu sein.
    »Im Kaminzimmer, Raffael? In Ordnung. Aber bringen sie uns alles mögliche, nur keinen Wein. Wenn Vaultier täglich beruflich damit zu tun hat, wird er kaum daran interessiert sein, hier schon wieder mit seinem Beruf konfrontiert zu werden.«
    Zamorra suchte das Kaminzimmer auf.
    Davon gab es im Château Montagne ein paar Dutzend, aber derzeit nur eines, in dem Gäste empfangen werden konnten. Es war als einziges bereits vollständig wiederhergestellt, aber noch nicht wieder so perfekt eingerichtet wie vor dem Großbrand. Immerhin war es gemütlicher darin als in dem Provisorium der Übergangszeit, als Zamorra froh gewesen war, kaum mal Besuch empfangen zu müssen.
    Während er über den Korridor ging und im weichen Teppich fast versank, fragte er sich, was ein Winzer von ihm, dem Parapsychologen, wollte. Mit dieser Berufssparte hatte er doch noch nie zu tun gehabt, und er sah keine Zusammenhänge.
    Henri Vaultier erwies sich als eine Kugel auf Beinen. Er mochte Mitte 40
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