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041 - Um Mitternacht im Leichenhaus

041 - Um Mitternacht im Leichenhaus

Titel: 041 - Um Mitternacht im Leichenhaus
Autoren: Larry Brent
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Theater
unerwartet einen besonders feierlichen Anlass .«
    Miriam verabschiedete sich von ihrem Bruder, nicht ohne noch einmal darauf
hinzuweisen, dass sie mit seiner Anwesenheit rechne.
     
    ●
     
    Judy hatte das Gefühl, als bestünden ihre Glieder aus Blei. Ihr Kopf
dröhnte und schmerzte, und sie begriff nicht, woher der unerträgliche Druck
kam. Minuten vergingen, ehe sie einigermaßen klar sah und erkannte, wo sie sich
befand und was geschehen war.
    Sie lag auf dem verrutschten Teppich vor dem Schrank. Der Kleiderschrank –
die unheimliche Gestalt – der Tote – das spanische Duellmesser in der Brust –
wie die Glieder einer Kette reihten sich ihre Gedanken auf
...
    Stöhnend hievte sie sich in die Höhe, starrte auf die weit geöffnete
Schranktür und erwartete ...
    Aber da waren nur Karens Kleider.
    Sie presste mehrmals die Lider fest zusammen und öffnete sie wieder. Wo war
der Tote? Sein Gesicht reflektierte wie eine überstrahlte Projektion vor ihren
Augen. Dieses Gesicht! Sie kannte es, hatte es irgendwann und irgendwo schon
einmal gesehen. Schlagartig fiel es ihr ein. Sie war dem Toten schon auf einer
von Henrys Partys begegnet. Doch wer der Mann war, das fiel ihr nicht ein.
    »Mein Gott«, flüsterte Judy, und ihre Stimme klang rau. Sie sah ihr
Spiegelbild und erschrak – weiß wie ein Laken war sie. Alles Blut war aus ihrem
Gesicht gewichen. Unruhig sah sie hin und her, als suche sie etwas. »Es kann
doch nicht schon wieder anfangen – ich weiß doch, dass ich es gesehen habe? !«
    Hektisch durchsuchte sie das Zimmer, riss sämtliche Kleider aus dem Schrank
und schleuderte sie wahllos auf den Boden, die Betten und den Toilettentisch.
    Hatte sie vorhin eine Halluzination erlebt?
    Heftiges Schluchzen schüttelte ihren Körper, und sie fühlte, wie sie
zunehmend hysterischer wurde. In ihrer Erinnerung stieg etwas auf, was erst
einige Monate zurücklag: Tagelang war sie gereizt und nervös gewesen, weil sie
behauptet hatte, den Kaffee eingegossen zu haben. In Wirklichkeit standen die
Tassen noch leer auf dem Tisch.
    Ernest hatte sich rührend um sie bemüht und den besten Psychiater
hinzugezogen. In nur zehn Sitzungen hatte dieser ihre krankhafte Vergesslichkeit
beheben können und sie beruhigt, dass Derartiges wohl kaum wieder auftreten
könne. Vorausgesetzt, dass sie sich schone und sich von Aufregungen fernhielt.
    Aber genau die erlebte sie seit drei Tagen ununterbrochen.
    Mit Henry Olanders Unfall hatte es begonnen. Dazu
waren die nervenaufreibenden Proben für das neue Stück gekommen, das in vier
Tagen aufgeführt werden sollte.
    Judy schreckte auf – das Telefon schlug an! Sekundenlang war sie unfähig,
sich zu rühren, bis sie endlich aus dem Schlafzimmer eilte. Auf dem Flur in der
ersten Etage stand der Zweitapparat. Sie hob den Hörer ab.
    »Hallo?«
    »Judy, hier ist Karen. Was ist denn? Du bist schon so lange weg. Ich habe
mir Sorgen gemacht, und ...«
    Judy unterbrach die Freundin: »Karen, ich bin auf der Fahrt aufgehalten
worden .« Sie gab sich ruhig und gefasster, als sie in
Wahrheit war. Es fiel ihr als Schauspielerin nicht schwer, auf Anhieb mit einer
Ausrede aufzuwarten.
    »Das beruhigt mich !« Karen atmete hörbar aus. »Ich
habe mir schon Sorgen gemacht .«
    »In ein paar Minuten verlasse ich das Haus. Ich habe die Kleider soweit
aussortiert .«
    Sie eilte ins Schlafzimmer zurück, raffte die Kleider, die Karen in der
nächsten Zeit nicht tragen würde, zusammen und drückte sie wahllos in den
großen Schrank. Dann verließ sie fluchtartig das Haus.
    Während der Fahrt zu ihrer Villa an der Küste nahm sie sich vor, auf keinen
Fall ihrem Mann gegenüber ein Wort zu erwähnen. Sie musste abrupt bremsen, weil
ein mit Jugendlichen besetzter Wagen wie aus dem Nichts von rechts auftauchte.
Kreidebleich startete sie wieder und benutzte eine wenig befahrene
Seitenstraße, um zur Villa zu kommen.
    Judy war eine gute Schauspielerin und so betrat sie gelöst und scheinbar
ohne dass irgendetwas gewesen war das Haus über die Terrasse. Es gelang ihr
sogar, mit Karen zu plaudern. Schließlich musste sie dafür sorgen, dass sich
die junge Witwe nicht allzu sehr in trüben Gedanken verlor, während sie selbst
gegen den Sturm der Gefühle ankämpfte, der durch das unerklärliche Geschehen in
ihr ausgelöst worden war.
    Obwohl Karen ihre engste Freundin war, wagte Judy nicht, darüber zu
sprechen.
    Nach etwa zwanzig Minuten zog sie sich auf ihr Zimmer zurück, saß fast eine
halbe Stunde
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