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041 - Um Mitternacht im Leichenhaus

041 - Um Mitternacht im Leichenhaus

Titel: 041 - Um Mitternacht im Leichenhaus
Autoren: Larry Brent
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sein stacheliges Kinn. Er wankte ein
wenig, sein Gesicht war gerötet, und er roch nach billigem Fusel. Wirr
plapperte er vor sich hin, winkte ab und suchte mit zitternder Hand die
Flasche, die er unter seinem Mantel trug.
    Sein Gesicht verzog sich. Zufriedenheit spiegelte sich in seinen Augen.
    Doch dann wurde er ernst. Er hatte ein Geräusch gehört und suchte hinter
dem mächtigen Stamm eines Alleebaumes Schutz und beobachtete die Straße. An der
Straßenkreuzung fuhr ein Streifenwagen vorbei. Taylor presste die Lippen
zusammen. Seit zwei Wochen wurde er in den umliegenden Staaten intensiv
gesucht, nachdem es ihm während eines Arbeitseinsatzes gelungen war, seinen
Wächter zu überlisten und zu fliehen.
    In den ersten Tagen hielt er sich in einem kleinen Dorf an der Grenze zum
Staat Delaware verborgen, dann war er weiter in Küstennähe gezogen, um seinen
Standort zu wechseln. Er trieb sich auf Bahnhöfen und in Scheunen herum, bis er
schließlich vor nicht ganz einer Woche nach Salisbury gekommen war.
    Als das Fahrzeug verschwand, löste er sich aus dem Schatten des Baumes,
beschleunigte seinen Schritt und erreichte das angelehnte Tor, das zum
Leichenhaus führte. Taylor kicherte leise vor sich hin. Hier würde ihn niemand
suchen, hier war er für die nächste Zeit sicher. Diesen Tipp hatte er von einem
Zellennachbar bekommen, der über ein halbes Jahr in einer Leichenhalle gehaust
hatte. Niemand war auf die Idee gekommen, ihn dort zu suchen. Erst als er das
Quartier aufgab und sich nach einigen harten Drinks zu auffällig in einer
Wirtschaft benahm, griff ihn die Polizei auf.
    Bis zur Stunde konnte der entflohene Häftling die Ansicht seines
Zellennachbars nur teilen. Ein Leichenhaus war ein idealer Unterschlupfwinkel!
Und das von Salisbury hatte noch den Vorteil, dass es außerhalb lag und es
keine Schwierigkeiten bereitete, dort einzudringen.
    Die Leichen in den langen, kahlen Räumen störten ihn nicht. Tote brauchte
man nicht zu fürchten. Taylor fürchtete die Lebenden!
    Er ging um das finstere Haus herum. Die Gitterstäbe vor den Fenstern waren
verwittert und manche so morsch, dass man sie leicht herausbrechen konnte. Er
entfernte zwei, kletterte durch den breiten Spalt und drückte das angelehnte
Fenster auf. Der Holzrahmen war verrottet und die alten Nägel rostig. Kalk
rieselte von der Wand, als er mit seiner Hand dagegen stieß. Der Raum dehnte
sich wie ein langer, schmaler Saal hinter ihm aus. Hell leuchteten die weißen
Laken in der Dunkelheit, die über die einfachen Liegen
gespannt waren. Unter einigen zeichneten sich Umrisse ab.
    Taylor setzte die beiden Eisenstäbe wieder provisorisch ein und drückte das
Fenster vorsichtig zu. Eine fast heitere Gelassenheit spiegelte sich auf dem
stacheligen Gesicht des Ex-Häftlings, als er die Flasche unter dem Mantel
hervorzog, sie entkorkte und einen herzhaften Schluck zu sich nahm. Er
schüttelte sich leicht, fuhr mit der Zunge über seine schmalen, spröden Lippen
und blickte sich um. Dann ließ er sich auf eine der freien
Liegen plumpsen. Fröstelnd zog er die Schultern hoch. Es war nicht
gerade gemütlich, aber es war besser als im Freien. Er hatte ein Dach über dem
Kopf und die Wände schützten ihn vor kaltem Wind und dem Regen.
    Momentan war er zufrieden, denn auf nackten Boden unter einer Brücke, oder
auf einer abseits gelegenen Bank im Park war es weitaus ungemütlicher gewesen.
    Die Nacht konnte kommen, und sie würde nicht anders verlaufen als die
Nächte zuvor. Hätte er sich herumgedreht, wäre ihm spätestens in diesem
Augenblick bewusst geworden, dass sich etwas anbahnte, was selbst sein vom
Alkohol umnebeltes Gehirn noch erfasst hätte.
    Drei Liegen weiter bewegte sich zwischen den aufgebahrten Leichen ein
Körper.
    Eine wachsbleiche Hand schob sich unter dem Tuch hervor.
    Doch Taylor räusperte sich, griff noch einmal zur Flasche und stellte sie
dann neben sich auf den Boden. Erst als er sich auf die Seite drehte, sah er
den Schatten, der förmlich aus dem Boden neben ihm emporwuchs.
    Seine Augen weiteten sich. Er war unfähig zu schreien oder etwas zu
unternehmen, als er die tödliche Gefahr erkannte. In einer instinktiven Bewegung
streckte er abwehrend beide Hände von sich, aber er war zu schwach.
    Ein dunkler Arm stieß auf ihn herab und eine blitzende Klinge bohrte sich
in Taylors Brust. Der Schatten zog sich augenblicklich wieder zurück. Irgendwo
im Dunkeln klappte eine Tür, Schritte entfernten sich.
    Taylor, der mit dem Tode
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