Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0408 - Der Gespenster-Galgen

0408 - Der Gespenster-Galgen

Titel: 0408 - Der Gespenster-Galgen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
schluckte. »Mercier«, sagte sie.
    »Bitte, wie meinen?«
    »Das war Gaston Mercier. Dieser verdammte Reporter!«
    »Aber nein. Er sagte doch, er heiße Caulette, und Monsieur Zamorra hat ihn doch auch erkannt.«
    »Haben Sie sich seinen Ausweis zeigen lassen?« fragte Nicole grimmig.
    »Nein. Ich hielt es nicht für nötig…«
    »Aber Sie hielten es für nötig, nur auf dummes Gerede hin Zamorra zu holen, ja? Ich glaube, Sie ticken nicht mehr ganz richtig, mein Lieber. Sie dürfen mir jetzt den Gefallen tun und ein Taxi herbestellen, aber ein bißchen plötzlich. Andernfalls sorge ich dafür, daß Sie Ihren Job schneller los sind, als Sie sich dafür bedanken können.«
    Er starrte sie an wie ein Gespenst.
    »Nun los!« verlangte sie. »Ein Taxi, schnell…«
    Sie hätte ihn erwürgen können. Die Nachlässigkeit, sich den Ausweis nicht zeigen zu lassen, konnte vielleicht zu einer Katastrophe führen. Umsonst hatte Zamorra sich nicht entfernt, ohne Nicole Nachricht zu geben. Das paßte nicht zu ihm. Andererseits wunderte sie sich, daß er auf den Reporter hereingefallen war… immerhin mußte er ihn doch auch als Mercier erkannt haben. Denn mit Caulette hätte er sich kaum gestritten…
    Es war alles ein großes Durcheinander. Nicole war noch nicht in der Lage, die Fakten so zu ordnen, daß sich ein übersichtliches Bild ergab.
    Endlich reagierte der Mann und orderte ein Taxi. Nicole nickte. »Wenigstens etwas, das Sie können«, sagte sie giftig. »Ist Ihnen an diesem angeblichen Caulette noch irgend etwas aufgefallen? Vielleicht eine Bemerkung, die er machte, ein Hinweis auf das Fahrziel…?«
    »Nein, Mademoiselle. Bestimmt nicht. Schauen Sie, jeder macht doch einmal einen Fehler, und ich…«
    Sie winkte ab. »Deshalb habe ich Sie ja auch nicht erwürgt und Ihnen die Augen ausgekratzt. Ändern können wir jetzt ohnehin nichts mehr… hoffentlich stimmt mein Verdacht, oder Sie können sich gratulieren, eine kleine Katastrophe herbeigeführt zu haben…«
    Sie stürmte nach draußen. Wütend ballte sie die Fäuste. Sie merkte, daß sie überreagiert hatte. Aber dies war nicht der Moment, sich zu entschuldigen. Sie wartete auf das Taxi. Ein paar Minuten später tauchte ein Citroën CX vor dem Hotel auf. Nicole stieg ein.
    »Ich muß nach Le Donjon«, sagte sie.
    Der Fahrer hob die Brauen. »Jetzt, mitten in der Nacht? Sie sind ja lustig… da ist doch jetzt absolut nichts los. Le Donjon ist ein größeres Dorf, mehr nicht.«
    Nicole holte tief Luft — und zählte bis zehn. Es brachte nichts, aggressiv zu reagieren, nur weil sie übernervös war. Ihre Müdigkeit und die Sorge um Zamorra ließen sie anders reagieren als normal. Sie war sicher, daß das alles eine Falle für Zamorra gewesen war. Der Reporter hatte einfach keinen vernünftigen Grund, mitten in der Nacht hier aufzutauchen. Da steckte etwas anderes dahinter.
    »Bitte, fahren Sie«, sagte Nicole. Sie legte einen großen Geldschein auf die Mittelkonsole, um dem Fahrer zu zeigen, daß sie es ernst meinte. »Wenn Sie so schnell fahren, wie es eben nur möglich ist, bekommen Sie den doppelten Tarif. Radarfallen stehen ja hoffentlich nicht auf der Straße.«
    »Nicht nachts«, schmunzelte der Fahrer. »Na, dann wollen wir mal…«
    Der CX schoß vorwärts.
    »Ich werde Ihnen sagen, wohin Sie vor Le Donjon abbiegen müssen«, sagte Nicole. »Und ich bitte Sie, sich über nichts zu wundern. Über gar nichts…«
    »Beim doppelten Tarif gewöhne ich mir das Wundern verflixt schnell ab, Mademoiselle«, grinste der Fahrer. Sobald er aus Roanne heraus war, trat er das Gaspedal tief durch. Der CX gewann rasch an Tempo.
    Hoffentlich ist es nicht zu spät, dachte Nicole. Eine seltsame Beklommenheit hatte sie erfaßt. Obgleich es eigentlich außer ein paar Eigentümlichkeiten kein konkretes Verdachtsmoment gab, war sie sicher, daß Zamorra in Lebensgefahr schwebte.
    Dafür hatte sie so etwas wie einen sechsten Sinn.
    Und sie mußte mehr als eine halbe Stunde aufholen. Auf einer Strecke von rund fünfzig Kilometern selbst mit einem Rennwagen absolut unmöglich…
    ***
    Mercier verpaßte den Feldweg glatt. Er hatte sich in eine Art Temporausch hineingesteigert. Der schnelle BMW verleitete mit seinem bärenstarken Motor zum Rasen, und erst, als die ersten Häuser von Le Donjon wie geduckte Schatten am Straßenrand auftauchten, begriff Mercier, daß er vorbeigefahren war. Er trat auf die Bremse. Der Wagenbug tauchte ein, als die Bremsen mit aller Kraft packten und den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher