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040 - Die Tochter der Hexe

040 - Die Tochter der Hexe

Titel: 040 - Die Tochter der Hexe
Autoren: Hugh Walker
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meinen Sie zu dem, was Herr Fischer da sagt?“ Er wandte sich an das Mädchen.
    Ich sah, daß sie ziemlich blaß war. „Ich meine, Sie sollten es ernst nehmen“, sagte sie leise. „Ich glaube, daß Mutter große Furcht hatte und deshalb den Ort verließ.“
    „Wovor wissen Sie nicht zufällig, oder?“ fragte er sie mit spöttischem Unterton.
    „Sie sprach nie darüber, ich hatte nur manchmal das Gefühl. Es fing an nach Wilmas Tod.“
    „Hatte sie Feinde?“ fragte Pesch.
    Gisela zuckte die Schultern. „Sie sollten mich fragen, ob sie Freunde hatte.“
    „Hatte sie Freunde?“ fragte er ungeduldig.
    „Nein, nicht mehr. Ich weiß, daß es früher anders war, als wir noch Kinder waren.“
    Er musterte uns mit einem Blick, der deutlich kundtat, wie wenig ihm das alles gefiel. „Na ja“, meinte er dann. „In einem Punkt haben Sie recht. Wenn die alte Dame nicht bald auftaucht, muß ich doch hin. Ich kann es auch gleich tun. Aber Sie bleiben mir aus der Schußlinie. Sie machen mir die Sache verdammt schwer. Wir hätten die Blonde geschnappt, wenn Sie nicht daher gelatscht wären. Und das ist eine Spur, die mir verdammt besser gefällt. Eines Tages werde ich mir für Sie ein Motiv zusammenbasteln!“ Und mit dieser Drohung ging er.
     

     
    Wir atmeten auf.
    Wir schlossen die Türen ab, und ich ließ Gisela keine Zeit, ihren schmerzlichen Gedanken nachzuhängen. Ebenso wie ich zweifelte sie nicht daran, daß Wilma die Wahrheit gesagt hatte.
    Wir mußten das Buch finden, von dem sie gesprochen hatte. Die Zeit drängte. Der Laden war vollgestopft mit Bänden. Irgendwo in dieser Fülle mußte es sein, vielleicht tief in den Regalen hinter den Büchern verborgen, oder in einer geheimen Lade. Und wir wußten nicht einmal, wie es aussah.
    Wir gingen systematisch vor. Wir räumten alles um. Wir nahmen jedes einzelne Buch in die Hand und warfen einen Blick hinein, selbst jene, deren Titel uns bekannt waren. Es mochte Tarnung sein. Nach den Regalen im Laden kamen jene des Lagers an die Reihe; dann die Tische, die Kisten und Kartons, die zum Teil noch ungeöffnet im Lager standen. Aber da hatten wir bereits wenig Hoffnung. Hatte die alte Dame es doch nicht im Geschäft versteckt? Irrte Wilma?
    Aber in der Wohnung hatte sie selbst bereits gesucht und nichts gefunden.
    Müde und verzweifelt saßen wir auf dem Ladentisch. Es war fast drei Uhr morgens. Ich konnte es nicht ertragen, wie Gisela sich langsam von ihrem Schmerz überwältigen ließ. Natürlich konnte ich sie nicht ewig ablenken. Früher oder später mußte es ihr zu Bewußtsein kommen. Eine Weile versuchte ich sie zu trösten, sah aber ein, wie sinnlos das war. Ich konnte sie auch nicht herausreißen aus ihrem Jammer. Sie war zu müde und zu resigniert. Sie reagierte gar nicht auf meine Versuche, und wenn ich sie in die Arme nahm, wurde ihr Weinen nur heftiger. Aber sie wollte auch nicht fort.
    So begann ich mangels einer besseren Ablenkung erneut zu suchen. Gesegnet sei meine Gründlichkeit. Ich fand einen Schlüssel und erinnerte mich, daß er mir auch bereits bei der ersten Durchsuchung aufgefallen war. Er schien zu einer Kammertür zu gehören.
    Ich verließ das Lager durch den Hinterausgang. Auf dem dunklen Korridor befanden sich mehrere Türen. Eine führte zur Toilette. Der Schlüssel paßte nicht. Aber die Schlösser der nächstliegenden Türen glichen einander. Das konnten nicht lauter Toiletten sein. Ich probierte den Schlüssel und hatte schon bei der zweiten Tür Glück. Ich öffnete und starrte in eine dunkle Rumpelkammer, angestopft mit Besen, Eimer, einem kleinen Staubsauger, einer Werkzeugkiste und allerlei Zeug, das in dem spärlichen Licht nicht genau auszumachen war.
    Aber etwas anderes erregte meine Aufmerksamkeit, an einem Haken hingen ein Mantel und eine Tasche. Ich nahm die Tasche, eine größere Damenhandtasche, öffnete sie und sah, daß sie ziemlich vollgestopft war. Ich nahm sie mit und schloß die Kammer. Irgendwo im Geschäft hatte ich eine Taschenlampe gesehen. Damit konnte ich später die Kammer untersuchen.
    Am Ladentisch, neben Gisela, begann ich die Tasche auszuleeren. Sie enthielt offenbar die persönlichen Dinge von Frau Kurtz, die sie immer bei sich trug.
    Und dann lag es vor mir, ein kleines Buch mit weichem roten Umschlag.
    Ich hörte, wie Gisela zu schluchzen aufhörte. Sie starrte mit großen, verheulten Augen auf den Tisch.
    „Du hast es gefunden“, flüsterte sie fast andächtig.
    „Es sieht so aus“, antwortete
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