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04 - Wohin die Zeit uns treibt

Titel: 04 - Wohin die Zeit uns treibt
Autoren: Nora Roberts
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Ich suche Sie schon seit zwei Tagen." Und er war alles andere, als sie erwartet hätte. Wenn sie nicht so verzweifelt wäre, hätte sie schon längst die Flucht ergriffen.
    Seine Kleider waren schmutzig, er roch nach Whisky und sah aus wie ein Mann, der einem das Fell über die Ohren ziehen konnte. Sie holte tief Luft und entschied sich, ihr Glück trotzdem zu versuchen.
    „Darf ich mich setzen?"
    Mit einem Schulterzucken schob Terence mit dem Fuß einen Stuhl vom Tisch. Eine Agentin hätte sich ihm anders genähert.
    Sie umklammerte die Stuhllehne und fragte sich, warum ihr Vater glaubte, ein grober Trunkenbold könne helfen. Aber ihre Beine waren nicht so fest, wie sie sein sollten, also setzte sie sich. „Ich muss dringend mit Ihnen sprechen. Privat."
    Terence sah an ihr vorbei in die Cantina. Sie war jetzt voll und wurde jede Minute lauter. „Warum erzählen Sie mir nicht, wer Sie sind, woher Sie wussten, dass ich in Merida bin, und was zum Teufel Sie wollen?"
    Sie presste die Finger aneinander. „Ich bin Dr.
    Fitzpatrick. Dr. Gillian Fitzpatrick. Charles Forrester hat mir gesagt, wo Sie sind, und ich will, dass Sie das Leben meines Bruders retten."

    Terence sah sie an, als er die Flasche hob. Seine Stimme klang ruhig und ausdruckslos. „Charlie ist tot."
    „Ich weiß." Sie glaubte, sie hätte ganz kurz etwas erkennen können, ein Aufblitzen von Menschlichkeit in seinem Blick. Jetzt war es weg, aber Gillian ging darauf ein. „Es tut mir leid. Wie ich verstanden habe, standen Sie sich sehr nah."
    „Wieso meinen Sie eigentlich, ich glaube Ihnen, dass Charlie Ihnen gesagt hat, wo Sie mich finden können?"
    Gillian wischte sich ihre feuchten Handflächen an der Hose ab, bevor sie in den Beutel griff.
    Schweigend reichte sie Terence einen versiegelten Umschlag.
    Charlie hatte den Code benutzt, in dem sie sich gegenseitig während ihres letzten Auftrags informiert hatten. Wie immer war die Nachricht kurz.
    „Hör der Lady zu. Lass die Organisation zunächst draußen. Setz Dich mit mir in Verbindung."
    In Verbindung kann ich mich mit dir nicht mehr setzen, dachte Terence, als er den Brief wieder zusammenfaltete. Mit dem Gefühl, dass Charlie, obwohl tot, immer noch seine Bewegungen steuerte, blickte er die Frau wieder an. „Erklären Sie."
    „Mr. Forrester war ein Freund meines Vaters. Ich selbst kannte ihn nicht gut. Ich war viel weg.
    Ungefähr vor fünfzehn Jahren haben sie zusammen an einem Projekt namens Horizon gearbeitet."
    Terence schob die Flasche zur Seite. Urlaub oder nicht, er konnte es sich nicht erlauben, seine Sinne noch weiter zu betäuben. „Wie ist der Name Ihres Vaters?"

    „Sean. Dr. Sean Brady Fitzpatrick."
    Er kannte den Namen. Er kannte das Projekt. Vor fünfzehn Jahren waren einige der führenden Forscher und Wissenschaftler beauftragt worden, ein Serum zu entwickeln, das den Menschen immunisiert gegen Verstrahlung - einer der hässlichsten Effekte eines Nuklearkrieges. Dem ISS
    unterstand die Überwachung und Durchführung des Projektes. Es hatte Hunderte von Millionen gekostet und sich als riesiger Reinfall erwiesen.
    „Sie waren noch ein Kind."
    „Ich war zwölf." Sie schreckte nervös zusammen, als es aus der Küche klirrte. „Natürlich, damals wusste ich nichts über die Arbeit, aber später ..."
    Der Geruch von Zwiebeln und Alkohol war übermächtig. Sie wollte aufstehen, wollte am Strand entlanggehen, wo die Luft warm und klar war. Doch sie zwang sich, fortzufahren. „Das Projekt wurde eingestellt, aber mein Vater hat daran
    weitergearbeitet. Er hatte andere Verpflichtungen, doch wann immer es möglich war, nahm er die Experimente wieder auf."
    „Warum? Dafür gab's doch keine Mittel mehr."
    „Mein Vater glaubte an Horizon. Das Konzept hat ihn fasziniert, nicht als Rechtfertigung, sondern als Antwort auf die Verrücktheit, von deren Existenz wir alle wissen. Und was das Geld angeht - nun, mein Vater kann es sich leisten, dem nachzugehen, woran er glaubt."
    Nicht nur ein Wissenschaftler, sondern ein reicher Wissenschaftler, dachte Terence, während er sie unter der Krempe seines Hutes hervor musterte. Sie sah aus, als sei sie in eine saubere Klosterschule in der Schweiz gegangen. Es war die Körperhaltung, die das normalerweise verriet. Niemand lehrte eine schickliche Körperhaltung besser als eine Nonne.
    „Fahren Sie fort."
    „Wie auch immer, mein Vater hat alle seine Aufzeichnungen und Ergebnisse vor fünf Jahren an meinen Bruder übergeben, nachdem er seinen
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