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0392 - Der Rachedolch

0392 - Der Rachedolch

Titel: 0392 - Der Rachedolch
Autoren: Werner Kurt Giesa
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einen Besuch abzustatten. Dafür, daß sie gewissermaßen Nachbarn waren, sahen sie sich viel zu selten. Zamorra fand kaum einmal Zeit, einen Abstecher dorthin zu machen und zu sehen, wie sich die Lage weiter entwickelte. Der eigenwillige Earl, von manchen Zeitgenosen als schrullig verschrien, nahm in seinem Castle Gespenster aus aller Herren Länder auf, die von ihren eigentlichen Spukplätzen vertrieben wurden, aber dennoch noch keine Erlösung finden konnten. Obgleich ein Gespenst in einem englischen Schloß eigentlich eine Attraktion darstellte, die manchmal sogar künstlich den Touristenströmen vorgegaukelt wurde, kam so mancher Mitmensch mit seinem Mitgespenst nicht recht zurecht. Es ist eben nicht jedermanns Sache, zu mitternächtlicher Stunde von einem Geist Besuch zu erhalten… Gespenster, die von Geisterjägern mit radikalen magischen Mitteln vertrieben wurde, fanden hier Aufnahme. Der Earl konnte mit ihnen leben.
    Der Druide Gryf hatte sich ebenfalls verabschiedet. Er war nach Caermardhin zurückgekehrt. Dort wollte er versuchen, die Spur Sara Moons aufzunehmen. Zamorra hielt von diesem Vorhaben nichts. Er war sicher, daß Sara ihre Spuren sorgfältig verwischt hatte und daß sie unmöglich aufzuspüren war. Es hatte ja schon Monate und zahlreiche Fehlschläge gebraucht, um sie überhaupt endlich in Ash’Cant aufzuspüren. Sie würde sich jetzt kaum schlechter verbergen. Zamorra hielt Gryfs Versuch daher für vergebliche Mühe. Er spielte dafür mit dem Gedanken, Fallen zu konstruieren, in denen die schwarzmagische Druidin sich zwangsläufig verfangen mußte, wenn sie einen Racheschlag durchführte. Doch auch das ging nicht von einer Stunde auf die andere. Bis dahin hieß es, so aufmerksam wie eben möglich zu sein.
    Zamorra lenkte den Wagen. Er genoß das seidenweiche Schnurren des Zwölfzylinder-Motors, dessen wirkliche Qualitäten bei englischen Geschwindigkeitsbegrenzungen überhaupt nicht richtig ausgespielt werden konnte. Das einzige, was den Parapsychologen ein wenig störte, war die Rechtslenkung und das Linksfahren auf englischen Straßen. Aber daran konnte man sich gewöhnen, wenn man erst einmal ein paar Stunden unterwegs war. Zamorra spielte angesichts der Laufruhe und der bulligen Kraft des Wagens mit dem Gedanken, auch in Frankreich auf einen Zwölfzylinder umzusteigen. Sein Mercedes wartete ohnehin immer noch auf einen neuen Motor, weil Zamorra sich nicht so recht entscheiden konnte - vielleicht sollte er, statt eine neue Maschine als Ersatz für die durch den Poltergeist zerstörte gleich einen neuen Wagen kaufen. An Nicoles BMW-Coupé hatte er Gefallen gefunden, und BMW baute da auch eine erstklassige Zwölfzylinder-Limousine…
    Er wurde aus seinen Gedanken aufgeschreckt, als er das Blaulicht im Rückspiegel sah. Ein Polizeifahrzeug holte hinter ihm auf, setzte zum Überholen an und zog vorbei. Als der Einsatzwagen wieder vor Zamorra einscherte, trat dessen Fahrer auf die Bremse, und hinter der Heckscheibe leuchtete das Signal »Follow Me« auf.
    »Was soll das denn schon wieder?« wunderte Zamorra sich. »Der meint wohl tatsächlich uns.« Er warf einen Blick auf den Tacho. Der zeigte die erlaubten 112 Meilen an - vielleicht ein wenig mehr, aber nicht so viel, daß es eine polizeiliche Reaktion erforderlich machte.
    »Bist du zu schnell gefahren?« fragte Nicole auch prompt, die selbst gern das Gaspedal ans Bodenblech nagelte. Zamorra schüttelte den Kopf. Es wäre zwar möglich gewesen, daß er bei seinen Zwölfzylinder-Träumen ein wenig zu schnell geworden wäre - aber er wußte, daß er immer wieder die Tachoanzeige kontrolliert hatte. So schnell verfiel er dem Geschwindigkeitsrausch nicht mehr, schon gar nicht auf schlechten, rumpeligen Autobahnen wie dieser. Obgleich er mit Begeisterung fuhr, war er im Laufe der Jahre ruhiger geworden.
    »Es muß etwas anderes sein«, sagte er. »Aber - was?«
    Der Polizeiwagen vor ihm verlangsamte sein Tempo weiter und scherte auf einen Parkplatz aus. Andere Wagen zogen mit erheblichem Tempo an dem nun ebenfalls abbiegenden Jaguar vorbei. Zamorra registrierte, daß sich außer dem Polizeifahrzeug und dem Jaguar kein anderer Wagen auf dem Parkplatz befand.
    Er stoppte ein paar Meter hinter dem Patrol Car, ließ den Motor aber laufen. Vorn stieg der Fahrer aus und kam im Schlenderschritt auf den Jaguar zu. Zamorra drückte auf den Schalter; die Fensterscheibe glitt geräuschlos nach unten.
    »Guten Tag, Sir«, begrüßte der Polizist ihn mit
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