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0384 - Skylla, die Menschenschlange

0384 - Skylla, die Menschenschlange

Titel: 0384 - Skylla, die Menschenschlange
Autoren: Jason Dark
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liegen.
    Mary Stallock, das Mädchen aus London, war tot!
    »Bonzo!«
    Ihr Ruf klang wie das Krächzen eines Raben. Der stumme Diener setzte sich sofort in Bewegung. Wie einst der Graf Dracula aus den düsteren Winkeln seines Schlosses erschienen war, so kam auch Bonzo herbei. Seine dunkle Kleidung paßte sich den Gläsern der Brille an, und er sah den ausgestreckten Finger der Marquesa, dessen Spitze auf die über dem Tisch liegende Leiche deutete.
    Bonzo faßte zu. Zunächst zog er das Messer aus dem Rücken, dann hob er die Tote hoch, als wäre sie leicht wie eine Feder. Mit einer lässigen Bewegung schleuderte er sie über die Schulter.
    »Du gehst vor!«
    Bonzo nickte. Er kannte den Weg, er kannte die genauen Abläufe.
    Schließlich war es das sechste Opfer der Gräfin, das er transportieren mußte.
    Die Marquesa folgte ihm. In ihrem Gesicht zuckte es. Der Triumph zeichnete ihre Züge. Sie hatte es endlich geschafft. Lange genug hatte sie ja darauf hingearbeitet, nun war es soweit. Jetzt konnte Skylla endlich erwachen und auch ihr einen Gefallen tun.
    Bonzo wußte, wohin er zu gehen hatte. Sie mußten ans Meer, zu den Klippen. Sie hätten den normalen Weg durch den Turm nehmen können, der wäre aber mit der Last auf der Schulter zu beschwerlich.
    Die Marquesa hatte ihn vor einigen Jahren einbauen lassen. Ein kleines Vermögen hatte sie das gekostet, doch bei ihr spielte Geld keine Rolle.
    Natürlich war der Aufzug nicht einzusehen. Eine Wand war davor, die sich per Knopfdruck zur Seite schieben ließ.
    Lautlos glitt die Wand weg.
    Die Stahltür eines Lifts lag vor den Augen der beiden Personen und wurde von Bonzo aufgezogen.
    Er betrat mit seiner Last als erster den Lift. Die Frau folgte ihm, sah den Rücken der Toten und auch das Blut, das die Seide des Kleides getränkt hatte.
    Die Tür schwappte ins Schloß. Die Marquesa drückte einen Knopf, ein kurzer Ruck, dann fuhr der Lift an. Auch die untere Aufzugtür war nicht zu sehen. Blendmauerwerk verdeckte sie.
    Die beiden verließen die Kabine.
    Es war düster hier unten. Durch lukenartige Fensteröffnungen fiel kaum noch Licht. Sie waren genau umrandete graue Schatten, die sich wie viereckige Glotzaugen abzeichneten.
    Rechts davon endete die normale Wendeltreppe. Man mußte schon Kondition mitbringen, um all die Stufen zu schaffen, die bis hoch zur Terrasse und zur Brüstung führten.
    Der Turm war mit einer dicken Holztür gesichert. Sie war verschlossen, aber die Frau besaß den Schlüssel. Sie schloß auf und zog die Tür auf. An die knarrenden und schleifenden Geräusche hatte sie sich längst gewöhnt, und auch Bonzo zuckte mit keiner Wimper.
    Der Weg war frei.
    Wieder ließ die Frau ihren Diener vorgehen, der die Leiche ins Freie schleppte.
    Der Strand war nicht sehr breit. Die Wälle türmten sich die aus dem Wasser schauenden Felsen in die Höhe. Sie besaßen runde Buckel und wirkten wie auf der Lauer liegende vorsintflutliche Ungeheuer. Zwischen ihnen schäumte und gurgelte das ablaufende Wasser, wurde zu Strudeln und Trichtern verengt, bis die letzten Wellen an dem schmalen, hellen Sandstreifen ausrollten.
    Bonzo hatte dafür gesorgt, daß man über Stege, die einzelne Felsbuckel miteinander verbanden, bis auf das Meer hinausgehenkonnte und einen weiten Blick bis zur nächsten Insel bekam, die der Küste vorgelagert war.
    »Geh!« sagte die Frau.
    Er schritt vor. Seine Füße sanken in dem hellen, sehr feinen Sand ein. Als die auslaufenden Wellen seine Fußspitzen berührten, drehte er nach links ab und wandte sich dem ersten Felsen zu, den er erklettern mußte, denn genau dort begann der Steg.
    Für Bonzo eine Kleinigkeit. Er lief zwei Schritte, blieb stehen und schaute sich nach der Marquesa um, die ihm folgte. Sie hatte etwasmehr Mühe, schließlich war sie einige Jahre älter, doch helfen lassenwollte sie sich nicht.
    »Geh schon!«
    Die Dunkelheit hatte den letzten Rest des Tages vollends abgelöst.
    Es lag eine besondere Stimmung über der Küste. Ein Spiel aus den grauen Schatten der Nacht, in das als Farbtupfer das helle Weiß der quirlenden Wellen und Strudel hineinglitt. Die schmatzenden Geräusche des Wassers begleiteten die beiden Personen, und links von ihnen, wo die Felsen zu einer Trutzmauer hochwuchsen, schäumte das Meer in langen Streifen gegen den natürlichen Widerstand.
    Die gebrochenen Wellen wurden in die Höhe geschleudert und bildeten Gischtfontänen, die wie lange Schleier wieder zurückfielen und sich mit dem anderen Wasser
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