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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht
Autoren: Elizabeth Hoyt
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genommen. „Es tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe."
    „Oh nein! Nein, du hast mich nicht gestört. Das wollte ich damit nicht sagen."
    Rebecca seufzte im Stillen und setzte sich ihrem Bruder gegenüber. Zu gerne würde sie ihn fragen, wo er gestern Abend gewesen war - oder den Abend zuvor -, aber Schüchternheit und eine gewisse Befangenheit ließen sie zögern, und so fragte sie ihn nicht. Sie goss sich Tee ein und überlegte, mit welchem Thema sich ein Gespräch beginnen ließe, was morgens nie ganz einfach war. „Was hast du heute vor?
    Geschäfte mit Mr. Kitcher? Ich ... ich dachte mir, wenn nicht, könnten wir vielleicht ein bisschen in London herumfahren. Ich habe gehört, dass St. Paul's ..."
    „Ach, verdammt!" Samuel legte sein Messer geräuschvoll ab. „Fast hätte ich vergessen, es dir zu sagen."
    Abermals seufzte Rebecca still. Gut, es war unwahrscheinlich gewesen, da ihr Bruder meist beschäftigt war, aber dennoch hatte sie gehofft, dass er heute Nachmittag etwas Zeit mit ihr verbringen könnte. „Mir was zu sagen?"
    „Wir sind bei unserer Nachbarin Lady Emeline Gordon zum Tee eingeladen."

    „Was?" Unwillkürlich sah Rebecca aus dem Fenster, durch das man das vornehme Stadthaus sehen konnte, welches gleich neben dem ihren lag. Ein- oder zweimal hatte sie einen kurzen Blick auf Ihre Ladyschaft erhascht und war jedes Mal von deren Eleganz beeindruckt gewesen. „Aber ... wie das? Ich habe gar keine Einladung in der Post gesehen."
    „Ich bin ihr gestern bei einem Salon begegnet."
    „Wirklich?", wunderte sich Rebecca. „Sie muss sehr nett sein, uns einzuladen, obwohl sie uns kaum kennt." Und was sollte sie nur tragen, wenn sie von einer adeligen Dame empfangen wurde?
    Samuel spielte mit seinem Messer herum, und wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie annehmen, dass ihr Bruder sich unwohl fühlte. „Um ganz ehrlich zu sein, so habe ich sie gebeten, dich zu einigen Veranstaltungen zu begleiten."
    „Wirklich?", fragte sie erneut. „Ich dachte, du hältst nichts von Bällen und Geselligkeiten." Natürlich freute sie sich, dass er an sie gedacht hatte, aber dieses plötzliche Interesse an ihrem Zeitvertreib kam ihr ein wenig seltsam vor.
    „Stimmt, aber wenn wir schon mal in London sind ..." Samuel trank seinen Kaffee und ließ den Satz unvollendet. „Ich dachte mir, du würdest vielleicht gern ein bisschen herumkommen", meinte er dann. „Etwas von der Stadt sehen, Leute kennenlernen. Du bist ja erst neunzehn und langweilst dich wahrscheinlich zu Tode, den ganzen Tag hier im Haus und nur mich zur Gesellschaft."
    Nun, das stimmte nicht so ganz, dachte Rebecca, während sie überlegte, was sie erwidern sollte. Vielmehr hatte sie das Gefühl, in diesem Haus nicht eine Minute allein zu sein. Sie war umgeben von Menschen - oder vielmehr von Dienstboten. Dutzende schien es in diesem Stadthaus zu geben, das Samuel gemietet hatte. Immer wenn sie glaubte, allen einmal begegnet zu sein, tauchte plötzlich wie aus dem Nichts noch ein Zimmermädchen oder ein Stiefeljunge auf, denen sie noch nie zuvor begegnet war. Jetzt zum Beispiel standen auch schon wieder zwei diskrete Diener an der Wand bereit, um ihnen aufzuwarten. Wenn sie sich recht erinnerte, hieß der eine Travers und der andere ... ach verflixt! Den Namen des anderen hatte sie völlig vergessen, obwohl sie sich ganz sicher war, ihn schon einmal gesehen zu haben. Er hatte rabenschwarzes Haar und unglaublich grüne Augen. Was natürlich nicht hieß, dass man die Augen eines Dieners überhaupt hätte bemerken dürfen.
    Rebecca stocherte in ihrem mittlerweile kalten Ei herum. Zu Hause in Boston gab es nur Elsie und die Köchin. Als Kind hatte sie meistens mit der Köchin und der alten Dienerin in der Küche zu Abend gegessen, bis Onkel Thomas sie für alt genug befunden hatte und sie wie eine Dame im Speisezimmer bei Tisch sitzen durfte. Ihr Onkel war ein gütiger Mensch gewesen, und sie hatte ihn wirklich sehr gemocht, aber mit ihm zu dinieren war recht anstrengend gewesen. Verglichen mit dem Klatsch und Tratsch, den sie bei Elsie und der Köchin zu hören bekam, waren die Gespräche mit ihrem Onkel furchtbar langweilig gewesen. Als Samuel dann nach dem Tod von Onkel Thomas zu ihr gezogen war, wurden die Tischgespräche zwar etwas anregender, aber nicht sehr. Wenn Samuel wollte, konnte er sehr geistreich sein, doch meist schien er in Gedanken bei irgendwelchen geschäftlichen Angelegenheiten.
    „Wärst du einverstanden?" Samuels Frage riss
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