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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht
Autoren: Elizabeth Hoyt
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ihrer Linken in einem Sesselchen, und zwar so akkurat auf der Kante, dass zwischen ihrem kerzengeraden Rücken und der Lehne zwei Handbreit Luft verblieben. Die alte Dame neigte bedächtig den Kopf. Mit einem etwas verkniffenen Zug um den Mund musterte sie den Saum von Miss Hartleys Kleid.
    Mr. Hartley lächelte, und um seine Lippen huschte wieder jener belustigte Zug, bevor er sich über die Hand ihrer Tante beugte. „Sehr erfreut. Wie geht es Ihnen, Ma'am?"
    „Ausgezeichnet, besten Dank, Monsieur Hartley", erwiderte die Tante spitz.
    Mr. Hartley und seine Schwester setzten sich - das Mädchen auf das gelb-weiß gestreifte Damastsofa, ihr Bruder in den orange gepolsterten Lehnstuhl. Emeline nahm in einem Sessel Platz und nickte Crabs zu, dem Butler, der sich sogleich entfernte, um den Tee zu ordern.
    „Sie sagten gestern, dass Sie geschäftlich in London wären, Mr. Hartley. Welche Art von Geschäften?", erkundigte sie sich bei ihrem Gast.
    Mr. Hartley schob die Schöße seines braunen Rocks auseinander und legte das eine Bein mit dem Knöchel auf das Knie des anderen, ehe er ihr antwortete. „Ich handele in Boston mit Im-und Exporten."

    „Oh", murmelte Emeline. Es schien Mr. Hartley überhaupt nicht verlegen zu machen, dass er im Handel tätig war. Aber was war von einem Mann aus den Kolonien, der lederne Beinlinge trug, auch schon zu erwarten? Sie senkte ihren Blick auf sein überschlagenes Bein. Das weiche Leder schmiegte sich eng an und offenbarte eine wohlgestaltete männliche Wade. Sie wandte die Augen ab.
    „Ich hoffe hier in London auf ein Treffen mit Mr. Josiah Wedg-wood", fuhr Mr.
    Hartley fort. „Vielleicht haben Sie ja schon von ihm gehört. Er betreibt diese fantastische neue Fabrik für Tonwaren."
    „Tonwaren." Tante Cristelle brachte ihre Lorgnette zum Einsatz - eine affektierte Geste, die sie immer dann anwandte, wenn sie jemanden einzuschüchtern wünschte. Erst beäugte sie Mr. Hartley, dann richtete sie ihr Augenmerk wieder auf Miss Hart-leys Rocksäume.
    Mr. Hartley ließ sich indes nicht einschüchtern. Sichtlich unbeeindruckt bedachte er erst Emelines Tante mit einem Lächeln, dann Emeline. „Tonwaren, ganz genau.
    Unglaublich, wie groß der Bedarf in den Kolonien ist. Meine Firma importiert bereits Steingut in großen Mengen, aber ich glaube, dass es auch einen Markt für feinere Waren gäbe - Geschirr, das auch eine elegante Dame auf ihrem Tisch stehen haben wollte. Mr. Wedgwood hat ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Steinzeug von ungeahnter Feinheit herstellen lässt. Ich hoffe ihn davon zu überzeugen, dass Hartley Importers der beste Partner ist, um sein Keramikgeschirr auf den amerikanischen Markt zu bringen."
    Emeline hob die Brauen und musste sich eingestehen, dass sie das ganz gegen ihren Willen interessant fand. „Sie möchten sein
    Geschirr in den Kolonien vertreiben?"
    „Nein, nicht direkt vertreiben. Ich werde es nur ankaufen und dann auf der anderen Seite des Atlantiks gleich wieder verkaufen. Allerdings hoffe ich, von ihm die Exklusivrechte zur Vermarktung zu bekommen."
    „Sie sind ehrgeizig, Mr. Hartley", stellte Tante Cristelle fest. Es klang nicht anerkennend.
    Mr. Hartley neigte das Haupt vor ihr, schien sich von der Missbilligung der alten Dame aber nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Widerwillig musste Emeline sich eingestehen, dass sie ihn seiner Selbstbeherrschung wegen bewunderte. Seine Fremdheit hatte wenig damit zu tun, dass er Amerikaner war. Nein, es war etwas anderes. Die Gentlemen ihrer Bekanntschaft betrieben keinen Handel und würden sich zudem hüten, in Gegenwart von Damen so unverfroren von ihren Geschäften zu sprechen. Allerdings war es eine ganz neue Erfahrung und sehr interessant zudem, von einem Mann als gleichwertiger Gesprächspartner gesehen zu werden. Allerdings war sie sich auch bewusst, dass Mr. Hartley nicht zu ihrer Welt gehörte und auch niemals dazugehören würde.
    Miss Hartley räusperte sich. „Mein Bruder sagte mir, dass Sie sich freundlicherweise bereit gefunden haben, mich in Gesellschaft zu begleiten, Ma'am."
    Die Ankunft dreier Hausmädchen mit gut gedeckten Tabletts hielt Emeline davon ab, eine angemessene Erwiderung zu geben - eine Retoure, die auf den Bruder gemünzt war, die Schwester aber nicht brüskierte. Er hatte ihre Zustimmung ja praktisch vorausgesetzt, nicht wahr? Das konnte sie ihm nicht durchgehen lassen. Während die Mädchen sich zu schaffen machten, fiel ihr auf, dass Mr. Hartley sie ganz unverhohlen
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