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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht
Autoren: Elizabeth Hoyt
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anschaute. Sie hob eine Braue und schaute herausfordernd zurück, doch er hob nur seinerseits eine Braue und erwiderte ihren Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Flirtete dieser dreiste Mann etwa mit ihr? Wusste er denn nicht, dass sie für ihn unerreichbar war?
    Als gedeckt war und die Mädchen sich entfernt hatten, begann Emeline den Tee einzugießen und hielt sich dabei so kerzengerade, dass sie sogar ihre Tante in den Schatten stellte. „Ich erwäge es, Miss Hartley, ich erwäge es." Mit einem milden Lächeln nahm sie ihren Worten die Spitze. „Vielleicht könnten Sie ja so gut sein, mir zu erzählen, weshalb Sie ..."
    Sie wurde von einem wahren Wirbelwind unterbrochen. Die Wohnzimmertür flog auf und stieß krachend gegen die Wand, wobei sie den bereits vorhandenen Dellen eine weitere hinzufügte. Ein Gewirr aus Armen und Beinen stürzte sich auf sie.
    Emeline brachte die heiße Teekanne mit der Leichtigkeit langer Übung in Sicherheit.
    „M'mam! M'man!", schnaufte der kleine Kobold außer Atem. Die blonden Locken ließen ihn wie einen Engel aussehen, aber der Eindruck täuschte. „Die Köchin hat Rosinenbrötchen gebacken. Dürfte ich eins haben?"
    Emeline holte tief Luft und wollte gerade zu einem Tadel ansetzen, als die Tante ihr zuvorkam. „Mais oui, mon chou! Hier, nimm dir einen Teller. Tante Cristelle sucht dir die leckersten aus."
    Emeline räusperte sich, und sowohl der Junge als auch die Tante schauten sie schuldbewusst an. Vielsagend lächelte sie ihren Sohn an. „Daniel, würdest du bitte so gut sein, das Brötchen wegzulegen, das du in deiner Hand versteckt hältst, und dich vor unseren Gästen verbeugen?"
    Daniel gab seine schon etwas ramponierte Beute preis und wischte sich mit sichtlichem Bedauern die Hand an der Hose ab. Abermals holte Emeline tief Luft, enthielt sich aber jeden Kommentars. Immer schön eins nach dem anderen. Sie wandte sich den Hartleys zu. „Dürfte ich Ihnen meinen Sohn vorstellen: Daniel Gordon, Lord Eddings."
    Der kleine Kobold verbeugte sich so anmutig und korrekt, dass ihr der Busen mit mütterlichem Stolz schwoll. Was indes nicht hieß, dass Emeline sich ihre Freude anmerken ließ. Das hätte gerade noch gefehlt, den Jungen eitel werden zu lassen.
    Mr. Hartley streckte ihm die Hand in derselben Manier hin, wie er gestern sie begrüßt hatte. Ihr Sohn strahlte. Für gewöhnlich gaben erwachsene Männer achtjährigen Jungen nicht die Hand, selbst dann nicht, wenn diese von Stand waren.
    Mit ernster Miene griff Daniel nach der viel größeren, gebräunten Hand und schüttelte sie feierlich.
    „Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Mylord", sagte Mr. Hartley.

    Nachdem Daniel sich auch vor Miss Hartley verbeugt hatte, gab Emeline ihm ein in eine Serviette gewickeltes Rosinenbrötchen. „Und jetzt lauf, mein Lieber. Ich habe ..."
    „Aber Ihr Sohn kann doch gewiss bei uns bleiben, Ma'am", fiel Mr. Hartley ihr ins Wort.
    Emeline straffte die Schultern. Wie konnte dieser Mann es wagen, sich zwischen sie und ihren Sohn zu stellen? Gerade wollte sie ihn gehörig zurechtweisen, als sie seinem Blick begegnete. Wieder sah sie diese feinen Falten um seine Augen, doch diesmal nahm sie keine Belustigung bei ihm wahr, sondern leises Bedauern. Dabei kannte er ihren Sohn nicht einmal. Warum sollte ihm der Junge leidtun? Welche Anmaßung!
    „Bitte, M'man", bettelte Daniel.
    Was ihren Verdruss nur hätte befördern sollen - schließlich wusste der Junge ganz genau, dass es keinen Zweck hatte, sie anzubetteln, wenn sie einmal entschieden hatte -, doch stattdessen merkte sie, wie etwas in ihr dahinschmolz.
    „Na schön", gab sie sich geschlagen und fürchtete, dass sie wie eine grantige Alte klang, doch Daniel grinste nur vergnügt und machte es sich möglichst nahe bei Mr. Hartley in einem Sessel bequem, der viel zu groß für ihn war. Und dann lächelte Mr. Hartley sie an. Als sie in seine kaffeebraunen Augen schaute, stockte ihr der Atem, was für eine erfahrene Frau von Welt eine völlig unangemessene, nachgerade lächerliche Reaktion war.
    „Nun, wenn wir uns alle wieder beruhigt haben", meinte Tante Cristelle und zwinkerte Daniel zu, der aufgeregt in seinem Sessel herumzappelte, um die Aufmerksamkeit seiner Mutter zu erregen, „sollten wir vielleicht über Miss Hartleys Kleidung sprechen."
    Miss Hartley, die gerade einen Schluck Tee nahm, hätte sich fast verschluckt. „Ma'am?"
    Tante Cristelle nickte kurz. „Sie sind grässlich gekleidet."
    Mit ausgesuchter Sorgfalt
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