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0368 - Alptraumzeit

0368 - Alptraumzeit

Titel: 0368 - Alptraumzeit
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Du hättest dir das nur etwas eher überlegen können.«
    Sie winkte ab. »Ich kann dich Riesenbaby doch nicht allein mit den Känguruhs lassen. Du bringst es fertig und läßt dich auf einen Boxkampf mit so einem Biest ein, und anschließend steckt es dich in seinen Beutel. Hast du wenigstens etwas von der Agentur erfahren können?« wechselte sie das Thema.
    »Nichts. Weißt du, wenn die Jungs Stoff für einen Artikel brauchen, fragen sie einem Löcher in den Bauch. Aber wenn sie selber etwas von ihrem Wissen preisgeben sollen, spielen sie Auster und halten sich verschlossen.«
    »Vielleicht wissen sie selbst nicht mehr als das, was die Zeitung gebracht hat«, vermutete Nicole. »Die australischen Zeitungen haben vielleicht ausführlicher berichtet. Wir sollten uns ein paar von den Lokalblättern beschaffen, wenn wir vor Ort sind.«
    »Wir werden es uns einfacher machen«, sagte Zamorra. »Und werden diesen Sheriff befragen, den Mann, der Joany Lawrence, die Totgeglaubte, sah. Ich hoffe, daß er einigermaßen zugänglich ist.«
    Er lehnte sich zurück, während das Flugzeug noch über den Wolken dahinglitt. Vorn lief ein Filmprogramm; der Streifen konnte allerdings weder Zamorra noch Nicole begeistern. Einer der Fluggäste neben ihnen war bereits sanft eingeschlummert und sägte nun an einem Traumwald herum.
    »Was erwartest du, herauszufinden?« wollte Nicole nach einer Weile wissen.
    Zamorra zuckte mit den Schultern.
    »Es muß Magie im Spiel sein. Ich glaube, es ist größtenteils Schwarze Magie. Aber eben das will ich ja herausfinden. Ich lasse mich überraschen.«
    Er sah nach draußen, dann schloß er die Augen. Seine Hand berührte die Stelle, wo er unter dem Hemd das Amulett am Silberkettchen vor der Brust trug. Wie lange waren sie schon nicht mehr in Australien gewesen? Es war eine Ewigkeit her. Und in dem Gebiet, in welchem sich der rätselhafte Vorfall ereignet hatte, waren sie noch nie gewesen.
    Ohne es zu merken, schlief Zamorra ein. Er träumte von einer Frau mit blauschwarzem Haar, und er träumte von ungeheuerlichen Wesen, wie sie niemals auf der Erde existiert haben konnten, und doch waren sie da. Aber als er durch die Landung des Flugzeuges erwachte, konnte er sich an diese Traumwesen nur verschwommen erinnern, und je mehr Zeit verstrich, desto undeutlicher wurde das Traumgeschehen.
    Aber irgendwie fühlte er, daß es eine Bedeutung haben mußte…
    ***
    Langsam senkte sich die Sonne. Noch eine Stunde vielleicht, dann war es dunkel. Das Corroborree, die Tanzveranstaltung an geheimer, geheiligter Stätte, würde dann noch längst nicht beendet sein. Sie hatte am späten Nachmittag begonnen. Niemand, der nicht zu diesem Stamm, zu dieser Gruppe von Männern gehörte, durfte daran teilnehmen, weder als Tänzer, noch als Zuschauer. Uralte Ritualtänze, geheimnisvolle Darstellungen mythischer Wesen… bemalte Gestalten, tanzend zu Melodien, die kein Weißer zu begreifen imstande war.
    Old Nugger löste sich aus dem Kreis, zog sich zurück. Niemand hinderte ihn daran, niemand sprach ein Wort. Der Trommelschlag tönte weiter, die Tänzer gingen in den dargestellten Figuren auf.
    Old Nugger hatte Kraft geschöpft aus dem Tanz. Der hagere Alte glitt zwischen den Sträuchern hindurch, verschmolz förmlich mit ihnen. Die Bemalung seines Körpers ließ ihn eins werden mit der Umgebung. Niemand sah ihn mehr, als er davonglitt, ein Schatten unter Schatten, ein Baum unter Bäumen, eine Kreatur unter Kreaturen.
    Er war schnell. So schnell, wie niemand es ihm zugetraut hätte, der nicht wußte, woher Old Nugger seine Kraft nahm, wer und was er war. Es gab eine andere Heilige Stätte, die nur er kannte, einen Spukplatz, der seiner war. Nur er allein konnte hier Kräfte wirken lassen, die aus der Tiefe des Unterbewußten kam, aus der Tiefe der Vergangenheit und der Schöpfungsmythen, aus der Tiefe der Träume.
    Schon bald hatte der Mann diesen Platz erreicht.
    Er war eingestimmt durch das Corroborree. Er atmete die Aura dieses Platzes, er trank die Kraft, die für ihn darin wohnte. Und er versank in der Traumzeit.
    Die Traumzeit, die einst, jetzt und künftig war. Die in jedem einzelnen Ureinwohner Austaliens fortlebte, die keine rationale Erklärung fand. Einst, in fernster Vergangenheit, war in der Traumzeit die Welt geschaffen worden, und mythische Wesen hatten sie bevölkert und ihre Abdrücke hinterlassen, die sich heute als Pflanzen, Landschaften, Spukplätze und Lebewesen manifestierten. Dann waren die
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