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0366 - Er kam aus der Tiefe

0366 - Er kam aus der Tiefe

Titel: 0366 - Er kam aus der Tiefe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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brachten ihr kein Essen oder Trinkwasser, sie kamen auch nicht, um sie wieder in die Freiheit zu entlassen.
    Sie kamen, um sie zu holen.
    Um sie zu morden.
    »Nein«, flüsterte sie entsetzt. »Nicht! Das könnt ihr nicht tun! Das könnt ihr nicht zulassen! Ich will nicht sterben! Laßt mich gehen!«
    Die Echsenmänner kamen näher, langsam, aber unaufhaltsam. Wie seelenlose Puppen, von einem komplizierten Federwerk angetrieben. Ihren Gesichtern war nicht anzusehen, ob sie etwas fühlten oder dachten. Ihre Arme streckten sich aus, die Hände griffen nach dem Mädchen.
    »Bitte«, keuchte sie. »Laßt mich leben!«
    Niemand antwortete. Nur das leichte Schaben der feinen Hornschuppen gegeneinander und das Rascheln von Kleidung wurde laut. Die Echsenmänner sprachen nicht. Mit ihrer Stummheit wurden sie dem Mädchen noch unheimlicher. Yashi begann zu schreien und um sich zu schlagen und zu treten. Doch es half ihr nichts. Die krallenbewehrten Hände der Echsenmänner packten zu wie Schraubstöcke, umklammerten ihre Arme und Beine wie Eisenschellen. Sie strampelte, trat, schlug, spie. Ungerührt verstärkten die Echsenmänner ihren Griff, und sie besaßen weit mehr Kraft als das Mädchen.
    Schließlich erlahmte Yashis Widerstand. Ihr verzweifeltes Schreien wurde zu einem leisen Wimmern. Die Echsenmänner nahmen davon keine Notiz.
    Mit der gelassenen Zielstrebigkeit hungriger Krokodile näherten sie sich der Wand. Wieder begannen die Ringe an ihren schuppigen Händen grell zu glühen. Vor ihnen wurde die Wand durchlässig. Yashi spürte keinen Widerstand, als sie hindurchschritten in den Labyrinthgang.
    Da wußte Yashi, daß der Zauber zu mächtig war, um noch hoffen zu dürfen. Der Tod grinste hämisch in der Dunkelheit und breitete längst seine frostigen Arme aus…
    ***
    Plötzlich sah Zamorra das kahle Felsplateau im Mondlicht vor sich. Jäh verhielt die Bestie Goror. Zamorra zügelte sein schäumendes Pferd. Hinter ihm keuchte Wang Lee heran. »Sind wir am Ziel?« stieß er heiser hervor.
    Zamorra glitt aus dem Sattel. »Ich hoffe es«, sagte er leise.
    Der Gorilla-Krokodil-Panther huschte auf seinen Tatzen geräuschlos auf die Felsmauer zu, die sich am Ende des Plateaus erhob, und blieb dort stehen. Auffordernd sah er herüber und senkte den Kopf, kratzte mit den Pranken am Fels. Das Mondlicht reichte aus, Zamorra Stufen in den Steinen erkennen zu lassen, die nach oben führten. Er betrachtete die Wand und sah den Vorsprung.
    Wang Lee legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Sieht aus wie ein aufgerissenenes Maul da oben, nicht?«
    Zamorra nickte stumm. Er lockerte die Sattelriemen und gab seinem Pferd aus dem Wassersack zu saufen. Soviel Zeit mußte noch sein. Nur abreiben wollte er das Tier jetzt nicht mehr. Die dumpfe Beklommenheit in ihm wurde immer stärker. Sara Moon plant irgend etwas, woran du sie hindern mußt, hatte Sid Amos angedeutet. Was, wenn sie schon am Werk war und nicht mehr gehindert werden konnte…?
    Goror fauchte leise. Er schien die beiden Männer nach seiner Hetzjagd jetzt direkt auffordern zu wollen, ihm auch weiter zu folgen.
    »Hinauf«, sagte Zamorra. Er lockerte das Schwert in der Scheide und lief geschmeidig wie eine Katze über das Plateau auf die Steintreppe zu. Die Anstrengungen des stundenlangen Rittes waren ihm nicht anzusehen. Wang Lee folgte etwas langsamer.
    »Das Ding ist die perfekte Falle«, keuchte er. »Warte, verdammter Narr! Wir müssen sehen, daß wir nicht…«
    Aber da stürmte Zamorra schon hinter Goror her die Stufen hinauf, die feucht und glatt waren. Mit traumwandlerischer Sicherheit eilte er aufwärts. Neben ihm wurde der Abgrund tiefer und tiefer. Das düstere Loch im Felsen gähnte ihm drohend entgegen.
    Wang folgte ihm. Er fragte sich trotz seiner eigenen nicht gerade schlechten Kondition, woher Zamorra die Kraft nahm.
    ***
    Es knisterte leicht, als der Unheimliche sich umwandte. Er schien ein wenig zu wachsen, als er Sara Moon ansah. Ein Kuttenärmel hob sich, deutete auf zwei der Männer, die ihn umstanden.
    Eine Stimme erklang, die aus unendlichen Tiefen kam.
    »Fremde dringen ein. Sie sind schon am Felsentor und wollen uns angreifen. Geht doch und vernichtet sie.«
    Sara Moon nickte zustimmend. Denselben Befehl hätte sie auch gegeben, wenn der Schwarze es nicht getan hätte.
    »Wir hören und gehorchen, Herr«, murmelten die Anhänger der Bruderschaft und eilten davon. Zwei weitere schlossen sich ihnen an, als der lautlose Gedankenbefehl Sara Moons sie
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