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0364 - Mongolenfluch

0364 - Mongolenfluch

Titel: 0364 - Mongolenfluch
Autoren: Werner Kurt Giesa
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schwach, daß man die Zeichen fast gar nicht erkennen kann?«
    Wu staunte. »Das begreife ich nicht. Unser Kopierer ist neu eingestellt, und ich bin auch sicher, daß die Kopie vorher noch normal stark war.«
    Das war sie jetzt nicht mehr.
    Zamorra nahm das Amulett zur Hand. Er aktivierte Merlins Stern. Er wollte die Kopie damit berühren, um die Zeichen mittels der Amulett-Magie stärker hervorzuheben. Aber dazu kam es nicht.
    Im gleichen Moment, als das Amulett das Papier berührte, begann es in Zamorras Hand zu vibrieren und erwärmte sich. Zugleich begann das Papier sich zu rollen, als befände es sich unter stärkster Hitzeeinwirkung. An den Rändern verfärbte es sich bräunlich.
    »Was machen Sie da?« stieß Wu hervor. Der Chinese zeigte starke Erregung.
    Zamorra ließ das Papier fallen. Aber es war bereits zu spät.
    Die Schriftzeichen waren gelöscht!
    »Warum haben Sie die Kopie unbrauchbar gemacht?« fuhr Wu Zamorra an. »Sie haben ein vermutliches Beweisstück zerstört!«
    »Mir rätselhaft«, gestand Zamorra. »Ich wollte nichts zerstören. Ich wollte die Zeichen nur deutlicher werden lassen. Diese Silberscheibe verfügt über magische Kräfte.«
    Wus Augen wurden schmal. Es war ihm nicht anzusehen, ob er Zamorra glaubte oder nicht.
    »Es tut mir leid«, versicherte Zamorra. »Aber andererseits war das ein deutlicher Hinweis. Die Schrift des Briefes ist magisch erzeugt worden. Das übertrug sich auf die Kopie. Und es muß sich um Schwarze Magie handeln. Der Kontakt mit der Weißen Magie des Amuletts löschte die Zeichen. Möglicherweise wäre das beim Original nicht geschehen.«
    »Aber nun haben wir nichts mehr in der Hand«, erregte sich der Kommissar. »Wenn das Ihre Hilfe ist… dann sollten wir vielleicht doch besser verzichten.«
    »Sie wissen über die Gesetzmäßigkeiten der Magie nicht so gut Bescheid wie wir«, versuchte Nicole ihn zu besänftigen. »Manchmal geht etwas nicht so, wie man es gern hätte. Geht Ihnen das in Ihrem Beruf nicht auch zuweilen so? Werden Sie nicht auch von unvorhersehbaren Entwicklungen überrascht?«
    Wu schwieg.
    »Dürfen wir den Toten sehen? Ich möchte ihn mir anschauen und ihn untersuchen«, bat Zamorra. »Ich nehme an, daß er sich in den Kühlkammern des gerichtsmedizinischen Instituts befindet. Können wir dorthin, jetzt um diese Zeit?«
    Sie konnten. Zu der ungeheuren Produktivität des chinesischen Volkes, dessen Fleiß weltberühmt ist, zählt, daß Tag und Nacht in Schichten gearbeitet wird - gleichgültig, in welcher Branche. Auch im gerichtsmedizinischen Institut wurde gearbeitet. Allerdings sah hier alles anders aus, als Zamorra es von westlichen Instituten gewohnt war.
    Nur die Kühlkammern waren identisch in ihrem Aussehen.
    Chinesische Schriftzeichen überall. Zamorra empfand es als etwas bedrückend, daß er keines der Zeichen lesen konnte. Wahrscheinlich würde es ihm nicht einmal etwas nützen, chinesisch zu lernen - die Zeichen in ihrer Vielfalt und Kompliziertheit überforderten ihn.
    Wu blieb vor einem der Fächer stehen. »Öffnen«, befahl er.
    Der Mann im grauen Kittel, der hier unten residierte, zog an dem Griff, und die Kühllade fuhr auf. Der Mann schrie auf.
    Wus Augen wurden groß wie Suppenteller.
    Das Fach war leer!
    Anklagend starrte Wu Zamorra an. Der schüttelte den Kopf.
    »Hierfür können Sie mir beim besten Willen nicht die Schuld geben«, protestierte er. »Ich habe hier nichts getan. Sind Sie sicher, daß das das richtige Fach ist?«
    »Hier steht der Name«, sagte Wu rauh und deutete auf einige Zeichen. Darunter war in Maschinenschrift lesbar, aber sehr klein gedruckt noch einmal der Name ›Madschukain‹ zu sehen.
    Wu sah den Angestellten an. »Wurde der Leichnam abgeholt?«
    »Nein. Natürlich nicht, Herr. Es war niemand hier. Ich wüßte doch davon.«
    »Sie haben Ihre Dienstpflichten versäumt«, behauptete Wu. »Ich werde dafür sorgen, daß…«
    »Warten Sie damit«, bat Zamorra. Auch Tendyke schaltete sich ein. »Lassen Sie Zamorra etwas versuchen. Vielleicht kann er Ihnen sagen, wie die Leiche veschwunden ist. Wir sind beide sicher, daß diesen Mann hier kein Verschulden trifft. Wenn das Herz aus einem Menschen verschwinden kann und nur ein Loch hinterläßt, warum soll dann nicht auch der ganze Mensch verschwinden?«
    Überrascht sah Wu ihn an.
    Tendyke nickte lächelnd. Plötzlich begriff Wu, warum Tendyke und Zamorra ihn unhöflich unterbrochen hatten. Wu hätte sich fast in eine Situation manövriert, die
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