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0353 - Die Vampirkutsche

0353 - Die Vampirkutsche

Titel: 0353 - Die Vampirkutsche
Autoren: Werner Kurt Giesa
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allerdings darüber, daß dieser junge Mann ihn für einen Mörder hielt. »Junge, vielleicht verrätst du mir mal, wen ich ermordet haben soll?«
    »Elena! Und Ilka!« schrie Wenzel wütend. »Und jetzt wagst du dich wieder hierher und… verdammt, hast du schon vergessen, daß du mich gestern abend niedergeschlagen hast, oben am Wald? Dafür verpasse ich dir noch eins…«
    »Einer von uns beiden spinnt«, sagte Gryf ruhig. »Und ich weiß, daß ich es nicht bin. Verschwinde aus meiner Nähe.«
    »Raus jetzt«, verlangte auch der Wirt, der einsah, daß Wenzel in seinem gegenwärtigen Zustand nicht mehr mit sich reden ließ. »Komm wieder, wenn dú dich einigermaßen beruhigt hast.«
    »Aber er ist doch ein Mörder«, wiederholte Wenzel aufgeregt.
    »Das behauptest du, Freundchen«, sagte Salmak. »Er behauptet das Gegenteil. Ich habe ihn vorhin befragt, als er aus dem Zimmer kam.«
    »Er lügt, um seine Haut zu retten«, schrie Wenzel.
    »Langsam reicht er jetzt«, warf Gryf ein. »Wenn du meinst, ich sei ein Mörder - warum gehst du dann nicht zur Polizei?«
    »Davon wird Ilka doch auch nicht wieder lebendig«, schluchzte Wenzel auf. Er wandte sich um und taumelte zur Tür.
    Im gleichen Moment begriff der Druide etwas. Gestern abend am Wald - sollte das der Moment gewesen sein, in dem der Vampir das Mädchen zur Kutsche brachte? War das Ilka gewesen?
    Warte mal, Wenzel, wollte er dem Sonnenbrillenträger nachrufen. Aber keine Silbe kam über seine Lippen. Eine innere Sperre baute sich blitzschnell auf und hinderte ihn daran, etwas zu sagen.
    Er konnte Baron Roatec keinen Schaden zufügen! Er war durch den Biß und die Übertragung des Keims ein Diener des Vampirs geworden, der nur zu dessen Wohlergehen beitragen, ihm aber nicht schaden durfte! Und mit seiner Bemerkung über den Vorfall am Wald hätte er dem Baron geschadet…
    Und noch etwas stimmte ihn jetzt nachdenklich. Warum trug Wenzel eine Sonnenbrille? So grell schien die Sonne an diesem Vormittag doch auch wieder nicht, obgleich sie auch Gryf ein wenig zu schaffen machte.
    Und der Druide wußte, daß das bald noch schlimmer werden würde. Denn der Keim breitete sich in ihm aus, wucherte und wuchs. Unwillkürlich tastete Gryf über seine Zähne. Wurden die Augenzähne nicht bereits merklich länger?
    Er verwandelte sich allmählich in einen Vampir.
    Und er empfand nicht einmal Entsetzen davor…
    ***
    Von Stunde zu Stunde fühlte Gryf sich unwohler. Die Tageshelligkeit machte ihm immer mehr zu schaffen. Er hatte sich in sein Zimmer zurückgezogen, das Fenster geschlossen und die Vorhänge vorgezogen. Ein angenehmes Dämmern umgab ihn jetzt. Und er wußte, daß er nicht noch einmal bei Tageslicht nach draußen gehen würde. Ein Abschnitt seines langen Lebens hatte sein Ende gefunden, ein anderer Abschnitt begann.
    Gryf, der Vampir!
    Irgendwie, dachte er, ist es so etwas wie eine Ironie des Schicksals. Früher hatte er Vampire gejagt und gepfählt, wo immer er sie fand. Und jetzt gehörte er selbst zu ihnen…
    Nein, verbesserte er sich. Wohl noch nicht so ganz. Noch war sein Spiegelbild schattenhaft zu erkennen, und noch hatte er selbst den Keim nicht weitergegeben. Noch hatte er kein Opfer gesucht, kein Blut getrunken. Erst wenn das geschehen war, würde es kein Zurück mehr geben.
    Aber wollte er denn wirklich zurück?
    War es nicht der beste Vertrauensbeweis für den Fürsten der Finsternis, wenn Gryf ihm als Vampir gegenübertrat? Dann mußte Leonardo wissen, daß Gryf ihm diente!
    Dann ersparte er sich weitere Bewährungsproben .
    Irgendwie spürte er zwar, daß es alles nicht ganz so einfach sein würde, wie er es sich in diesen Augenblicken vorstellte. Aber er war mit sich durchaus zufrieden. Das einzige, was ihm nicht so recht gefallen wollte, war, daß er zunächst einmal dem Baron als Diener verpflichtet war. So, wie jedes Vampiropfer dem Blutsauger zu gehorchen hat, von dem es gebissen und infiziert wurde…
    Irgendwie mußte er den Baron ausschalten - oder ausschalten lassen. Ihm war nur nicht klar, wie er das machen sollte. Er konnte wohl daran denken, es zu tun. Aber er konnte seinen Gedanken nicht die Tat folgen lassen. Die Sperre in ihm verhinderte es, und sie wurde um so stärker, desto weiter seine Vampirwerdung fortschritt.
    Auch Wenzel, von dem er sicher war, daß auch er zum Vampir gemacht werden sollte, konnte er nicht einsetzen.
    Es gab nur eine Möglichkeit.
    Er mußte selbst zubeißen und sich einen Diener oder eine Dienerin
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