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0330 - Die lebende Legende

0330 - Die lebende Legende

Titel: 0330 - Die lebende Legende
Autoren: Jason Dark
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hatte ich in meinen kühnsten Träumen nicht gerechnet. Ich drückte die klemmende Tür auf und schaute in einen winzigen Raum, in dem es eine Toilette und eine Sitzbadewanne gab, über der ein großer Heißwasserboiler an der Wand befestigt war.
    Mein Blick wurde starr. Der Magen verwandelte sich in einen Stein. In der Wanne saß jemand.
    Es war eine Frau.
    Und sie war tot!
    Ich rief nach Yakup Yalcinkaya. Er kam sofort, schob mich zur Seite und schüttelte den Kopf. Dann wurde er bleich. »Verdammt, das ist sie«, hauchte er.
    »Wer?«
    »Die Hauswirtin. Ihre Neugierde ist ihr zum Verhängnis geworden. Wahrscheinlich hat sie die Einbrecher überrascht. Schrecklich…«
    Ich ging auf die Tote zu. Man hatte sie auf schlimme Art und Weise getötet, wahrscheinlich sogar zuvor gefoltert, deshalb möchte ich mir eine Beschreibung ersparen.
    Ich fühlte ihre Haut an.
    Sie war sehr kalt. Vielleicht lag die Frau schon mehrere Tage in der Wanne, wer konnte das wissen? Genaueres würde eine Autopsie ergeben. Ich schloß die Tür. Wir beide atmeten tief durch und waren froh, daß wir den Blutgeruch nicht mehr so arg spürten. Um den schrecklichen Geschmack aus der Kehle zu bekommen, zündete ich mir eine Zigarette an. Yakup schaute sich unterdessen im Zimmer um. Er fand nichts, was die anderen gesucht haben konnten und vielleicht auch mitgenommen hatten.
    »Es sieht nicht gut aus«, erklärte er.
    Wir gingen wieder. Im Treppenhaus sprachen wir nicht. Erst als wir in das Licht hinaustraten, suchte ich nach einer Telefonzelle. Ich fand sie nicht weit entfernt. Als ich die Tür öffnete, fragte mich Yakup: »Willst du den Polizisten alles erzählen?«
    »Nein, das mache ich später. Sie sollen nur die Leiche abholen.«
    »Das ist auch besser.«
    Ich gab die kurze Meldung durch und antwortete nicht auf die Nachfragen des Beamten.
    In einem kleinen Straßencafe ließen wir uns nieder, um den Fall in aller Ruhe zu besprechen.
    »Was können die Täter gesucht haben?« murmelte ich.
    Mein neuer Freund hob die Schultern.
    »Wenn du es nicht weißt, wer dann?«
    Er gab mir keine Antwort, weil der Kellner kam und unsere bestellten Säfte servierte.
    »Ich habe wirklich keine Ahnung.«
    Durch den Strohhalm zog ich Saft in den Mund. »Sie muß etwas gehabt haben, das eine Verbindung zu Shimada darstellte. Wer war sie? Wo kam sie her?«
    »Aus völlig normalen Verhältnissen.«
    »Wie normal?«
    Erstaunt schaute mich Yakup an. »Sie hat die Schule besucht, nur lebten ihre Eltern nicht mehr, das war alles.«
    »Keine Beziehung zu Japan?«
    »Das wäre mir aufgefallen.« Er hob die Schultern. »Diese Beziehungen habe ich.«
    »Und sie hat in einem Schuhladen gearbeitet.«
    »Genau.«
    »Wo liegt das Geschäft denn?«
    »In einer Einkaufsstraße. Ich war einige Male da. Es ist alles normal.«
    »Und wem gehört das Geschäft?«
    »Einem Konzern. Die stellen Billigschuhe her.«
    Ich saugte wieder Saft, während meine Gedanken Purzelbäume schlugen. »Billigschuhe«, murmelte ich. »Kommen die nicht auch aus Japan? Oder können sie nicht auch aus Japan kommen?«
    »Weiß ich nicht. Möglich.«
    Mit der flachen Hand schlug ich auf den runden Tisch. »Du kannst sagen, was du willst, den Laden schaue ich mir an. Laß uns hinfahren!«
    »Und was soll das für einen sittlichen Nährwert haben?«
    »Vielleicht keinen. Vielleicht doch. Wer kann das wissen. Es ist eine Minispur, ich weiß«, sagte ich, als ich das skeptische Gesicht meines Freundes sah. »Aber was sollen wir machen? Nichts deutet auf irgend etwas hin, das uns sonst noch weiterbringen könnte.«
    »Wenn du das so siehst, ist alles klar.«
    Um uns herum befanden sich fröhliche Menschen. Wir waren wohl die einzig ernsten unter ihnen. Für uns gab es nichts zu lachen.
    Ich legte Geld auf den Tisch. Der Kellner sah es und winkte uns zu.
    Danach stürzten wir uns wieder in das Gewühl.
    Zum zweitenmal an diesem Tag hielten wir Ausschau nach einem Taxi. Sehr bald konnten wir eines stoppen. Yakup sagte die Adresse.
    »Da kann ich aber nicht hinfahren. Für Fahrzeuge ist es gesperrt.«
    »Bringen Sie uns in die Nähe.«
    Sehr weit war es nicht. Einmal, als wir auf einem Hügel fuhren, konnte ich sogar das Meer sehen. Es lag hinter den grünen Blättern der tropischen Vegetation. Die bunten Segel der Boote bildeten Farbkleckse auf der grünschimmernden Bläue.
    Die Passage lag dort, wo eine Fußgängerzone begann. Der Fahrer rollte in einen Wendehammer, stoppte, wir zahlten, stiegen aus. Bisher
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