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033 - Das vertauschte Gehirn

033 - Das vertauschte Gehirn

Titel: 033 - Das vertauschte Gehirn
Autoren: Peter T. Lawrence
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herrschte im Raum. Schemenhaft sah ich die kleine Gestalt Doc Lundis herum hinken.
    „Die Haare müssen noch nachwachsen“, sagte er nach einer kurzen Untersuchung, bei der er mir eine Brille aufgesetzt hatte, durch die kein Lichtschimmer fiel. „Es sieht sehr gut aus. Haben Sie sich schon einen neuen Namen ausgedacht, Mr. Morgan?“
    Ich nickte.
    „George Wealer. Ich hatte mal einen Freund, der hieß so. Heute lebt er in Amerika.“
    „Sehr schön, aber der Name paßt nicht zu Ihrem Typ. Nun, Sie werden ja morgen selbst sehen. Alles sollte auf Ihr Gesicht abgestimmt sein. Auch der Name.“
    Er ging und ließ mich allein. Gern wäre ich aufgestanden und herumgelaufen. Aber ich wagte es nicht, hatte Angst, irgendwo anzustoßen und mir meine neue Nase einzurennen. Ganz vorsichtig tastete ich über mein Gesicht. Mir war ein ansehnlicher Bart gewachsen, und viel Neues ließ sich nicht erfühlen. Ich würde mich bis morgen gedulden müssen.
    Dann zuckte ich plötzlich zusammen. Meine Hände hatten die Brust berührt, den Bauch. Und auch da waren mir Haare gewachsen. Zuvor hatte ich eine unbehaarte Brust gehabt, auch war sie schmächtiger gewesen als jetzt. Wie war das nur möglich?
    Ich richtete mich im Bett auf, blickte an mir herunter. Nur undeutlich konnte ich meine Gestalt erkennen, aber ich kam mir breiter und muskulöser vor als früher. Doch wie ich auch grübelte und nachdachte, ich konnte mir dieses Phänomen nicht erklären. Irgend etwas war mit mir passiert während meiner langen Bewußtlosigkeit. Aber was?
    Morgen, dachte ich, morgen werde ich Bescheid wissen.

     
    Als ich erwachte, war es ziemlich hell im Zimmer. Eine Weile lag ich ruhig da, ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen, dann erhob ich mich. Meine Gelenke schienen eingefroren zu sein, aber schon nach einigen Minuten konnte ich, ohne mich irgendwo festzuhalten, durch das Zimmer gehen. Ich suchte nach einem Spiegel, begierig darauf, mein neues Gesicht zu sehen, aber es war keiner vorhanden. Dafür fand ich einen Klingelknopf neben meinem Bett.
    Nach meinem Läuten setzte ich mich auf die Bettkante und wartete. Mir fielen meine Beobachtungen von gestern Abend ein. Mit zitternden Händen zog ich mir die Schlafanzugjacke aus und blickte an mir herab. Lieber Himmel! Das war nicht ich! Das war nicht der alte, ausgemergelte Körper von John Morgan. Das war ein durch trainierter, sportlicher und behaarter Körper. Was – um alles in der Welt – war geschehen in den letzten Monaten?
    „Na, da ist ja unser neugieriger Patient.“ Ich sah auf. Der Doc stand lächelnd in der offenen Tür. Ich hatte ihn gar nicht hereinkommen gehört. Unter dem Arm trug er einen rechteckigen Spiegel und in der Hand ein kleines Köfferchen, das er lächelnd auf den Boden stellte.
    „Rasierzeug“, sagte er und deutete auf mein Gesicht. „Sie sehen ja aus wie ein Gorilla, Mr. Morgan.“
    „Ja“, sagte ich grimmig. „Und zwar am ganzen Körper. Vorher hatte ich kein einziges Härchen auf der Brust, und jetzt habe ich einen ganzen Wald. Wie kommt das, Doc?“
    Er schloß die Tür mit einem Fußtritt, stellte den Spiegel an die Wand und lächelte.
    „Tja, mein Lieber, ich bin Ihnen wohl eine Erklärung schuldig“, sagte er gelassen. „Ihr Fall hat sich als verdammt schwierig erwiesen, weil Sie nur noch Haut und Knochen waren. Da habe ich zum ersten mal ein Experiment gewagt, das ich zuvor nur an Tieren gemacht hatte.“
    „Ein Experiment?“ fragte ich verwirrt und spürte, wie alle Farbe aus meinem neuen Gesicht wich. Der Doc nickte.
    „Ja“, sagte er. „Ich habe Ihr Gehirn in den Körper eines anderen Mannes verpflanzt. Die Operation dauerte siebzehn Stunden. Ihr Gehirn ist immer noch John Morgan, aber der Körper ist …“
    „Ist?“
    „Mike Holbers“, sagte er kalt. „Sie sind Mike Holbers!“

     
    Drei Tage bin ich noch bei ihm geblieben. Drei bittere lange Tage sah ich in den Spiegel des kleinen Krankenzimmers und blickte meinem Todfeind in die Augen. Wenn ich meinen Körper betastete, dann fühlte ich seinen, und wenn ich mich ansah, haßte ich mich.
    Dann stand ich im Sprechzimmer, den Koffer mit meinen paar Habseligkeiten neben mir. Der Doc saß wieder hinter seinem Schreibtisch, der seinen Klumpfuß vor meinen Blicken verbarg und lächelte. Das Lächeln einer Schlange, die ein Kaninchen anstarrt.
    „Die Operation war kostenlos“, sagte er freundlich. Seine dünne, helle Fistelstimme klang wie immer. Unbewegt, ruhig, monoton und doch
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