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0318 - Auf der Straße des Grauens

0318 - Auf der Straße des Grauens

Titel: 0318 - Auf der Straße des Grauens
Autoren: Auf der Straße des Grauens
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mächtig anlog. Ich nahm mir vor, ihm noch gründlich auf den Zahn zu fühlen.
    »Welches Personal haben Sie noch, Mrs. McLean?«
    »Die Köchin, ein Hausmädchen und einen Diener.«
    »Kann ich mit ihnen sprechen?«
    Der Reihe nach vernahm ich die Leute. Die Köchin war eine biedere, ältere Frau, das Hausmädchen ein niedliche Person, und der Diener ein breitschultriger, kräftiger, wortkarger Mann. Sie alle wussten, dass ihre Chefin in vollem Kriegsschmuck das Haus verlassen hatte. Jeder von ihnen konnte den Tipp geliefert haben, aber als Täter kamen die beiden Frauen selbstverständlich nicht in Betracht. Der Diener, der Jack Lymer hieß, hatte seinen freien Tag gehabt und war schon am Morgen nach New Haven gefahren.
    »Die Yonkers trugen ein Baseballspiel gegen die Tiger von New Haven aus«, erklärte er.
    »Wie ging es aus?«
    »Sechzehn zu acht für die Yonkers.«
    »Wo verbrachten Sie den Abend?«
    »Auf der Heimfahrt im Zug, Sir. 19. Uhr 24 ab New Haven. Ich kam gegen elf Uhr in New York an.«
    Sein Alibi war ebenso unwiderlegbar wie unbeweisbar.
    Ich entließ den Diener.
    »Wollen Sie meine Nichte verhören?«, fragte Mrs. McLean mit einem spitzen Unterton in der Stimme.
    »Halten Sie das für notwendig? Sie ist Ihre Verwandte, und ich fürchte, es würde Sie empören, wenn ich…«
    »Junge Mädchen haben oft einen ungefestigten Charakter«, sagte sie. »Es kann leicht sein, dass sie sich Dinge wünschen, die sie noch nicht haben können.«
    Ihre Worte machten klar, dass sie die Tochter ihrer Schwester so wenig leiden mochte wie ein Südstaatler einen Yankee. Ich bat sie, Jane Snyder hereinzurufen.
    Neben ihrer Tante sah das Mädchen aus wie eine Birke neben einer Zimmerpalme. Eleonor McLean schoss unfreundliche Blicke auf sie ab.
    »Miss Snyder, wo waren Sie vorgestern Abend um etwa neun Uhr?«
    Das Blut schoss ihr ins Gesicht.
    »In meinem Zimmer…« stammelte sie.
    »Das stimmt nicht«, fuhr ihre Tante dazwischen. »Das Mädchen hat gesehen, dass du das Haus um acht Uhr verlassen hast.«
    Jane Snyder presste die Lippen zusammen.
    »Stimmt das, Miss Snyder?«
    Das Mädchen nickte stumm.
    »Bitte, sagen Sie mir, wohin Sie gegangen sind, wo Sie waren und wann Sie zurückkamen.«
    »Sie kam erst nach Mitternacht zurück«, beantwortete Eleonor McLean den letzten Teil der Frage in gehässigem Ton. »Zu der Zeit lag ich schon zusammengeschlagen und beraubt in Leeboms Villa.«
    »Abei der Täter war doch eindeutig ein Mann.«
    »Ich habe nicht behauptet, dass sie mich überfallen hat, aber einer ihrer Freunde kann es gewesen sein.«
    Das Mädchen fuhr auf. »Tante Eleonor, wie kannst du das sagen?«
    Eleonor McLean antwortete nur mit einem Achselzucken.
    »Wo waren Sie, Miss Snyder?«, wiederholte ich meine Frage.
    »Das geht niemanden etwas an«, antwortete sie. »Ich werde nicht darüber sprechen.«
    »Sie liebt es, sich herumzutreiben«, sagte ihre Tante bissig.
    Zum Glück kam Phil zurück, bevor die Szene sich zu einem handfesten Familienstreit ausweitete.
    Phil brachte einen Aktenordner mit, in dem die Prospekte aller ausländischen Automodelle gesammelt waren: deutsche, englische, italienische Wagen aller Größen und Pferdestärken.
    »Sehen Sie sich bitte die Wagen in aller Ruhe an, Mrs. McLean«, forderte ich sie auf. »Vielleicht finden Sie den Wagen, den der Täter benutzte.«
    Ich rechnete nicht mit einem Erfolg. Sie hatte selbst erklärt, den Schlitten nur undeutlich gesehen zu haben. Ich war daher überrascht, als sie schon beim vierten Prospekt aufschrie: »Das ist er!«
    Ich nahm ihr den Ordner aus der Hand. Das Prospekt zeigte einen Bentley. Zufällig war der Wagen, den die Firma als Reklamemodell abgebildet hatte, schwarz lackiert.
    ***
    Harry Rapp begleitete uns hinaus. An der Haustür sagte er: »Einen Augenblick noch, Mister Cotton. Ich muss ein Geständnis ablegen. Mein Alibi stimmt nicht.«
    Ich sah ihn überraischt an.
    »Sie hätten es ohnedies herausgefunden. Ich war mit einem Mädchen zusammen.«
    »Warum haben Sie das nicht gesagt?«
    Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter.
    »Sie hätte mir die Hölle heiß gemacht, wenn ich es offen bekannt hätte. Sie hält sich selber für so schön, dass sie wild wird, wenn man ein anderes Girl auch nur anblickt, selbst wenn es mehr als zwanzig Jahre jünger ist als sie.«
    Rapps Geständnis machte ihn mir nicht sympathischer.
    »Wie heißt das Mädchen?«
    »Lil Roger, 14 Straße 614, aber erzählen Sie es nicht Eleonor. Es wäre ein
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