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0313 - Der Blutgraf erwacht

0313 - Der Blutgraf erwacht

Titel: 0313 - Der Blutgraf erwacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Bewegung. »Wir haben bestimmt noch zwanzig Minuten zu marschieren, den Berg hinauf und um das Wäldchen herum.«
    »Wir könnten durch den Wald abkürzen«, schlug Sorrya vor. »Im Wald, da sind die Räuber…«
    »Burg Geyerstain, wir kommen«, verkündete Lory. »Ob’s da Gespenster gibt?«
    ***
    Die Ruine lag im hellen Sonnenlicht. Dennoch wirkte sie irgendwie düster und bedrohlich. Sorrya schüttelte sich. »Hier muß es einfach spuken«, sagte sie.
    »So’n Quatsch.«
    Die drei Mädchen nahmen den Anblick in sich auf, nachdem sie das Wäldchen verlassen hatten. Der sanft ansteigende Berghang fand hier eine Unterbrechung, gerade groß genug, daß auf der Fläche einmal eine Burg und ein umlaufender Graben Platz gefunden hatte. Der Graben war durch einen Kanal vom gut einen halben Kilometer entfernt dahinrauschenden Fluß gespeist worden. Inzwischen war er längst trocken, da der Kanal zugeschüttet worden war.
    Ein paar Begrenzungsmauern, eine Steintreppe, die zur Zugbrücke führte, ein abgebrochener Turm… das war eigentlich schon alles, was noch stand. Niemand hatte in den vergangenen Jahrhunderten etwas daran getan, die Ruinenreste waren fast völlig unberührt. Hin und wieder kamen ein paar Mutige herauf, aber es hielt sich in Grenzen. So war auch erfreulich wenig Zivilisationsmüll wie leere Coladosen oder Zigarettenschachteln und Kaugummipapier zu finden, welches unangenehme Zeitgenossen sonst immer freigiebig in der Landschaft zu verstreuen pflegten, um Zeichen ihrer Anwesenheit zu hinterlassen. Frei nach dem Motto: Ist ja nicht meins, kann ich also ruhig verdrecken!
    Hier gab’s das kaum.
    Gina gab sich einen Ruck und ging langsam auf die Steintreppe zu. Davor stand das große Schild, das auf die geschichtlichen Hintergründe hinwies. Gina las vor. Gründungsjahr von Burg Geyerstain, die ersten Burgherren, dann die Machtübernahme durch den Grafen Bodo, der in der Umgebung nur »Blutgraf« oder »Bluthund« genannt worden war. Schließlich der Aufstand der Geknechteten, die Hinrichtung des Grafen in seinem eigenen Turmverlies. Damit brach die Chronik ab.
    »Unfaßbar«, sagte Sorrya. »So lange haben die Trümmer hier gelegen…«
    »Schau es dir doch an«, sagte Gina. »Mitten im Burghof wachsen ziemlich hohe Bäume. Mich wundert, daß hier niemand eine Touristenattraktion draus gemacht hat.«
    »Wem gehört die Burg jetzt eigentlich?«
    »Hier steht’s – der Stadt Geyerstedt, die aus den umliegenden Dörfern praktisch entstanden und nach der Burg benannt wurde«, sagte Gina.
    »Schade, daß wir nicht in England sind. Die Engländer hätten bestimmt ein gutgehendes Spukschloß daraus gemacht.«
    »Gut, daß wir nicht in England sind«, wehrte Lory ab. »Dann müßten wir nämlich hier horrende Eintrittsgelder zahlen.«
    »Vom Trinkgeld für den original englischen Burggeist gar nicht zu reden«, ergänzte Gina. »Wollt ihr hier Wurzeln schlagen?«
    Lory breitete theatralisch die Arme aus, wedelte einige Male damit wie ein abstürzender Gänsegeier und begann einen Knittelvers zu improvisieren.
    »In diesem alten Burggemäuer – lebte einst ein Ungeheuer! Er nahm dem Volk den Zehnten ab – das brachte ihn sehr früh ins Grab. Die Bauern waren sehr ergrimmt – und außerdem noch miß- gestimmt. Sie warfen ihn ins Kellerloch – dort modern die Gebeine noch. Einst war’s der Zehnte, liebe Leute – was zahlen wir an Steuern heute?«
    Perplex starrten die beiden anderen Mädchen Lory an.
    »Sag mal«, begann die »rote Sorrya« schließlich. »Hast du deine dichterische Ader entdeckt? Dann sag doch mal die Stelle, wo man lachen muß.«
    »Ihr seid Kulturbanausen«, rügte Lory. »Kein Sinn für Romantik.«
    »Überhaupt, von wegen Steuern: Ich wußte gar nicht, daß du schon so viele Steuern bezahlst.«
    »Ich nicht, aber meine Eltern. Von dem Geld könnte man dir glatt ein Auto schenken, Gina. Vielleicht einen todschicken Rolls-Royce in silberblaumetallic.«
    »Sonst noch Extrawünsche?« wollte Gina böse wissen. »Sonderbestellungen werden noch entgegengenommen. Vielleicht eine eingebaute Guillotine für dich, damit du endlich mal stumm wirst.«
    »Wie hinterhältig«, ächzte Lory. »Mal im Ernst, von wegen der modernden Gebeine. Ob da noch ein paar alte Knochen von dem Blutwurstgrafen rumbleichen?«
    »Au weia. Bei dir hakt’s aus«, sagte Gina.
    »Nein, stellt euch mal vor! Wir wollen doch hier oben eine Riesenfete mit den Jungs vom Stapel lassen und ein bißchen Gruselatmosphäre
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