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03 Die Auserwählten - In der Todeszone

03 Die Auserwählten - In der Todeszone

Titel: 03 Die Auserwählten - In der Todeszone
Autoren: James Dashner
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wartete bloß auf den Augenblick, in dem er die Furien loslassen konnte. ANGST hatte ihm all das angetan. ANGST hatte seinen Freunden und ihm das Leben gestohlen und sie für ihre Zwecke missbraucht. Ohne Rücksicht auf Verluste.
    Und dafür würden sie büßen. Das schwor sich Thomas tausendmal am Tag.
    Das alles ging ihm mal wieder durch den Kopf, als er mit dem Rücken zur Wand dasaß und auf die Tür – und den hässlichen Schreibtisch davor – starrte. Seiner Schätzung nach war es später Vormittag am zweiundzwanzigsten Tag seiner Isolation im weißen Raum. Das machte er immer so – nach Frühstück und Frühsport hoffte er inständig, dass die Tür aufgehen würde – die ganze Tür, nicht nur der seelenlose Schlitz, durch den seine Mahlzeiten hereingeschoben wurden.
    Zahllose Male hatte er versucht, die Tür aufzubekommen. Und die Schubladen des Schreibtischs waren leer, nichts als Holz- und Modergeruch. Jeden Morgen sah er darin nach, nur für den Fall, dass während seines Schlafs auf magische Weise etwas darin aufgetaucht war. Wenn man in der Gewalt von ANGST war, musste man mit allem rechnen.
    Und so saß er da und starrte die Tür an. Wartete. Weiße Wände, Stille. Der nicht zu ignorierende Gestank seines Körpers. Immer wieder drehten sich seine Gedanken um seine Freunde – Minho, Newt, Bratpfanne, die wenigen anderen Lichter, die noch am Leben waren. Brenda und Jorge, von denen er seit der Rettung mit dem Riesenberk nichts mehr gesehen hatte. Harriet und Sonya, die anderen Mädchen aus Gruppe B, Aris. Und Brenda mit ihrer Warnung, als er in der weißen Zelle wieder zu sich gekommen war. Wie hatte sie telepathisch mit ihm reden können? Stand sie auf seiner Seite oder nicht?
    Aber am häufigsten dachte er an Teresa. Sie ging ihm einfach nicht aus dem Kopf, auch wenn er sie mit jeder verstrichenen Minute ein bisschen mehr hasste. Ihre letzten Worte an ihn waren gewesen »ANGST ist gut« , und ob das nun stimmte oder nicht: Thomas sah in Teresa mittlerweile alles Schreckliche, das ihnen angetan worden war. Bei jedem Gedanken an sie kochte der Zorn ein wenig heißer in ihm hoch.
    Vielleicht war diese alles verzehrende Wut das, was ihn davon abhielt, bei der ewigen Warterei den Verstand zu verlieren.
    Essen. Schlafen. Sport. Rachedurst. Noch drei weitere Tage hielt er das durch. Allein.
    Am sechsundzwanzigsten Tag ging die Tür auf.

Unzählige Male hatte Thomas es sich vorgestellt. Was er tun und sagen würde. Wie er sich auf jeden stürzen würde, der zur Tür hereinkam, rausrennen und flüchten würde. Dabei diente diese Vorstellung mehr der Unterhaltung als sonst etwas. Er wusste haargenau, dass ANGST so etwas nie zulassen würde. Nein, er musste jeden Schritt genau planen, bevor er etwas unternahm.
    Und als es dann geschah  – als die Tür mit einem leisen Klick aufsprang und sich öffnete –, war Thomas selbst erstaunt: Er tat nichts. Saß bloß da. Etwas sagte ihm, dass sich zwischen ihm und dem Schreibtisch wieder eine unsichtbare Wand aufgebaut hatte – wie damals in der Herberge, als sie dem Labyrinth entkommen waren. Noch war der Zeitpunkt zum Handeln nicht da. Noch nicht. Doch er würde kommen, er spürte es.
    Als der Rattenmann hereinspaziert kam, war Thomas nur ganz leicht überrascht – derselbe Typ, der die Lichter über die Prüfungen in der Brandwüste informiert hatte. Dieselbe lange Nase, dieselben verschlagenen Wieselaugen, die fettigen, über eine kahle Stelle auf seinem Eierkopf gekämmten Haare. Derselbe absurde weiße Anzug. Er wirkte noch bleicher als beim letzten Mal und hatte eine dicke Aktenmappe mit verknickten, unordentlich zusammengeschobenen losen Blättern unter den Arm geklemmt. Mit der anderen Hand zog er einen Holzstuhl hinter sich her.
    »Guten Morgen, Thomas«, sagte er mit einem reservierten Nicken. Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er die Tür hinter sich zu und setzte sich an den Tisch. Den Aktenordner klappte er vor sich auf und blätterte darin herum. Als er das Gesuchte gefunden hatte, legte er die Hände auf die Tischplatte. Er sah Thomas mit einem seltsamen Grinsen im Gesicht an.
    Als Thomas endlich den Mund aufbekam, merkte er, dass er seit Wochen nicht mehr gesprochen hatte, seine Stimme war nur ein Krächzen. »Ein guter Morgen ist das nur, wenn Sie mich hier rauslassen.«
    Das Gesicht des Mannes blieb völlig ausdruckslos. »Ja, ja, ich weiß. Keine Bange – du bekommst heute jede Menge gute Nachrichten zu hören. Glaub mir.«
    Thomas
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