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0297 - Der Verräter

0297 - Der Verräter

Titel: 0297 - Der Verräter
Autoren: Jason Dark
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saugten einen Moment und spien meinen kostbaren Lebenssaft wieder aus.
    Ich war für sie nicht das richtige Opfer. Laufenlassen wollten sie mich auch nicht, befreiten mich dafür von den Ketten und schafften mich in einem offenen Sarg weg. Zuvor hatten sie mich entwaffnet und mir nur das Kreuz gelassen, das auf sie überhaupt keine Wirkung zeigte.
    Sie schafften mich zu einem alten Friedhof, in dessen Nähe ich ein Haus gesehen hatte. Und ich sollte in die gleiche Gruft geworfen werden wie die Frau.
    Dagegen hatte ich etwas.
    Ich begann zu kämpfen.
    Es war ein verdammt harter Fight. Obwohl sie in der Überzahl waren, versuchte ich es. Es gelang mir tatsächlich, einem der Vampire meinen Silberdolch abzunehmen und ihn damit zu töten. Er verfaulte nicht, sondern lief aus. Sein Körper entließ eine dunkle, sirupartige Flüssigkeit, die zu Boden klatschte und sich in einer Mulde sammelte.
    Das war alles.
    Die anderen Vampire kümmerten sich nach dem Tod ihres Artgenossen nicht weiter um mich. Sie rannten fast schon fluchtartig auf das Haus zu. Ich hatte sie verfolgen wollen, wurde jedoch in meinen Bemühungen gestoppt, denn ich vernahm das Wimmern der Frau, die in der Gruft steckte. Jetzt konnte sie sich freuen, denn ich hatte sie wieder hervorgeholt.
    Sie zeigte sich auch erholter und richtete sich auf. Die Bewegung bemerkte ich neben mir und kam ebenfalls in die Höhe. Beide drehten wir unsere Köpfe in verschiedene Richtungen, so daß wir uns anschauen konnten.
    Sie hauchte ein Wort.
    Vielleicht wollte sie sich bedanken, ich verstand sie nur nicht und hob die Schultern.
    Meine Heimatsprache konnte sie nicht. Der Teufel hatte etwas von Ungarn erzählt, so daß ich damit rechnen konnte, mich in diesem Land zu befinden. Nun wußte ich, daß zahlreiche Ungarn auch Deutsch sprachen. Deshalb versuchte ich es.
    »Wie heißen Sie?« Plötzlich zuckte sie zusammen. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. Sie öffnete den Mund, und ich hörte die Antwort.
    »Ich heiße Edda Kiss. Sie können Deutsch?«
    »Ja.«
    »Gütiger Himmel. Meine Mutter war eine Deutsche…«
    »Und Ihr Vater?«
    »Er ist Ungar. Oder er war es. Sie leben beide nicht mehr.«
    »Dann befinde ich mich in Ungarn?«
    »Ja.«
    Endlich wußte ich Bescheid. Diese Antwort gab mir viel. Ich sah wieder einen Silberstreif am Horizont und atmete zunächst einmal tief durch.
    Das war natürlich fantastisch. Nicht in einer anderen Dimension verschollen, sondern in einem Land, das gar nicht mal allzu weit von meiner Heimat entfernt lag.
    Ungarn!
    Ein Land mit Geschichte, ein Land mit Lebenslust und Lebensfreude gefüllt, aber auch melancholisch wie das Schluchzen der Zigeunergeigen. Ein geheimnisvolles Land, in dem Menschen wohnten, die noch an Vampire glaubten, ähnlich wie in Rumänien, wo der Pfähler Marek lebte, dessen Frau ich hatte töten müssen, weil sie eine Vampirin gewesen war.
    »Ich bin John Sinclair«, sagte ich nach einem erleichterten Atemzug und reichte der Frau die Hand.
    »Danke!« hauchte sie, wobei sie die Augen niederschlug.
    Sie schämte sich irgendwie für die Rettung. Ich bemerkte, daß sie weinte und strich über ihr braunes Haar. Im Moment hatte ich die Schwarzblut-Vampire und alles, was damit zusammenhing, vergessen, denn der Mensch vor mir war wichtiger.
    Edda war hübsch, eine junge Frau von höchstens zwanzig Lenzen.
    Leider hatte der Aufenthalt in der Gruft seine Spuren bei ihr hinterlassen. Das braune Haar war total verfilzt.
    Edda hob den Kopf und lächelte. Zwei Grübchen entstanden in der Haut ihrer Wangen, als sie mich anschaute. »Die hätten mich getötet«, sagte sie leise.
    Ich hob die Schultern. »Möglich. Aber aus welchem Grund?«
    Sie deutete zum Himmel. »Sehen Sie den blutigen Mond?«
    »Natürlich.«
    »Das ist ihr Zeichen. In den alten Geschichten, die man sich hier an den langen Abenden erzählt, ist oft genug von ihnen die Rede. Von den gefährlichen Vampiren, die aus der Vergangenheit kommen, um in der Gegenwart zu bleiben.«
    »Aus welcher Vergangenheit?« wollte ich wissen.
    Sie spielte mit einem Grashalm, legte den Kopf zur Seite und hob die Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    »Und weshalb sind Sie gerade hier?«
    »Das kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
    Ich wußte nicht, ob sie log. Sie saß da und schaute schräg zu Boden, während sie mit der freien Hand ihre Jacke enger um die Schulter zog. Darunter trug sie ein einfaches Wollkleid, das hochgeschlossen war.
    »Was spielt das Haus für eine Rolle?«
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