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028 - Zimmer 13

028 - Zimmer 13

Titel: 028 - Zimmer 13
Autoren: Edgar Wallace
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überwölbten Torweg in den Hof hinein.
    »Steig aus!« befahl Jeff.
    Er stieß sie durch eine schmale Tür ins Gebäude. Die gekalkten Wände im Innern waren fleckig und bröckelten ab. Beim trüben Licht einer Lampe las Marney auf einer Tafel neben dem Eingang: ›Königliches Gefängnis Keytown‹. Darunter folgten eng bedruckte, unleserliche Zeilen mit Vorschriften.
    Ein Mann von herkulischer Gestalt erschien.
    »Ist die Zelle bereit?« fragte ihn Jeff.
    Sie standen in einer geräumigen Halle. Über ihren Köpfen liefen übereinander zwei Galerien ringsum, zu denen eine eiserne Treppe hinaufführte. Die Bedeutung der vielen schmalen Türen, die von den beiden Galerien aus erreicht werden konnten, war nicht schwer zu erraten. Sie stiegen zur ersten Galerie hinauf, eine Tür wurde aufgeschlossen. Es war eine kleine Zelle mit ausgetretenem Steinboden. In der Ecke stand allerdings eine neue, saubere Bettstelle. Es gab auch einen Waschtisch, und, wie Marney bald entdeckte, die Zelle stand in Verbindung mit einer zweiten, die eine Badewanne enthielt.
    »Die Zelle der zum Tode Verurteilten«, versicherte Jeffrey mit Genuß. »Eine Menge Geister werden dir heute nacht Gesellschaft leisten.«
    Er ging und schlug die Tür zu; sie wurde von außen abgeschlossen.
    Durch eine matte Glasscheibe neben der Tür fiel schwaches Licht in die Zelle. Bald gewöhnten sich ihre Augen an das Halbdunkel. Das Gefängnis mußte sehr alt sein. Die Wände waren an einigen Stellen glattgerieben, wahrscheinlich durch die Rücken Verurteilter, die ihr Schicksal erwarteten. Sie fröstelte bei der Vorstellung, was für Seelenqualen sich hier schon abgespielt haben mochten.
    Wenn sie sich aufs Bett stellte, konnte sie das gleich unter der Decke liegende Fenster erreichen. Es bestand ebenfalls aus mattem, an einigen Stellen zerbrochenem Glas, das in einem verrosteten Eisenrahmen saß.
    Der Morgen war für die Jahreszeit ungewöhnlich kalt. Sie zog die Decke vom Bett und wickelte sich darin ein. Als sie so auf dem Bettrand saß, hörte sie ein leises Klopfen. Es kam von oben. Ihr Herz klopfte bei dem Gedanken, daß sich in der darüberliegenden Zelle vielleicht ihr Vater - oder Jonny befand.
    Sie stieg aufs Bett und pochte mit dem Fingerknöchel an die Steindecke. Jemand antwortete ihr. Man suchte ihr durch Morsezeichen etwas mitzuteilen, das sie nicht verstehen konnte. Dann hörte das Klopfen auf. Jetzt vernahm sie Schritte über sich. Zufällig sah sie nach einer Weile nach der zerbrochenen Fensterscheibe und bemerkte, wie langsam etwas herabkam und verschwand. Sie streckte das Gesicht ganz nahe zum Fenster hin und sah einen schwarzen Faden herabhängen. Nach einiger Mühe gelang es ihr zuletzt, ihn mit zwei Fingern zu fassen und vorsichtig durch die zerbrochene Stelle in der Scheibe hereinzuziehen. Am Ende des Fadens hing etwas Zusammengeknülltes.
    Es war eine um einen Bleistiftstummel gewickelte Banknote.
    Erst starrte sie sie ratlos an, bis ihr einfiel, sie umzudrehen und genauer zu untersuchen. Die mit Bleistift an den Rand geschriebenen Worte waren kaum zu sehen. Sie hielt die Note, so nahe es ging, ans Licht. Mühsam las sie:
    ›Wer ist dort? Bist du es, Peter? Ich bin oben. Jonny.‹
    Sie nahm den Bleistiftstummel, schrieb schnell ihre Antwort, wickelte alles wieder zusammen und ließ es durch das Loch in der Scheibe hinausgleiten. Sie sah, wie es gleich danach hinaufgezogen wurde.
    Jonny war oben - er wußte alles. So machtlos er auch war, sie fühlte sich durch seine bloße Anwesenheit ermutigt. Eine halbe Stunde wartete sie am Fenster, aber schon schien die Sonne, und Jonny hielt es wohl für zu gefährlich, ihr weitere Mitteilungen zukommen zu lassen.
    Erschöpft, mit dem Vorsatz, wachzubleiben, legte sie sich aufs Bett. Schon nach fünf Minuten schlief sie fest. Erst das Geräusch eines Schlüssels, der sich im Schloß drehte, ließ sie aufschrecken. Es war der Mann, den sie schon bei der Ankunft gesehen hatte. Er brachte ein Tablett herein, auf dem eine große Tasse, ein Teller mit sechs Butterbroten und eine riesige Teekanne standen. Da kein Tisch vorhanden war, stellte er das Tablett aufs Bett und ging, ohne ein Wort zu sagen, wieder hinaus.
    Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Es war zehn Uhr. Nach einer halben Stunde erschien der Mann wieder, um das Tablett zu holen.
    »Wo bin ich?« fragte sie ihn.
    »Im Kasten«, erklärte er trocken. »Aber dieser ist besser als irgendeiner, in dem Sie je waren, Miss. Übrigens -machen
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