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0265 - Das Zeitauge

Titel: 0265 - Das Zeitauge
Autoren: Unbekannt
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Zeit würde der Boden hier drinnen ein knöcheltiefer Morast sein."
    „Und da wir ihn bei unserer Ankunft blank und trocken vorfanden", ergänzte der Oberst, „sieht zumindest eine Raumpflegerin täglich hier herein."
    „Ach so!" meinte Messier.
    Die beiden anderen lachten über Sheltons Witz.
    „Die Lage des Transmitters gibt mir außerdem zu denken", spann der Eskimo seinen Faden weiter.
    „Auf einer zivilisierten Welt wird man ein solches Gerät kaum mitten auf einem schwer zugänglichen Berg aufstellen. Barbaren könnten den Transmitter lediglich gefunden haben und als Heiligtum verehren. Tempeldiener aber, so fürchte ich, werden über ungebetene Besucher nicht gerade entzückt sein."
    „Okay!" knurrte der Oberst. „Fangen Sie mit der Wache an. Nach zwei Stunden wecken Sie mich, und zwei Stunden später werde ich den Oberleutnant wecken. Ich habe zwar keine Ahnung, wie lange eine Nacht auf dieser Welt dauert, aber vielleicht ist sie in sechs Stunden schon vorüber."
    Aino Uwanok erhob sich und schritt zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um und rief zurück: „Schließen Sie die Helme und lassen Sie die Klimaanlagen laufen. Wir haben fünfzehn Grad minus, und ich möchte Sie nachher nicht als Eiszapfen vorfinden."
    Er lachte schallend, bevor er im Schneegestöber verschwand.
     
    *
     
    John C. Shelton erwachte davon, daß etwas gegen seinen Helm hämmerte.
    Captain Uwanok stand vor ihm. Während er sich noch wunderte, daß er ihn trotz ausgeschalteter Brustlampe sehen konnte, entdeckte er den Korridor blauweißen Lichts, das schmerzend grell durch die Tür flutete. Der Tag ist angebrochen, die Mücken summen und die Regenpfeifer erwachen in der Tundra!"
    Trotz des fröhlichen Tons blieb des Eskimos Gesicht jedoch ernst.
    Der Oberst sprang auf und versetzte nebenbei dem zusammengerollt schlafenden Marsianer einen Tritt gegen das Schienbein. Dann klappte er den Helm zurück und hielt den Atem an bei der Hitzewelle, die über ihm zusammenschlug. Jetzt erst sah er, daß der in der Nacht hereingewehte Schnee längst geschmolzen war und von den Lachen Dampf aufstieg.
    „Laß mich schlafen, Rutenia!" knurrte Pierre mit geschlossenen Augen. „Die Armleuchter in der Akademie können warten!"
    „Alle Wetter!" staunte Oberst Shelton. „So kommt es heraus! - He, Marsmann! Das mit Rutenia muß doch mindestens acht Jahre zurückliegen. Oder hat man Sie etwa frisch von der Akademie zur CREST abkommandiert?"
    Ruckartig setzte sich der Oberleutnant auf.
    „Was? Rutenia? Der dreibeinige Marsgötze bewahre mich vor...! Wo bin ich denn eigentlich?"
    Er schlug die Helmkapuze zurück und schnappte verzweifelt nach Luft. Dann schien er in die Gegenwart zurückzufinden. Er wurde puterrot im Gesicht.
    „Was habe ich nun wieder für einen Blödsinn erzählt!" Er versuchte ein schiefes Lächeln.
    „Ganz schön warm hier, was?" bemerkte Aino zynisch. Dem Captain lief der Schweiß vom Gesicht, so daß er fortwährend blinzeln mußte.
    „Warum haben Sie mich so spät geweckt?" fragte der Oberst vorwurfsvoll.
    Captain Uwanok hob demonstrativ den Arm mit der Uhr hoch.
    „Im Gegenteil, Sir. Ich habe Sie eine halbe Stunde zu früh geweckt. Die Sonne ist bereits vor zwanzig Minuten aufgegangen, und als es plötzlich so heiß wurde, dachte ich, es wäre besser..."
    Der Kommandoleiter ließ ihn nicht aussprechen. Er schob ihn einfach beiseite und lief zur für hinaus.
    Messier und Aino blieb nichts weiter übrig, als ihm zu folgen.
    Draußen stand eine riesige rote Glutscheibe über dem Horizont. Ihre Strahlen überschütteten das Plateau mit einem derartig unerträglichen Hitzeschauer, daß die Männer nach den Helmkapuzen griffen und sie über den Kopf zogen.
    Sie traten an den Rand des Abgrundes.
    Aus zahllosen Tälern stiegen weißliche Dampfschwaden auf. Die Glut des beginnenden Tages hatte die Spuren des nächtlichen Schneesturmes fast völlig getilgt. Nur verdunstende Nässe war übriggeblieben.
    „Das ist noch nicht alles", erklärte Aino Uwanok und wandte sich um.
    Die Gefährten folgten seinem Beispiel und rissen die Augen weit auf. Hinter und über dem Transmittergebäude ragte die gewaltige Kugel des Mondes in den Himmel. Aber war sie in der Nacht eine breite Sichel gewesen, mit einem dunklen Streifen so präsentierte sie sich jetzt als schemenhaft erkennbare Welt mit einem hellen Streifen am Rande.
    „Ich fürchte", sagte Shelton mit kratziger Stimme, „wir haben heute nicht die Begriffe verwechselt. In
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