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0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt

0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt

Titel: 0264 - Nachts, wenn der Wahnsinn kommt
Autoren: Jason Dark
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Fenster wirkten wie viereckige tote Augen. Was hinter den Mauern lauerte, wußte keiner von uns. Wir mußten es herausfinden.
    Hinter mir hörte ich Suko reden. Er sprach leise und sagte: »John, ich habe die Kreuze einmal gezählt. Es sind genau 22.«
    »Und?«
    »Fällt dir nichts auf?«
    »Nein.«
    »Denk an die Worte des Mafioso. Er hat doch von über 20 Mädchen gesprochen. Zwar weiß ich nicht, die genaue Zahl, doch es könnte sein, daß sie mit der Anzahl der Kreuze übereinstimmt.«
    Ich zuckte zusammen. »Verdammt, du kannst recht haben.«
    »Das glaube ich allmählich auch.«
    Bisher hatte ich noch kein Kreuz berührt. Das wollte ich nun nachholen.
    Behutsam hob ich meine rechte Hand an, bewegte die Finger und drückte die Spitzen auf einen waagerecht laufenden Kreuzbalken.
    Nein, das war kein Holz. Dieser Stoff fühlte sich anders an. Nur wußte ich selbst nicht genau, aus welchem Material die weißen Kreuze bestanden. Möglicherweise aus Glas oder einem ähnlichen Material, das allerdings ziemlich hart war.
    Gläserne Kreuze auf einem unheimlichen Friedhof und aus einem fast gläsernen Boden wachsend.
    Wo lag die Erklärung?
    Sie mußte mit Gorgos und dem See im Stein zusammenhängen. Ich senkte den Blick, schaute mir den Glasboden näher an und hatte das Gefühl, in eine grundlose Tiefe schauen zu können.
    Bis zum Mittelpunkt der Erde…
    Allein der Gedanke daran ließ mich erzittern. Aber die Tiefe lag nicht ruhig vor mir. In ihr bewegte sich etwas. Zwar nicht direkt unter der Oberfläche, sondern tiefer und kaum zu erkennen. Ein gewaltiges Etwas, eine unheimliche Gestalt oder Wolke quoll und wölkte durch den Raum.
    Im ersten Moment fiel mir der Vergleich mit dem Spuk ein, aber der war es nicht. Zudem schimmerte er nicht grau, sondern pechschwarz. Was ich jedoch unter mir sah, war grau.
    Zudem wurde es größer. Ich machte Suko auf dieses Phänomen aufmerksam. Mein Partner nickte. Er hatte es auch gesehen.
    Größer wurde es nicht, sondern stieg nur höher, deshalb die erste Täuschung bei mir.
    Dann sah ich es besser.
    Und erschrak.
    Mir fielen die Worte des Londoner Polizisten wieder ein, der innerhalb der Kristallösung des öfteren ein Gesicht hatte schimmern sehen. Und solch ein Gesicht sah ich hier auch.
    Es stieg der Oberfläche entgegen.
    War das Gorgos? Sah ich nun diesen unheimlichen Kristallgötzen vor mir? Einen der Großen Alten? Oder war ich einem gewaltigen Bluff aufgesessen? Mich erinnerte das flächige Gesicht unter dem Glas an eine riesige, fahlgraue Knetmasse.
    Ich dachte dabei an einen anderen Dämon. An Kalifato. Auch von ihm hatte ich zuerst nur das Gesicht gesehen, bis ich seine ungeheure Grausamkeit kennenlernte.
    Gorgos war ebenfalls schrecklich.
    Wenn er die Menschen zu willenlosen, gläsernen Figuren umfunktionierte, die nur ihm gehorchten, dann war das ebenso schlimm wie das alles verschlingende Maul des Spinnenmonstrums Kalifato.
    Der graue Koloß unter mir kam zur Ruhe. Da wallte kein Nebel mehr, bewegten sich keine Schlieren. Die Magie hatte eine abwartende Haltung eingenommen.
    »Es ist Ruhe«, sagte auch Suko. »Die vor dem Sturm.«
    Suko dachte ein wenig weiter. »Du mußt ins Haus, John. Ich bleibe hier. Wir können dieses Gebiet hier nicht aus den Augen lassen.«
    Zu zweit waren wir zwar stärker, aber Suko hatte recht. Es wäre unverantwortlich gewesen, diesen unheimlichen Friedhof nicht mehr zu kontrollieren.
    Ich stimmte meinem Partner zu.
    »Dann geh, und sieh zu, daß du die Mädchen aus dem Gebäude bekommst. Ich befürchte das Schlimmste.«
    Das genau befürchtete ich auch…
    ***
    Elena Propow stand vor ihr, und Carla wußte genau, daß sie ihre Feindin war.
    Noch nie hatte das Mädchen für die Leiterin der Schule Sympathien empfunden, aber als Feindin hatte sie die Propow nicht angesehen. Bis zu dieser Minute.
    Sie stand vor ihr wie eine Eins!
    Noch immer trug sie das strenge Kostüm mit den eckigen Schulteransätzen. Sie wirkte dabei sehr breit. Allerdings besaß sie eine schmale Taille, so daß ihr Oberkörper die Form eines Dreiecks aufwies.
    Aus dem Schalkragen lugte das Gesicht. Die Augen hatte sie ein wenig verengt, so daß die Blicke einen lauernden Ausdruck bekamen. Unter der schmalen Nase war der Mund noch geschlossen. Die beiden Lippen bildeten fast einen Strich.
    Carla Bergamo hatte sich wieder gefangen. Das erste Entsetzen war abgeschwächt.
    Ihr Vater gehörte zu den mächtigsten Männern des Landes. Vielleicht war er sogar der mächtigste,
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