Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
026 - Das Totenhaus der Lady Florence

026 - Das Totenhaus der Lady Florence

Titel: 026 - Das Totenhaus der Lady Florence
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
dunklen, etwas harten Augen schienen die Nebelwand förmlich
zu durchbohren.
    Er näherte sich bis auf zwei Schritte dem Bentley. Er hätte schwören
können, dass die Tür seines Wagens zugeklappt worden war. Aber das war Unsinn.
Er hatte das Auto abgeschlossen. Wahrscheinlich war ein Ast oder ein Zweig von
einem der umstehenden Bäume geweht worden und auf die Karosserie gefallen.
    Dr. Brunk steckte den Schlüssel ins Schloss, wollte aufschließen – und
bemerkte, dass die Tür nicht abgeschlossen war! Er hatte es also doch
vergessen!
    Nachdenklich setzte er sich hinter das Steuer und ließ den Motor
anspringen. Merkwürdig. Er hatte mit einem Mal das Gefühl, dass jede seiner
Bewegungen genau beobachtet wurde. Nervös warf er einen Blick nach rechts und
sah, wie in dem eckigen Seitenanbau unmittelbar neben der Familiengruft der
Dodgenkeems in den oberen Wohnräumen das Licht verlosch. Dort lebte Pfarrer
Gerwin Andrews.
    Dr. Brunk steuerte den Bentley langsam von dem Weg herunter und bog in die
menschenleere Allee ein, die nach Bideford führte. Seine Hände hielten
verkrampft das Steuer umklammert, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er dachte
an Lady Florence, an ihr Haus und an die Worte, die er noch letzten Donnerstag
mit ihr gewechselt hatte. Und an eine ganz bestimmte Sache, die sein Gehirn
seit Tagen beschäftigte, die ihn nicht mehr losließ.
    Er zuckte zusammen, als die Polster hinter ihm knarrten. Unwillkürlich warf
er den Kopf zurück und starrte auf das dunkle Leder.
    Ohne dass es ihm bewusst wurde, trat er fester auf das Gaspedal. Wie
dunkle, bizarre Schemen huschten die Alleebäume am Straßenrand an ihm vorüber.
In der Ferne glaubte er die ersten Umrisse eines Bauernhofes zu sehen.
    Ganz andere Gedanken erfüllten ihn mit einem Mal, und ein kaum merkliches
Lächeln umspielte seine Lippen. Er dachte an die Zukunft, er sah sie in den
strahlendsten Farben. Wenn das alles wirklich stimmte, dann ...
    Er hatte plötzlich das Gefühl, als ob eiskalte Finger seine Kehle
umklammerten und wollte schreien, aber es ging nicht. Er fühlte, er war nicht
allein im Wagen, aber er sah seinen unsichtbaren Gegner nicht. Wie ein
schleichendes Gift strömte es durch seine Adern und lähmte ihn. Dr. Brunk wurde
von einem Schwindelgefühl erfasst. Er verlor die Herrschaft über seinen Wagen,
als er verkrampft und steif auf den Sitz neben dem Steuerrad fiel.
    Für einen Augenblick schien es, als ob der führerlose Bentley auf den
nächsten Alleebaum krachen würde. Doch da bewegte sich das Lenkrad, als ob
unsichtbare Finger es führen würden.
    Wenig später wurde die Fahrt des Bentley langsamer, und er rollte am
rechten Straßenrand aus.
    Die Tür öffnete sich, als ob jemand den Wagen verlassen würde. Kein
Windhauch bewegte in diesem Augenblick die Blätter, das feuchte Laub und die
dünnen Äste auf dem Boden, und doch krachte ein dünner Zweig auf der Straße
mitten durch, als ob ein unsichtbarer Fuß darauftreten würde.
    Irgendetwas entfernte sich von dem Bentley und näherte sich dem schmalen
Waldweg.
    Kurz darauf blinkte ein schwaches, gelbliches Licht auf. Es war der
Scheinwerfer einer Fahrradlampe. Eine dunkle Gestalt, die einen schwarzen
Mantel trug, den Hut tief in das Gesicht gezogen, näherte sich der Straße.
    Wabernde Nebelfinger stiegen aus dem feuchten Waldboden und teilten sich
scheinbar widerwillig vor dem einsamen Radfahrer. Der Mann erreichte die
Straße, erblickte das Auto und sah, dass die Tür weit offenstand.
    Er stieg vom Fahrrad, schob es ein paar Schritte weiter und warf einen
Blick in das Innere des Bentleys.
    Dr. Brunk lag starr und verkrampft auf dem Sitz, das bleiche Gesicht zur
Decke gewandt. Die Augen weit geöffnet, und in dem starren Blick zeichneten
sich Ungläubigkeit und Angst ab.
    Auch die Augen des Mannes, der sich jetzt über die reglose Gestalt beugte
und erkannte, dass der Doktor tot war, wurden langsam größer.
    Mit angehaltenem Atem löste sich der Schwarzgekleidete von dem Bentley und
fuhr sich mit zitternden Fingern über das Gesicht. Der Hut schob sich etwas in
die Höhe, so dass der Schatten über den Augen verrutschte und der Mann deutlich
zu erkennen war.
    Es war Hiram Short, der Totengräber.
     
    ●
     
    Hiram Short fuhr mit seinem Fahrrad, so schnell er konnte. Er benutzte
jetzt nicht mehr den Waldweg, sondern die glatte, feuchte Straße. Der Waldweg
wäre eine Abkürzung gewesen, aber daran dachte er in diesen aufregenden
Sekunden nicht.
    Er erreichte die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher