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0228 - Der Leichenpfad

0228 - Der Leichenpfad

Titel: 0228 - Der Leichenpfad
Autoren: Jason Dark
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er die drei Schritte vor und hatte den Pfarrer erreicht.
    »Jetzt!« flüsterte ich.
    Will ließ das Kreuz fallen. Die Kette spannte sich, das Silber berührte die Haut des Pfarrers, und plötzlich drang ein gewaltiger Schrei aus dem Mund.
    Die Weiße Frau!
    Sie war durch die Silberkugeln nicht vernichtet worden. Die Gründe kannte ich nicht, sie waren auch egal, für mich zählte, daß wir sie vernichteten.
    Stoßweise drangen die hellen Fetzen aus dem Mund des Geistlichen. Kleine Wolken, die, kaum daß sie den Mund verlassen hatten, zu verzerrten, rosafarbenen Schatten wurden und sich auflösten, als hätte es sie niemals zuvor gegeben.
    Während die Reste der geheimnisvollen Weißen Frau aus dem Mund drangen, wurden die Schreie leiser, gingen über in ein Heulen und Pfeifen, und als der letzte Nebelrest durch die geöffneten Lippen drang, da verstummte auch dies.
    Eine Weile blieb der Kommissar noch neben dem Toten stehen.
    Dann bückte er sich, hob das Kreuz auf und schloß dem Pfarrer die Augen. »Er hat es nicht geschafft«, murmelte er. »So sehr er es sich gewünscht hat…«
    Ich erwiderte nichts, aber ich war froh, daß Will Mallmann so reagiert hatte, denn dieser eine Schlag, ein Glückstreffer, hatte mich in Schwierigkeiten gebracht.
    Will drehte sich um, Er schaute mich mit einem besorgten Gesichtsausdruck an und sagte: »Das war im letzten Augenblick, John.«
    »Ja, Will, danke.«
    »Unsinn.« Mallmann winkte ab. Er nahm meine ausgestreckte Hand, um mich auf die Beine zu ziehen. Ich hatte Mühe und blieb erst einmal sitzen, weil mich ein Schwindel überkam, den ich nicht so einfach stoppen konnte.
    Mein Kopf tat weh, ein Teil der Rippen auch. Am liebsten wäre ich liegengeblieben. Das war nicht möglich, wir hatten noch einiges vor uns, denn die Gefahr war nach wie vor vorhanden, wenn auch jetzt ein wenig geschwächt.
    »Geht es?« fragte mich der deutsche Kommissar.
    »Muß ja.«
    Will half mir noch einmal auf die Beine. Ziemlich wacklig blieb ich stehen. Mein Grinsen fiel dünn aus, so recht konnte ich mich über den Sieg nicht freuen.
    Ein paar Schritte entfernt lag der Pfarrer bewegungslos. Die Weiße Frau war vernichtet. Wie schnell so etwas manchmal ging.
    Jahrhunderte über hatte sie mit ihrem Terror die Menschen belästigt, dann aber war Will mit dem Kreuz gekommen und hatte ihrem gespenstischen Dasein ein Ende bereitet.
    So einfach war es. Aber leider nicht immer. Wenn ich an die großen Dämonen dachte, die noch im Hintergrund lauerten, dann konnte mir übel werden.
    Ich atmete tief durch. Die Luft war irgendwie komisch. Trotz der Höhenlage hatte sich eine gewisse Schwüle über das Land gelegt, die mir zwar nicht gerade auf den Kreislauf schlug, aber dennoch zu schaffen machte. Vielleicht lag es auch an den Schlägen. Ich bewegte mich vorsichtig auf den toten Pfarrer Schmitz zu und schaute in sein Gesicht. Beinahe verklärt sah es aus. Wir hatten ihn durch seinen endgültigen Tod erlöst.
    »Eigentlich müßten wir ihn begraben«, sagte der Kommissar.
    Ich war seiner Meinung, aber meine Gedanken beschäftigten sich bereits mit etwas anderem. Kurz bevor es zum Kampf gekommen war, hatte mir der Pfarrer noch etwas sagen wollen. Es ging um Göpfert, denn er lebte noch, und er hatte wahrscheinlich auch einen gewissen Plan verfolgt.
    Der hieß: töten!
    Ja, der alte Göpfert, der Zombie, würde sich rächen. Da brauchte man kein großer Hellseher zu sein, um so etwas zu wissen. Und die beiden Vettern waren mit dem Mädchen allein im Haus. Sie würden sich kaum wehren können, wenn der Zombie auftauchte.
    Auf einmal bekam ich Magendrücken, drehte mich zu Will um, und der Kommissar bemerkte, daß mich etwas beschäftigte.
    »Was ist denn los, John?«
    »Der alte Göpfert ist frei. Und die jungen Leute sind schutzlos.«
    Für die Dauer von einer Sekunde erstarrten die Muskeln in Mallmanns Gesicht. »Himmel, John, du hast recht. Wir müssen zurück ins Dorf.«
    Vergessen waren die Nachwirkungen der Schläge. Jetzt ging es nur darum, weitere Menschenleben zu retten. Hoffentlich reichte die Zeit noch…
    ***
    Das Ehepaar Göpfert hatte die Apotheke geschlossen. Zehn Minuten früher als sonst, weil sie pünktlich bei den Freunden in Adenau sein wollten.
    Während Theo. Göpfert noch die Türen und das Gitter kontrollierte, fuhr seine Frau den weißen Mercedes aus dem Hof.
    Lautlos rollte der 280er durch die schmale Einfahrt und schob seine wuchtige Kühlerschnauze auf den Gehsteig. Die Scheiben waren
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