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0224 - Nur der Satan kennt Manhattan

0224 - Nur der Satan kennt Manhattan

Titel: 0224 - Nur der Satan kennt Manhattan
Autoren: Nur der Satan kennt Manhattan (1 of 3)
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Befugnisse, als maßten sie sich zu viel an, als würden die Rechte der Bürger nicht genügend beachtet.
    Ich ließ mich in den nächsten Sessel fallen, lehnte den Kopf weit zurück und schloss die Augen.
    »Chef«, sagte ich leise, »ich habe eine Frage an Sie…«
    »Ja,Jerry?«
    Ohne die Augen zu öffnen, sprach ich in die tiefe Stille hinein: »Was glauben Sie? Hat Neville den Mann erschossen oder nicht?«
    Das Schweigen wurde so tief, dass es wie greifbar erschien. Irgendwo im Raum tickte leise, mit kaum hörbarem Geräusch eine Uhr. Das Ticken zerhackte den stillen Fluss der Zeit in winzige, schnell vergehende, unwiederbringliche, verlorene Zeitabschnitte. Und jedes Ticken brachte uns einen Schritt näher an den Prozess, der nach dem augenblicklichen Stand der Dinge nur mit einer Katastrophe enden konnte.
    »Können Sie die Frage nicht beantworten, Chef?«, bohrte ich dickköpfig. »War es Neville, oder war er es nicht?«
    Jemand atmete tief. Da ich die Augen geschlossen hatte, konnte ich nicht sehen, ob es Mr. High oder Phil war, der so geräuschvoll Luft holte.
    »Das schlimmste an der ganzen Geschichte ist«, sagte der Chef plötzlich klar und deutlich, »dass ich es nicht weiß. Es ist furchtbar, dass ich es sagen muss, aber wenn Sie mich auf Ehre und Gewissen fragen, Jerry, muss ich Ihnen sagen: Neville könnte es getan haben. Das ist furchtbar. Aber so ist es nun einmal.«
    Ich stand auf und sah Phil an. Er senkte den Kopf und wich meinem Blick aus.
    »Mir geht es nicht anders«, murmelte er tonlos. »Ich komme mir selbst wie ein Verräter vor, wie ein verdammt dreckiger Schuft, aber es gibt diese hämische Stelle in meinem Gehirn und in meinem Herzen, die befürchtet, dass es Neville doch getan haben könnte…«
    »Und ich«, sagte ich tonlos, »ich dachte, ich wäre der Einzige, dem es so ginge… Armer Neville. Er hat völlig recht gehabt. Mich ekelt’s vor mir selber…«
    Ich stand auf, verließ das Distriktgebäude und ging durch die Straßen. Es wimmelte von Menschen. Und trotzdem war ich allein, als wäre ich der einzige Mensch unter der Sonne gewesen.
    ***
    Die folgenden Tage waren ein einziger Albtraum. Wir rannten um die Wette mit der Zeit, aber wir konnten sie nicht aufhalten.
    Neunzehn Tage nach dem verhängnisvollen Schuss konnte Mr. High dem Oberstaatsanwalt nicht mehr länger verheimlichen, dass die Ermittlungen in dieser Sache eigentlich längst abgeschlossen waren, dass wir sie nur hinausgezögert hatten in der Hoffnung, es könnte sich irgendeine überraschende Wendung zu Nevilles Gunsten ergeben. Die Akten mussten dem Gericht übergeben werden.
    Der Beginn des Prozesses wurde überraschend schnell angesetzt. Die Anklageschrift lautete knapp auf vorsätzlichen Mord. Wir waren wie vor den Kopf geschlagen. Im Stillen hatten wir gehofft, es würde wenigstens mit Mord im Affekt oder gar einem Totschlag abzutun sein.
    Neville erhielt die beiden besten Strafverteidiger, die aufzutreiben waren. Und während die Maschinerie eines Schwurgerichtsprozesses sich in Bewegung setzt, arbeiteten unzählige FBI-Beamte nach wie vor an der gleichen Geschichte.
    Bis zuerst zwei und dann mehrere Zeitungen dem -FBI unverhohlen vorwarfen, seit die Geschichte mit Neville passiert sei, vernachlässige das FBI alle anderen anstehenden Fälle. Namentlich den Banküberfall.
    Mr. Highs Gesicht war sehr sorgenvoll in diesen Tagen. Auf seinem Schreibtisch türmten sich Schreiben der FBI-Zentrale aus Washington. Er sagte nicht, was darin stand. Wir fragten ihn auch nicht danach. Man konnte es sich ja an fünf Fingern abzählen, nachdem die Zeitungen ihre Behauptungen aufgestellt hatten, von denen wir im innersten Herzen zugeben mussten, dass sie ja nicht einmal so ganz unrecht hatten.
    Und dann sagte eines Tages der Chef zu uns: »Jerry und Phil, ich erwarte, dass Sie mit allen erforderlichen Anstrengungen die Sache mit dem Banküberfall in kürzester Frist zu einem Abschluss bringen.«
    Wir sahen uns völlig verdattert an.
    »Aber, Chef…« stieß Phil hervor.
    Mr. High unterbrach ihn in einer Schärfe, die wir noch nie aus seinem Mund gehört hatten.
    »Ich möchte, dass Sie mir nicht widersprechen. Agent Decker! Sie sind FBI-Beamter, und Sie haben Ihre Pflicht zu tun! Wenn persönliche Ereignisse, die Ihnen sehr nahegehen, Sie außerstande setzen, dieser Pflicht nachzukommen, hätten Sie kein G-man werden dürfen! Das war alles!«
    Wir zogen die Köpfe ein und trollten uns wie geprügelte Hunde. Erst als wir
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