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0192 - Die Todessekte

0192 - Die Todessekte

Titel: 0192 - Die Todessekte
Autoren: Gerhart Hartsch
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harfte durch dunkle Schilffelder. Es war eine Vollmondnacht, von jehrer eine besondere Stimulanz für Gemüter, die noch nicht den Sinn verloren hatten für die Dinge jenseits der Dinge.
    No Haido fegte bergauf. Seine Müdigkeit war verflogen. Gelbbraunes schütteres Gras peitschte seine Flanken. Manchmal wählte er Abkürzungen. Alles in ihm drängte zur Spitze des Berges. Dort fühlte er sich stark und geborgen. Dort kannte er sich aus. Von dort hatte er seinen Weg gefunden in die Seelen seiner Anhänger.
    Hier und da vegetierten graue Ginsterbüsche an steilen Hängen. Die Stätte war wüst und leer, und nur ein Eingeweihter konnte die magischen Zeichen bemerken und deuten.
    No Haido schonte sich nicht. Er jagte weiter, bergauf, atemlos.
    Serpentine auf Serpentine brachte er hinter sich, ohne jemandem zu begegnen, ohne ein anderes Geräusch zu hören als seinen hechelnden Atem und das leise Kullern von Steinen, die er losgetreten hatte auf seinem Lauf. Erst ganz zum Schluß, als er es fast geschafft hatte, zerfetzte mißtönendes Krächzen die gespenstische Stille.
    Zwei riesige Raben flatterten hoch, Wächter des Berges und der Höhle. Sie wirbelten wie Kohlebrocken durch die Luft und hoben sich kurz scharf ab gegen den bleichen Mond, der vor eine Wolke trat. In einem schier endlosen Gleitflug segelten sie in die Tiefe und verschwanden, machten dem Meister Platz.
    No Haido erreichte ein schmales Plateau unter dem Gipfel.
    Er verharrte einen Augenblick und verwandelte sich.
    Dann erst setzte er seinen Weg fort.
    Langsam bewältigte er die letzte Steigung und sah den Fünfzack über dem Eingang zur Höhle. Und daneben, als sei es erst gestern gewesen, daß er den unheimlichen Ort verlassen hatte, lehnte sein Stab, halb versteckt in einem Dornbusch.
    No Haido holte ihn -und stützte sich schwer darauf.
    Er wandte sich um und blickte hinunter ins Tal.
    Hier und da funkelten die Lichter in den Behausungen der Menschen. Verräterisch glitzerten die Wasserflächen der Reisfelder, die in der Ebene angelegt worden waren.
    Wenn es für ihn so etwas wie ein Zuhause gab, hatte No Haido es geschafft. Er war angekommen an vertrauter Stätte. Sein Kraft wuchs.
    Sollten sie nur kommen, diese Ignoranten und Nichtskönner. Sato konnte es nicht schaffen und auch Zamorra nicht. Niemand war No Haido gewachsen, der sich hier auskannte wie kein zweiter. Er gebot über die Mächte, die jeden vernichten konnten. Er würde Sieger bleiben. Ein neues Ende bedeutete für ihn stets einen neuen Anfang.
    No Haido bückte sich und verschwand in dem dunklen Loch, das nicht leicht zu bemerken war. Die üppige Vegetation verdeckte und tarnte es perfekt. Aber No Haido war nicht der erste, der eintraf.
    Ergeben hockten drei seiner Getreuen auf dem Boden und begrüßten den Meister freudig. Sie fühlten sich hilflos und schwach ohne ihn.
    No Haido murmelte die mystischen Worte, verneigte sich in alle vier Himmelsrichtungen, und dann erst nahm er Platz auf einem in den Stein geschlagenen Thronsessel, über dem das Emblem des Fünfzacks saß.
    Die Jünger beeilten sich, dem Meister die Reverenz zu erweisen. Sie warfen sich auf den Boden.
    Zwei weitere Mitglieder des Inneren Zirkels beeilten sich, noch erschöpft von der Bergwanderung, es den anderen gleichzutun und sanken zum Kotau auf den felsigen Grund.
    Gegen Mitternacht war die unheimliche Runde komplett.
    Für die tote Suyumi war ein Kybernetiker zu den Meistern der Loge gestoßen, weil er die schwierigen Aufnahmebedingungen erfüllt hatte. Er trug eine Brille mit dicken Gläsern. In ihnen brach sich das unruhige Licht der Kerzen, die aus Leichenfett gemacht waren und den magischen Kreis bildeten. Sie sollten also nicht nur Licht spenden.
    Der Meister flößte seinen Anbetern Hoffnung und Zuversicht ein.
    Ihre Augen glänzten und ihre Gesichter strahlten, obwohl fast jeder von ihnen viel zurückgelassen hatte. Sie alle hatten die Schiffe hinter sich verbrannt. Sie waren auf den Berg gekommen, um mit No Haido zu siegen oder unterzugehen.
    Sie kannten die Macht des Gegners. Niemand zweifelte daran, daß der französische Professor den Weg finden würde. Vielleicht noch vor Sonnenaufgang würde er eintreffen, um den Dämonenjüngern die entscheidende Schlacht zu liefern.
    Ebensoviel Respekt genoß Sato in diesem Kreis, weil seine langen Studienjahre ihm eine Kraft verliehen hatten, die gefährlich werden konnte. Die geheime Gesellschaft stand vor der schwersten Bewährungsprobe seit der
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