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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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unglücklich. »Es sieht fast so aus, als wäre dieser Celham hinter das Geheimnis der Beschwörungsformeln gekommen. Lovecraft war klug genug, die Formeln in seinen Romanen in abgewandelter und verfälschter Form widerzugeben. Ich persönlich glaube, daß er die wirkliche Foraiel sehr wohl gekannt hat. Aber er war klug genug, sie nie anzuwenden.«
    »Und dieser Celham hat…«
    Zamorra nickte. Sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. »Er scheint die wirkliche Formel herausgefunden zu haben. Das Buch, das ich letzte Woche bekam, ist mehr als zehn Jahre alt, aber selbst zu diesem Zeitpunkt wußte er schon mehr, als für einen Menschen gut ist. Und er schreibt, daß er kurz davor steht, das wirkliche Nekronomikon in die Hand zu bekommen.«
    »Das Nekronomikon?« Nicole sah Zamorra fragend an. »Ist das nicht ein sagenumwobenes Zauberbuch…«
    »Ja, ich habe davon gelesen«, ereiferte sich Bill. »Aber ich nahm an, daß es sich nur um eine weitere Erfindung von Lovecraft handelt.«
    »Das nehmen die meisten Menschen an«, nickte Zamorra. »Aber Lovecraft wußte, daß es dieses Buch gibt. Und er wußte auch, wie gefährlich es war. Vermutlich hat er es sogar einmal selbst gesehen, vielleicht sogar in Besitz gehabt.«
    »Und jetzt hast du Angst, daß Celham das Buch hat und irgendwelche großen alten Ungeheuer heraufbeschwört?« Der Satz hatte witzig klingen sollen, aber Bills Stimme klang eine Spur zu schrill, und seine Augen waren um eine Winzigkeit geweitet, als versuche er verzweifelt, gegen seine eigenen Gedanken anzukämpfen.
    »Ich vermute überhaupt nichts«, sagte Zamorra rüde. »Ich weiß nur, daß ich heute noch nach Schottland reisen werde. Kommt ihr mit?«
    »Schottland?«
    »Ja. Ich habe mit dem Verlag telefoniert, in dem das Buch erschienen ist. Man war sehr freundlich dort, aber viel verraten haben sie mir nicht. Offenbar kennt niemand diesen Celham persönlich. Das Manuskript kam eines Tages mit der Post, zusammen mit einem Brief, aus dem der Verleger herauslesen konnte, daß der Autor offenbar in enormen Geldschwierigkeiten steckte. Sie schickten ihm einen Scheck, später dann eine Endabrechnung, und die Bestellung für einen zweiten Band. Offenbar ist das Buch gut angekommen. Aber Celham hat nie geantwortet. Ich glaube, er hat sich nur sehr ungern von seinem ersten Manuskript getrennt. Aber offenbar steckte er bis zum Hals in Schulden.«
    »Steckte?« fragte Nicole.
    Zamorra nickte. »Steckte, richtig. Er ist tot. Er starb vor über drei Jahren unter ziemlich geheimnisvollen Umständen.«
    »Was heißt geheimnisvolle Umstände?« fragte Bill. Er angelte sich ein Buch von dem Stapel, blätterte desinteressiert darin und legte es mit einem Schulterzucken zurück.
    »Sein Haus brannte ab. Seine Leiche wurde nie gefunden, aber es besteht eigentlich kein Zweifel daran, daß er ums Leben kam.«
    »Er ist tot?« Nicole legte den Kopf auf die Seite. »Und was wollen wir dann dort?« fragte sie.
    »Ich sagte schon, daß ich es selbst nicht weiß«, gestand Zamorra nach kurzem Zögern. »Es ist nur… so eine Ahnung. Ich glaube nicht, daß Celham bei einem einfachen Unfall ums Leben kam.« Er brach ab. Er hätte noch mehr sagen können, aber er wollte Nicole und Bill nicht beunruhigen, ehe er nicht genau Bescheid wußte. Es war mehr als eine flüchtige Ahnung, die ihn nach Schottland trieb. Er hatte es gespürt, während er in Celhams Buch las: Den Atem des Bösen, Fremden, der aus den Seiten zu quellen schien. Und er hatte die Antwort gehört, als er in Gedanken die uralten Beschwörungen wiederholte, den telepathischen Fühler, der nach seinem Gehirn griff. Die Neugier, ein Tasten wie bei einem neugeborenen Kind, das vorsichtig seine Umgebung erforscht. Und er hatte auch die unglaubliche Fremdartigkeit gespürt, das Böse… nein, böse war das falsche Wort. Dieser fremde Geist war nicht böse, nicht in dem Sinn, in dem Menschen dieses Wort benutzten. Er war - fremd, so anders, daß er einfach jenseits von gut und böse, von Recht und Unrecht stand.
    Er sammelte seine Bücher ein, schob den Stuhl zurück und stand auf. »Ihr könnt euch Zeit lassen mit dem Packen«, sagte er. »Die nächste Maschine geht erst um einundzwanzig Uhr.«
    ***
    Die Sonne stand wenige Zentimeter über dem Horizont, ein flammender, orangeroter Ball, der sich anschickte, die letzte Etappe seiner Tagesreise in Angriff zu nehmen. Die Hitze des Hochsommertages war der angenehmen Kühle der Dämmerung gewichen, und vom See her
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