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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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ihm egal. Sein Traum von der schönen neuen Welt, vom Paradies, war zerbrochen, und es gab keinen Grund mehr für ihn, zu leben. Ja, er würde sterben, aber vorher mußte er die Ungeheuer, die er gerufen hatte, wieder dorthin zurückschicken, wo sie herkamen.
    Langsam, Zentimeter für Zentimeter, schob er sich vorwärts, bis er mit der Schulter gegen die Wand stieß. Der Stein war so heiß, daß sein Hemd schwarz verkohlte und die Haut darunter Blasen warf. Er spürte den Schmerz wie eine Welle feuriger Lava durch seinen Körper rollen, aber er ignorierte ihn. Der Schmerz konnte ihm nichts anhaben, konnte ihn nicht einmal behindern.
    Er hob die Hand, begann mit unsicheren, zitternden Bewegungen eine Figur zu zeichnen, ein verschlungenes Symbol aus einander überschneidender und überkreuzender Linien. Seine Kehle formte sinnlose Worte, und in seinen Ohren pochte das Blut im hektischen Rhythmus seiner Herzschläge.
    Von irgendwo her rollte das dumpfe Echo einer Explosion durch das Gewölbe, als einer der Sprengsätze auf die ungeheure Hitze reagierte und hochging. Kalk und Steinbrocken regneten von der Decke.
    Celham spürte, daß er es nicht mehr rechtzeitig schaffen würde. In seinen verbrannten Fingern war nicht mehr genug Kraft, die Linien waren zittrig und ungenau, und unter der intensiven Hitze zerfiel der Kreidestrich vor seinen Augen zu trockenem Staub.
    Er stöhnte, fiel auf den Rücken und wartete auf den Tod.
    Aber er kam nicht.
    Mit einer letzten, gewaltigen Anstrengung befreite sich Shudde-mell aus seiner Fessel, schnellte mit einer ungeheuer kraftvollen Bewegung durch den Raum und zertrümmerte die massive Eichentür durch sein bloßes Körpergewicht.
    Die Hitze ließ nach. Das Gestein kühlte zischend und knackend ab, und ein kühler, beinahe wohltuender Lufthauch streichelte Celhams verbranntes Gesicht.
    Er drehte mühsam den Kopf, beobachtete die wuchtige Gestalt Shudde-mells, die bewegungslos in den zermalmten Überresten der Tür hockte und auf irgend etwas zu warten schien.
    Sein Blick wanderte nach oben. Das Leuchten in der Mitte des Hexagons war erloschen. An seiner Stelle wallte jetzt eine schwarze, grob kreisförmige Erscheinung, ein seltsames, sinnverdrehendes Etwas, das Celham beim bloßen Ansehen Schmerzen bereitete. Es schien, als blicke er in ein Loch in der Schöpfung, einen Riß im normalen Universum, durch die eine bedrohliche, überirdische Finsternis herüberwallte. Dann hatte er den Eindruck, in einen Tunnel zu sehen, einen endlosen, verdrehten und verzerrten Gang, der geradewegs bis ans Ende der Schöpfung zu reichen schien. Die Dunkelheit darin schien auf unbeschreibliche Weise zu leben. Ein Wallen, das selbst die Dunkelheit noch aufzusaugen schien, erfüllte den Gang.
    Celham stöhnte, als er endgültig begriff, was er getan hatte. Aber jetzt war es zu spät.
    Eine Gestalt erschien in dem schwarzen Wallen, eine Kreatur, die so grauenhaft war, daß sich Celhams Denken weigerte, sie als Realität anzuerkennen, dann eine zweite, dritte, vierte, jede eine Steigerung des vorangegangenen Alptraumes, jede gräßlicher als die andere. Und es kamen immer mehr.
    Celham fummelte mit gefühllosen Fingern an seiner Brusttasche herum. Das Metall des Senders fühlte sich heiß und klebrig an, und seine Fingerspitzen schienen zu explodieren. Aber er fand die Taste.
    Celhams Lippen formten ein letztes, lautloses Gebet. Dann drückte er den Knopf.
    Ein ungeheurer Donnerschlag erfüllte das Gewölbe. Flammen und Rauch hämmerten gegen die niederbrechende Decke, ließen die Wände zu explodierenden Trümmerbrocken werden und rissen den Boden auf.
    Celham sah nichts außer einem gewaltigen Blitz.
    Es dauerte lange, -ehe sich Rauch und Flammen verzogen. Der Raum war so gründlich zerstört, als wäre eine kleine Atombombe explodiert. Die Südwand war eingebrochen und der unheilvolle Zugang zu einer anderen Welt verschlossen, begraben unter Tonnen von Stein und nachrutschendem Erdreich.
    Aber inmitten der Vernichtung hockte ein zehn Meter langes, wurmähnliches Ungeheuer, umgeben von einem Dutzend grauenhafter Alptraumkreaturen. Die Explosionen hatten ihnen nichts anhaben können, hatten ihre Wut eher gesteigert.
    Shudde-mell drehte sich langsam um und kroch auf den verschütteten Eingang zu. Hundert Tonnen Fels und Erde bildeten ein nahezu unüberwindliches Hindernis, und von Zeit zu Zeit lösten sich immer noch Brocken aus der Decke und schlugen mit metallischem Knall auf die schimmernde Panzerhaut
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