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018 - Die Erben der Menschheit

018 - Die Erben der Menschheit

Titel: 018 - Die Erben der Menschheit
Autoren: Jo Zybell
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ironischem Unterton.
    »Nehmen wir den Mann doch einfach mal unter die Lupe.« Zum ersten Mal im Verlauf der Sitzung bequemte sich der Octavian für Infrastruktur und Logistik zu einem Statement.
    Der zwergenhafte Louis Blair hatte den Ruf eines notorischen Schweigers. »Außerdem fehlen uns die Meinungen der Octaviane Winter und Yoshiro.« Er räusperte sich. »Und natürlich die des Königs.«
    »Korrekt.«
    Warrington nickte grimmig. »Schauen wir uns den Mann an. Und beten Sie, dass er sich als der Richtige erweist.Dann können wir diesen Tag in unsere Geschichtschronik eintragen…«
    ***
    Das Ding war aus grauem Metall. Ein rundes Glas bedeckte seine Vorderseite. Unter dem Glas waren Zahlen und zwei Pfeile angebracht, ebenfalls aus grauem Metall. Ein kurzer und ein langer. Honnes hatte so ein Ding noch nie gesehen. Nicht einmal im Hauptquartier, in Rulfans Gemächern, »Du hast Zeit, bis der große Zeiger auf die Zwölf vorgerückt ist«, sagte das dicke Männchen neben dem Tisch, auf dem das Ding stand. Es deutete auf den längeren Pfeil des Dings und auf die obere Zahl. Honnes begriff, dass seine Peiniger die Zeit mit dem Ding maßen. Der große Pfeil stand kurz vor der oberen Zahl.
    Der kleine Fettwanst trug einen Anzug aus grauem schuppigen Leder. Die gegerbte Haut irgendwelchen Meeresviehzeugs, nahm Honnes an. Er hatte strohgelbes Haar, das ihm dicht und fett, über die Ohren und bis in den Nacken wucherte. Kleine Äuglein funkelten in seinem rötlichen fetten Gesicht, und er hatte sich mit
    »Olaaw« vorgestellt. Er sprach Honnes' Sprache mit hartem Akzent und dolmetschte die wenigen Worte, die der Coelleni zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorstieß, für die anderen Männer im Raum.
    Ein Frachtraum, vermutete Honnes. Er hockte auf dem Boden, angekettet an die Schiffswand. Dumpfes Stampfen drang aus dem Inneren des Schiffsrumpfes. Honnes hörte das Quietschen und Knarren der Schaufelräder. Ganz nah pflügten sie durchs Wasser, höchstens ein, zwei Schritte von ihm entfernt hinter der geteerten Wand.
    Blutige Striemen bedeckten seinen nackten Oberkörper, blaue Flecken sein zerknautschtes Ledergesicht. Seine von Natur aus schon wulstigen Lippen glichen kleinen aufgeplatzten Lischetten Larven. Er schielte zu den Männern mit den Peitschen, die sich auf die gegenü- berliegende Seite des Frachtraums zurückgezogen hatten. Vier Kerle, jünger und größer als er. Zwei trugen Ledermasken, die nur Löcher für Mund und Augen freiließen. Die Gesichter der anderen beiden wirkten merkwürdig eingedrückt. Sie trugen sackartige braune Hemden, darüber erdfarbene Wildlederwesten, und Wildlederhosen, die an den Außenseiten geschnürt waren. Stundenlang hatten die Kerle auf ihn eingeprügelt.
    Er beäugte den grimmig dreinblickenden Mann neben der offenen Kiste mit dem Kristall. Eine Art Führer, schloss Honnes aus seinem herrischen Benehmen und aus den schwarzen und roten Streifen, die seine gepanzerte Lederweste zierten. Auch der glatte Lederhelm, den er sich mit einer Schnalle unter dem fliehenden Kinn befestigt hatte, war mit solchen Streifen versehen. Er hatte nur vier Finger an jeder Hand, und statt einer Nase hing ihm ein gelblicher Hautlappen zwischen Augen und Oberlippe. Bei den anderen Soldaten hatte Honnes ähnliche Missbildungen bemerkt. Knor- pelstummel statt Ohrmuscheln, gespaltene Lippen und Kiefer, missgebildete Nasen. Der Führer schoss zornige Blicke auf Honnes ab. Der aber fürchtete den immer wieder in wütendes Geschrei ausbrechenden Mann nicht.
    Wenn er jemanden fürchtete, dann den schweigenden Alten, der mit vor der Brust verschränkten Armen auf der anderen Seite des Kristalls stand. Er trug ockergelbe Schnürhosen und ein Schnürhemd gleicher Farbe. Dazu schwarze Stiefel und einen Umhang aus schwarz glänzendem Leder, der auf den Brustteilen mit roten Ornamenten verziert war und auf dessen Rücken eine rote Götterfratze drohte. Jedenfalls ging Honnes davon aus, dass es eine Götterfratze war, denn er hielt diesen schweigsamen Mann für eine Art Priester. Sein Gesicht schien wie aus schmutzigem Kalkstein gemeißelt. Weder Wut noch Genugtuung spiegelte sich in seiner Miene. Wie eine Statue stand er da. Nur seine gespaltene Oberlippe zuckte mitunter und manchmal fuhr er sich mit der sechsfingrigen Rechten über die schwarze Lederkappe, die sein linkes Auge abdeckte. Das rechte Auge fixierte Honnes unablässig. Als könnte es durch seinen Schädelknochen hindurch in sein Hirn
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