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0170 - Die Ratte von Harlem

0170 - Die Ratte von Harlem

Titel: 0170 - Die Ratte von Harlem
Autoren: Die Ratte von Harlem
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im Hof zurück.
    Sechs Männer in grünen Overalls kamen in den Hof, rollten die vollen Tonnen über das holprige Pflaster hinaus und die leeren wieder hinein. Eine Batterie von Tonnen. Ein ohrenbetäubender Lärm erfüllte das enge, graue, regennasse Hinterhofgeviert.
    Ich preßte mir die Hände auf die Ohren.
    Ein Junge in Trainingshosen lief zwischen den Männern durch. Mit halb zusammengekniffenen Augen nahm ich rein zufällig wahr, daß er sich mit einem wie tausendfach geübten, federnden Sprung auf das Fenstersims von Jonny Ranks Küchenfenster schwang, über das offene Oberlicht griff und das Fenster öffnen wollte.
    Wenn man stundenlang, tagelang, nächtelang steif gefroren und todmüde auf einen bestimmten Moment wartet, ist man im entscheidenden Augenblick meist unfähig, auch nur annähernd das zu tun, was man sich hundertfach vorgenommen hat.
    »Da!« zischte ich Phil zu und riß die Pistole heraus.
    »Bist du verrückt, das ist ein Kind!« Er hielt meinen Arm fest.
    »Hey!« brüllte ich durch den Mülltonnenlärm über den Hof.
    Die Gestalt am Fenster zuckte zusammen und sprang mit einem Satz auf den Boden, huschte wie ein Tier an den Wänden entlang und wollte zur Toreinfahrt.
    Darauf hatte ich gewartet. Ich sprang aus dem Versteck. Ein zweiter Sprung über das niedrige Dach brachte mich fast vor die Toreinfahrt.
    Die kleine Gestalt drüben blieb stehen. Mitten im rasenden Lauf.
    Nur für den Bruchteil einer Sekunde sah ich im anbrechenden Tageslicht das Gesicht.
    Gelb, von vielen Falten zerschnitten. Grünlich schimmernde, tückische Augen. Strähniges Haar. Der Mund war ein einziger schmaler, an den Enden nach unten gezogener Strich.
    Ich hielt den Atem an. Ein Mensch wie ein Raubtier.
    Da warf der Mann sich auch schon mit einer halben Pirouette zurück und huschte springend und sich abduckend gedankenschnell an den Kellern entlang, daß es aussah, als flöge er dahin.
    »Jackson, bleib stehen!« brüllte ich.
    Aber der gnomenhafte, unheimlich gewandte Mensch rannte auf seinen Turnschuhen weiter.
    Wo wollte er hin?
    Phil lief über das Teerdach und stoppte ihn mit einem Ruf, ehe er die Gittertür zum Wäscheteil des Gartens übersprungen hatte.
    Mit einem Katzensprung setzte der Mann über ein paar Kisten auf das Schuppendach, lief an dessen Rand mit traumhafter Sicherheit und geradezu verblüffendem Tempo entlang und schwang sich über eine halbhohe Mauer nur drei Yards neben Phil vom Dachrand in den Hof zurück. Wie ein Schemen verschwand er im dunklen Teil des verwinkelten Hofes.
    Sofort fraß sich der Strahl meiner Taschenlampe in das Dunkel. Für einen Augenblick haftete er an der Zwergengestalt des Mannes, dann verlor er sie wieder.
    Ich stieß einen scharfen Pfiff aus.
    Von der Straße her hörte ich die Schritte unserer Leute. Holman gab sofort Alarm.
    Wie ein Irrlicht tanzte der Strahl meiner Lampe über den Hof. Da! Da war der Mann wieder. Und schon wieder weg.
    »Bleib stehen, Jackson! Ich schieße!«
    Aber er war schon verschwunden.
    Neben mir rutschte plötzlich ein leerer Mülleimer polternd zu Boden und rollte davon. Ich erhielt einen Stoß gegen die Beine.
    Dann schoß ich. »In Deckung!« brüllte Phil von oben.
    Die Leute von der Müllabfuhr hatten sich nach meinem ersten Warnruf erschrocken umgesehen.
    Unsere Männer lauerten in der Hofeinfahrt.
    »Du kommst hier nicht raus, Jackson!« rief ich. »Die Einfahrt ist voller G.-men! Der Hof ist besetzt und der ganze Block ist von der Polizei abgesperrt! Gib’s auf!«
    Täuschte mich ein Spuk? Oder hörte ich hastig tapsende Schritte auf einer Feuerleiter?
    Mehrere Fenster, waren aufgegangen.
    »Von den Fenstern weg!« brüllte Phil. »Polizei!«
    Ich rannte zu der Feuerleiter, die mir am nächsten war, und jagte hinauf. Aber die oberen Partien lagen schon im grauen Tageslicht.
    Richtig! Schnelle Schritte über mir. Ich hastete vorwärts.
    Dann hörten die Schritte auf.
    »Stopp, G.-man!« hörte ich plötzlich eine scharfe, sonderbar kehlige Stimme über mir. Die Stimme des Mörders von Ted Morrisson.
    Ich blieb stehen.
    Etwa fünfzehn Yards über mir sah ich durch das Trägerwerk und die Stufen einen dunklen Körper.
    »Komm ’runter, Jackson!« rief ich.
    »Nie!«
    »Phil, ich zähle bis drei, wenn er dann nicht unten ist, schießt ihr mit den Maschinenpistolen hinauf!« Nach diesen Worten schickte ich den Lichtstrahl der Taschenlampe durch die Stahlstreben.
    »Was ist denn los?« schrie eine Frau in den Hof.
    Mehrere Stimmen
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