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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens
Autoren: Edgar Wallace
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was wird aus ihm werden?« »Lebenslänglich«, war die Antwort, »und ich halte das für noch etwas schlimmer als die Guillotine. Sie sagen, Jean tue Ihnen leid - mir geht es so mit dem alten Briggerland. Wenn er nicht versucht hätte, nach den Wünschen seiner Tochter zu leben, wäre er vielleicht ein sehr angesehenes Mitglied der menschlichen Gesellschaft geworden.«
    Sie schlenderten durch die eigenartigen, engen Straßen von Grasse. Jack, der die alte Stadt kannte und liebte, zeigte ihr die Sehenswürdigkeiten.
    »Ich glaube, ich muß mich jetzt irgendwo häuslich niederlassen«, sagte Lydia und schnitt eine Grimasse.
    »Das glaube ich auch«, erwiderte Jack, »und dann müssen auch noch Ihre Abrechnungen fertiggemacht werden; das Honorar für Ihre Anwälte wird nicht so niedrig sein.«
    »Warum sagen Sie das?« Sie blieb stehen und blickte ihn ernst an.
    »Ich spreche als Ihr gewinnsüchtiger Anwalt.«
    »Sie versuchen, all die Dienste, die Sie mir erwiesen haben, auf eine solche Basis zu stellen? Ich danke Ihnen alles, was ich habe, und mein Vermögen ist das wenigste dabei. Ich verdanke Ihnen dreimal mein Leben.«
    »Viermal«, verbesserte er, »und einmal Marcus Stepney.«
    »Warum haben Sie das alles für mich getan? Hatten Sie soviel - Interesse für mich?« fragte sie nach kurzer Pause.
    »Sehr viel«, erwiderte er. »Vom ersten Augenblick an, als ich Sie aus Mr. Mordons Taxi steigen sah, ganz besonders aber-«
    »Nun?« fragte sie.
    »Als ich Nacht für Nacht vor Ihrer Zimmertür saß und entdeckte, daß Sie nicht einmal schnarchen«, sagte er schamlos.
    Lydia wurde über und über rot.
    »Ich hoffe, Sie werden mir gegenüber niemals wieder den alten Jaggs erwähnen. Es war -«
    »Was denn?«
    »Ich wollte sagen, es war abscheulich, aber das wäre auch nicht wahr«, gab sie freimütig zu. »Es war mir angenehm, Sie in der Nähe zu wissen. Die arme Mrs. Morgan wird untröstlich sein, wenn sie erfährt, daß wir unseren - Hausgenossen verloren haben.«
    Sie traten in die Kühle der alten Kathedrale und setzten sich auf eine der Bänke.
    »Wie beruhigend doch das Innere einer Kirche auf den Menschen wirkt«, flüsterte er. »Sehen Sie dort das wunderbare Fenster! Wenn ich jemals reich genug wäre, die Frau zu heiraten, die ich liebe, möchte ich in einer Kathedrale wie dieser hier getraut werden - kühl und hoch, voll alter Statuen und mit riesenhohen farbigen Fenstern.«
    »Wie reich müßten Sie da sein?« fragte sie.
    »So reich, wie sie ist.«
    Sie beugte sich zu ihm, ihre Lippen lagen an seinem Ohr.
    »Sagen Sie mir, wieviel Geld Sie haben«, flüsterte sie. »Und ich will verschenken, was ich mehr habe als Sie.«
    Er ergriff ihre Hand, und so saßen sie still vor dem Altar von Ste. Catherine, bis die Sonne unterging und eine mißbilligende alte Frau, die das Amt des Kirchenschließers hatte, ihnen vorwurfsvoll auf die Schultern klopfte.

Kapitel 41
    »Dort liegt Gibraltar«, Marcus Stepney wies auf eine graue Silhouette, die am Horizont auftauchte. Er war unrasiert und litt unter der Kälte. Der Kragen seines Mantels war hochgeschlagen, und doch zitterte er an allen Gliedern.
    Jean schien den plötzlichen Wechsel der Temperatur nicht zu empfinden. Sie saß auf dem Dach der Kabine, das Kinn in die Hand gestützt.
    »Sie fahren nicht nach Gibraltar hinein?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Besser nicht, auch nicht nach Algeciras. Haben Sie den Kerl in Malaga gesehen, der uns vom Hafenkai aus nachbrüllte? Das war ein schlechtes Zeichen. Alle Hafenbehörden werden aufgefordert sein, das Boot festzuhalten.«
    »Wie lange können wir noch fahren?«
    »Wir haben Betriebsstoff und Vorräte genug, um bis nach Dacca zu kommen. Ungefähr noch acht Tage.«
    »An der afrikanischen Küste?«
    Er nickte, obgleich sie ihn nicht sehen konnte, da sie ihm den Rücken zuwandte.
    »Wo können wir ein Schiff finden, das uns nach Südamerika bringt?« Sie dreht sich ihm zu.
    »In Lissabon«, antwortete er überlegend. »Ja, wir könnten Lissabon erreichen, aber der Dampferverkehr ist dort zu groß, und es ist sicher, daß wir bemerkt werden. Dann könnten wir auch nach Las Palmas fahren. Die meisten Südamerika-Schiffe legen dort an, aber an Ihrer Stelle würde ich in Europa bleiben. Nehmen Sie doch mal das Steuer, Jean.«
    Sie gehorchte ohne weitere Frage, und er setzte eine Arbeit fort, die durch eine kurze Mahlzeit unterbrochen war: das Übermalen des Schiffskörpers. Eine schwierige Arbeit, die sogar akrobatische Künste
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