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0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln

0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln

Titel: 0158 - Wenn die Wolkenkratzer wackeln
Autoren: Wenn die Wolkenkratzer wackeln
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einschläfernde, eintönige Stimme des Vortragenden. Als ich die Tür mit viel Lärm öffnete, unterbrach er stirnrunzelnd. Phil fuhr auf, ich winkte ihm, und dann wanderte zum zweitenmal an diesem Abend ein Zuhörer über die knarrenden Dielen davon. Die Zuhörer schimpften laut, aber nicht mehr so ganz überzeugt, und ich glaube, am liebsten hätten sich einige angeschlossen.
    Sacht drückte ich die Tür ins Schloß.
    »Wir müssen zum Hafen. Der Krawall findet heute nacht im Zelt der Hafenmission statt, habe ich eben erfahren.«
    »Ach?« sagte Phil ungläubig. »Wirklich?«
    Ich nickte und zog ihn hinaus zu unseren Wagen.
    »Ja, Ich erzähle es dir später. Mein Gewährsmann hatte sich geirrt oder selbst falsche Informationen erhalten. Mit ihm ein großer Teil der Verdächtigen, denn sie sitzen jetzt noch drinnen im Saal. Merkwürdige Sache.«
    »Sind das etwa die da drüben?« fragte Phil und wies auf eine Gruppe junger Leute, die eben aus dem Portal traten. Ich kniff die Augen zusammen und erkannte die Phi-Beta-Mitglieder.
    »Tatsächlich. Das sind sie. Anscheinend haben sie endlich Verdacht geschöpft, als wir beide den Saal verließen.«
    »Was willst du mit ihnen tun?« fragte Phil, während er schon in seinen Wagen stieg und die Aktentasche mit dem Funkgerät öffnete.
    »Nichts. Ich habe keine Beweise gegen sie. Fahren wir?« Als ich meinen Wagen in Gang gebracht hatte, glitt Phils Fahrzeug schon aus der Parklücke heraus und vor mir die Straße hinunter. Ich folgte ihm in geringer Entfernung.
    ***
    Die Polizeiwagen standen in einer Reihe, wie eben parkende Wagen am Rand einer Straße.
    Mein Wagen kam dicht hinter Phils Mercury zum Stehen. Vor uns zuckten die tausend Lichter eines Rummelplatzes mit Schaukeln, Achterbahnen und Raketenkarussells; die Musik der gängigen Schallplatten dröhnte aus den Lautsprechern. Vor einer Spielhalle stand ein Ausrufer im Texaskostüm. Hinter uns bummelte scheinbar zufällig ein Polizist in Uniform, bereit, auf das geringste Zeichen die ganze Bereitschaft zu alarmieren.
    »Da vorn ist das Zelt, denke ich.« Phil deutete auf einen ziemlich großen Zeltkuppelbau am Rande des Platzes. Musik einer Blaskapelle tönte heraus und die lauten Stimmen der Redner, anscheinend durch Lautsprecher übertragen.
    »Scheint ja schon hoch herzugehen. Komm, wir schauen mal ’rein.«
    Ich begann langsam unter meiner Nylonmaske zu schwitzen, aber ich mußte sie mindestens noch so lange aufbehalten, bis irgend etwas geschah. Vorher sollte mich keiner im Zelt erkennen.
    Der Eingang war nicht mehr bewacht; überdies wurde hier ja auch kein Eintrittsgeld gefordert. Wir standen plötzlich auf dem erhöhten Rang des Zuschauerraumes. Das ganze ähnelte einem Zirkus, von dem man das Zelt wohl auch übernommen hatte. Ringsum waren die Stuhlreihen gut besetzt. In der Mitte, in einer Art Manege, standen die Mikrophone neben der buntuniformierten Kapelle und dem Rednerpodium. Wir horchten einen Augenblick auf die schmetternden Worte, die der Mann vor dem Mikrophon leidenschaftlich bewegt hervorstieß und mit heftigen Bewegungen begleitete. Phil stieß mich an:
    »Der hat seine Leute aber schon ganz schön hochgebracht, was?« In der Tat folgte auf jeden seiner Sätze entweder der geballte Beifall der Masse, Händeklatschen, grelle Pfiffe und Geschrei, oder die Menschen murrten lebhaft, wenn es gegen etwas ging, was ihnen auch nicht gefiel.
    Nach den ersten paar Sätzen kam mir die Sache jedoch schon seltsam vor. War das hier noch eine Missionsversammlung?
    »Du, Phil«, sagte ich, »hör mal! Wenn das ein Prediger ist, bin ich ein Schokoladeneisverkäufer!«
    »Kommt mir ja auch spanisch vor«, sagte Phil. »Er legt sich mächtig ins Zeug, aber ich kann mir nicht denken, daß es irgendeine Kirche gibt, die damit einverstanden ist.«
    »Am besten holen wir die Cops in die Nähe. Wenn der Spektakel erst losgeht, ist es zu spät.«
    Phil nickte und verschwand nach hinten. Ich stieg zwischen den dicht besetzten Reihen einen Gang hinab, um etwas näher an den merkwürdigen Redner heranzukommen. Die Leute hatten keine Augen für mich, sie starrten wie gebannt auf den Redner, der, von starken Scheinwerfern angestrahlt, da unten gestikulierte.
    Ich hatte nie erlebt, daß jemand allein durch seine Worte eine Menge Menschen derart von aller Vernunft abbringen konnte. Der Redner hätte ihnen in diesem Augenblick erklären können, daß die Sonne sich um die Erde drehe — sie hätten es bejubelt und geglaubt.
    Aber
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